Meleons magische Schokoladen
innerlich.“
„Das sind also die Mittel der angeblich Guten?“, fragte Isabell.
„Es sind Noshars Mittel.“ Er stand auf. „Du musst mich aber nicht so besorgt anstarren. Ich bin kein hilfloses Opfer, sondern selbst ein Magier. Mein Leben ist nicht in Gefahr. Nur müde bin ich. Schrecklich müde! Kannst du uns Kaffee machen?“
Am Küchentisch wäre er dann beinahe eingeschlafen.
Erst der Kaffee brachte wieder ein wenig Glanz in seine Augen.
„Hat Phineas nicht Angst, herzukommen?“, fragte Isabell. „Oder wird er seine Unterhandlungsvorschläge von draußen herein brüllen?“
„Ein Unterhändler ist sicher, wenn er mein Haus aufsucht und das weiß Phineas. Was mir an der Sache besonders missfällt, ist die Tatsache, dass die Fisary offenbar in Erfahrung gebracht haben, wer hier ist.“
„Der König?“
Meleon nickte.
„Der König“, sagte er müde.
„Du kannst Phineas unmöglich in diesem Zustand gegenübertreten. Kann niemand anderer mit ihm reden?“
„Ich muss dabei sein“, sagte Meleon. „Bitte sei so lieb, und mach mir eine heiße Schokolade mit Zimt, Kardamom, Pfeffer, wenig Zucker und einem Schuss Armagnac. Das wird mich wieder auf die Beine bringen.“
Isabell brauchte für derlei Kleinigkeiten keine Anleitung mehr und servierte die Schokolade binnen weniger Minuten heiß und schäumend, gekrönt von einer Haube aus gesüßtem Eischnee. Meleon trank, wärmte die Hände an der hohen Tasse und richtete sich schließlich auf.
„Dann wollen wir also“, sagte er.
Phineas kam durch die Hintertür, wie jemand, der nichts und niemanden zu fürchten hat. In der Brusttasche seines tadellosen Anzugs steckte ein weißes Taschentuch.
Meleon bewegte die flache Hand vor ihm auf und ab, wie um etwas festzustellen. Dann sagte er: „Du kannst mit hinaufkommen.“
Im Schlafzimmer war der royale Prunk verschwunden. Der König saß ohne seine Kabinettsmitglieder an einem Tisch, der mit seinen Brandstellen geradezu armselig wirkte.
Phineas blieb drei Schritte vor der Tischkante stehen. Einen Augenblick lang schien er versucht, sich zu verneigen, straffte sich sichtlich, nahm die Schultern zurück und sagte: „Nevlean amôdecor no minya!“
Isabell war so sehr daran gewöhnt, dass sich die Exilanten in Deutsch unterhielten, dass sie nicht damit gerechnet hatte, aus dem Gespräch ausgeschlossen zu sein. Sie sah nur, wie der König sich erhob. Die Antwort fiel ebenso heftig wie unverständlich aus. Meleon hatte die Arme verschränkt und stand wie eine Statue. Phineas sah sich zu ihm um.
„Nyserilas minyor?“
Meleon zuckte die Achseln. Der König, wenig gelassener als sein Magier, kam um den Tisch herum und stierte wütend zu Phineas hinauf.
„Nochgôra, fâ!“
„Fisary liha!“
Meleon streckte einen Arm aus. Der Schlag des Königs ging ins Leere, als habe sich ein unsichtbares Kissen zwischen ihn und Phineas geschoben.
Phineas schien willens, den Schlag zu erwidern, doch er wusste die Barriere ebenso wenig zu durchdringen. Er richtete sich noch mehr auf, was ihm erlaubte, von oben auf den klein gewachsenen König herab zu sehen.
„Fisary kohorá!“, rief er, drehte sich um und stürmte die Treppe hinunter.
Meleon löste sich aus seiner starren Haltung.
„So kurz können Verhandlungen ausfallen“, sagte er spöttisch.
Der König überschüttete ihn daraufhin mit einem Schwall von Klagen und Vorwürfen, aber Meleon ließ ihn schnöde stehen, um sich zu überzeugen, dass Phineas das Haus verlassen hatte.
Der König sank auf den Stuhl zurück.
„Dreist sind sie“, sagte er zu Isabell. „Wie Ratten, die genau wissen, dass man ihrer nicht mehr Herr wird.“
„Was wollte er?“
„Meine Abdankung“, sagte der König. Er war weiß im Gesicht, weshalb ihm Isabell eine Schokolade zubereitete. Er trank sie wie Medizin. „Wir werden sie vernichten!“, sagte er, mehr zu sich selbst. „Wir werden sie kriegen und dann jeden einzelnen pfählen, vierteilen und rädern. In dieser Reihenfolge. Und Phineas werde ich in seinem eigenen Blut ersäufen lassen!“
Meleon kam die Treppen herauf wie ein Katze, lautlos, geschmeidig und wie bereit zum Sprung. Von seiner Müdigkeit war im Augenblick nichts zu bemerken.
„Hättet Ihr Phineas reden lassen, dann hätte er sich vielleicht ein wenig verplaudert. So war die Unterredung für beide Seiten nichts als Zeitverschwendung.“
„Ich rede nicht mit einem Aufrührer!“, zischte der König. „Und ich will, dass er seine
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