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Meisterin der Runen

Meisterin der Runen

Titel: Meisterin der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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der Hilde getötet hatte, sondern dem Grundherrn, dem Samo diente?
    Sie drehte sich langsam um.
    »Arfast!«
    Er sprang vom Rücken seines Tieres, musterte sie, schien entsetzt, als er ihre schmutzige, zerrissene Kleidung wahrnahm, verschwitzt vom schnellen Lauf. Ehe er sie fragen konnte, was sie hier trieb, fuhr sie ihn an. »Was machst du hier? Wann bist du in den Wald zurückgekehrt?«
    Trotz der schroffen Worte war sie erleichtert, ihn zu sehen, kurz sogar so sehr, dass sie ihm beinahe anvertraut hätte, was passiert war. Arfast war stark und bewaffnet, folglich gewiss in der Lage, den fremden Krieger zu überwältigen und zu töten. Allerdings würde dann der Plan nicht aufgehen, den sie in jenen wenigen Augenblicken ausgeheckt hatte, als sie den Fremden erblickt und erkannt hatte, was ihn antrieb.
    »Ich bin immer wieder hierher zurückgekehrt, um mich zu vergewissern, ob es dir gut geht«, gestand er zögernd ein.
    Also hatte er sie heimlich beobachtet, obwohl sie doch nicht gewollt hatte, dass er sie in dieser Lage sah – ärmlich, verschmutzt, zukunftslos. Sie war gerührt und erbost zugleich.
    »Ach, Arfast …«
    »Aber was machst du hier so fern der Hütte, und warum bist du so in Eile? Du siehst aus, als wäre dir der Tod auf den Fersen!«
    Alruna musste an Hildes grausam zugerichteten Leichnam denken und erschauderte. Die Erinnerung an diesen grässlichen Anblick setzte ihr zu, aber sie hatte sich zuvor in der Hütte nicht vom Grauen bezwingen lassen und tat es auch jetzt nicht.
    »Ich muss nach Rouen zu Gunnora«, stieß sie atemlos aus.
    Sie überlegte fieberhaft, welche Lüge sie hinzufügen sollte, um dieses Anliegen zu begründen, doch Arfast schüttelte den Kopf.
    »Aber Gunnora ist nicht in Rouen. Erst kürzlich ist sie mit Richard in den Norden aufgebrochen.«
    Alruna sank das Herz. Wie weit war sie schon fort? Länger als drei Tagesreisen?
    »Aber warum denn?«
    Arfast erklärte es ihr rasch, und ihre Hoffnungslosigkeit wuchs. Richard würde seine Frau in dieser Lage nie gehen lassen, schon gar nicht mit ihr.
    »Sagst du mir nun endlich, was passiert ist?«, fragte Arfast. »Warum läufst du durch den Wald?«
    Alruna atmete tief durch. »Du musst mir vertrauen. Und du musst mir einen Gefallen tun …«

    Gunnora konnte nicht schlafen. Dass sie auf hartem Boden lag und nur mit ein paar Fellen bedeckt war, machte ihr nichts aus, desgleichen nicht, dass durch das Zelt der kalte Wind pfiff. Auch die Sorgen, die Richard im Nachbarzelt wach hielten, teilte sie nicht. Gewiss, der Aufstand der Heiden im Cotentin war beunruhigend, und alle Kräfte mussten darauf ausgerichtet werden, ihn so bald wie möglich und ohne unnötiges Blutvergießen niederzuschlagen. Doch sie war zuversichtlich, dass Richard – zumal mit ihr an seiner Seite – die Herzen der Menschen ebenso gewinnen konnte wie damals die der Heiden von Jeufosse. Dennoch war so viel Unrast in ihr … so viel Unbehagen.
    Daran, dass sie den kleinen Richard in Rouen zurückgelassen hatte, konnte es nicht liegen, denn er war dort gut versorgt. Und dass sie sich zum ersten Mal seit Langem von Duvelina und Wevia hatte verabschieden müssen, schmerzte, rüttelte aber nicht an der Gewissheit, dass sie in Mathildas Obhut glücklich und in Sicherheit waren.
    Nein, ihre Unruhe rührte von etwas anderem. Ihre Gedanken eilten wieder und wieder zu Seinfreda. Seit Monaten hatte sie sie nicht gesehen, und doch war das enge Band zwischen ihnen nicht gerissen. Manchmal hätte sie schwören können, was die andere gerade fühlte und dachte, obwohl sie ihr so fern war. Es tat ihr leid, dass sie immer noch kinderlos war, aber obwohl Gunnora ahnte, dass diese Wunde niemals zu bluten aufhören würde, war sie sich doch sicher, dass sich Seinfreda ebenso entschlossen und klaglos diesem Geschick fügte, wie sie an der Entscheidung festhielt, Samos Frau zu sein. Zumindest hatte sie Gunnoras Ansinnen, nach Rouen zu kommen und an ihrem Hof zu leben, mehrfach abgelehnt. Ihr Platz, so ließ sie die Schwester wissen, sei an Samos Seite im Wald. Gunnora wusste nicht, ob Seinfreda dumm oder stur war. Widersinnig schien es ihr, dass sie für einen Mann, den sie schließlich nur zum Wohl ihrer Schwestern geheiratet hatte, auf die Gesellschaft derselben verzichten wollte, doch sie wollte nicht an ihrer Entscheidung rütteln und wusste auch, dass sie es ohnehin nicht könnte. Trotz ihrer zarten Erscheinung und dem ständigen sanften Lächeln war Seinfreda stark.
    Als Gunnora

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