Meleons magische Schokoladen
umbringen konnte. Aber ich habe weitere gesehen.“
Meleon hob ihn auf und trug ihn in die Küche.
Er tupfte das Blut ab, schnitt den Ärmel auf und musterte besorgt die Wunde.
„Jetzt bräuchten wir deinen Vater“, sagte er zu Isabell. „Nur können wir ihn nun eigentlich nicht mehr her holen. Er ist in eurem Haus sicherer.“
Isabell zitterte beim Anblick des bloßgelegten Knochens, holte dann aber ein paar Küchentücher und schob sie Niklas unter den Kopf. Mit immer noch bebenden Händen half sie Meleon, die Wunde mit Alkohol zu benetzen und zu verbinden.
Niklas wirkte inzwischen benommen.
„Das ist ernst“, flüsterte Meleon. „Wagst du es, deinen Vater holen zu gehen? Ich gebe dir Begleitung mit.“
Sie zitterte immer noch, spürte aber eine Entschlossenheit, die ihr selbst Angst machte.
„Natürlich wage ich es.“
„Gut, dann nimm Rochas mit!“
„Vertraust du ihm?“
Meleon nickte.
„Was das angeht, ja. Im Übrigen besitzt er ein magisches Schwert, das euch unterwegs sehr nützlich sein wird. Deswegen war es ihm auch nicht bang, den Prinzen herauszufordern.“
„Was bedeutet: was das angeht ?“, fragte Isabell und rieb ihre eiskalten Fingerspitzen.
„Oh, das ist nichts, das uns gerade jetzt Sorgen machen müsste“, erwiderte Meleon. „Rochas ist Eshary-Ritter und gehorcht einem Ehrenkodex, der zu umfangreich ist, um ihn dir in aller Kürze zu erklären. Im Augenblick musst du nur wissen, dass er die sicherste Begleitung darstellt, die ich dir anbieten kann.“
Noch brannten in den Straßen die Laternen.
Rochas bewegte sich scheinbar unbesorgt, doch trug er das Schwert offen in der Hand. Isabell hatte sich mit einer zweizinkigen Bratengabel bewaffnet. So boten sie einen verwegenen Anblick, als sie die Auslagen der Geschäfte passierten, in denen nichts Bedrohlicheres als Hüte und bestickte Tischwäsche ausgestellt waren.
Trotz der möglichen Gefahren war der junge Minister zum Plaudern aufgelegt. Er unterhielt Isabell mit ausführlichen Schilderungen der Landschaft rund um das Königsschloss von Halaîn, bis sie ihn unterbrach.
„Wissen Sie von Zameras Tod?“, fragte sie.
Rochas warf ihr einen schnellen Seitenblick zu.
„Meleon hat es mir gesagt, damit ich vorsichtig bin. Wir wussten schon länger, dass einige in den eigenen Reihen käuflich sind. Aber nicht in der direkten Umgebung des Königs und schon gar nicht in Meleons unmittelbarer Nähe.“ Das Schwert blinkte im Licht der Laternen. „Man darf sich letztlich nicht wundern. Selbst innerhalb des Adels schwindet die Unterstützung für die königliche Familie. Und mancher hofft wohl, sich mit einer hohen Bestechungssumme eine neue Existenz in dieser Welt aufbauen zu können.“
„Weshalb unterstützen Sie den König? Sie scheinen doch jedenfalls Prinz Florindel nicht gerade zu schätzen.“
„Unterstütze ich ihn?“, fragte Rochas und musterte aufmerksam die Häuserfronten zu beiden Seiten der Straße. „Ich unterstütze Meleon, der ja nun einmal gezwungen ist, der verlorenen Sache gegenüber loyal zu sein. Und natürlich bin ich Monarchist. Wenn es gegen die Fisary geht, bin ich dabei.“ Er schob Isabell sacht zur Seite. „So“, sagte er. „Da haben wir nun solch ein Vieh!“
Und tatsächlich kam ein schwarzer Panther ganz offen aus der Gasse, aus der auch der letzte nächtliche Angriff erfolgt war.
Rochas nahm Isabell an der Hand und ging mit ihr in die Mitte der Straße hinaus.
„Kommt“, sagte er lockend. „Kommt zu Rochas! Für meinen neuen Mantel brauche ich noch drei oder vier Felle genau von dieser Art.“
Der Panther näherte sich langsam, kam aber nicht auf Reichweite der Klinge heran. Isabell umklammerte die Bratengabel und sah sich nach weiteren Sekoy um. Nirgends war eine Bewegung auszumachen.
„Was willst du?“, fragte Rochas den Panther, ganz als spräche er zu einem Menschen.
Das Tier glitt an ihm vorbei und stellte sich an der Schaufensterscheibe des Hutladens auf. Es gab ein hässliches, quietschendes Geräusch, als die Krallen über das Glas fuhren. Mit steif gehaltener Tatze zog der Panther fremdartige Buchstaben. Es hörte sich an, als würde man eine Schiefertafel mit einem scharfen Messer traktieren.
Rochas blieb ruhig neben Isabel stehen, bis das Tier sich wieder auf alle Viere sinken ließ und mit wenigen lang gestreckten Sprüngen in der Gasse verschwand, aus der es aufgetaucht war.
„Lesen wir also die Botschaft!“
Er ging bis dicht an die Auslage, denn die
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