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Melina und die vergessene Magie

Melina und die vergessene Magie

Titel: Melina und die vergessene Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mittag
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brauchte Melina eine Weile, um zu begreifen, wo sie war und warum ihr Bett so hart war. Aber ihr neuer Weggefährte ließ ihr nicht viel Zeit zum Wachwerden und Nachdenken. Nach einem kurzen Frühstück ging es bereits weiter. Tann warf sich den Rucksack auf den Rücken und marschierte los, ohne Karte und ohne Kompass, aber offenbar mit einem guten Orientierungssinn. Melina musste sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten.
    »Wie weit ist es denn noch zum Eispalast?«
    »Keine Ahnung. Ein paar Tage«, sagte Tann.
    Melina wäre am liebsten gleich wieder stehen geblieben. So wie ihr Herz gerade stehen blieb.
»Tage?«
Die längste Wanderung mit ihren Eltern hatte drei Stunden gedauert. Auf einmal wurde ihr klar, was diese Reise für Tann bedeutete.
    »Bin ich für dich nicht ein Klotz am Bein?«
    Tann sah sie verwundert an, dann holte er tief Luft. »Okay, vielleicht würde ich lieber in Salius’ Hütte am Feuer sitzen. Aber
ich
habe die Geschichte mit den Toren vermurkst, also werde
ich
einen Zauberer finden, der dir helfen kann. Meinen Fehler mache ich wieder gut. Bei der Ehre eines Bogan!«

Die Herrin des Feuers

    Lianna kannte und bewunderte Morzena, seit sie sie vor einem Jahr zum ersten Mal gesehen hatte. Klein und hässlich war ihr das Elternhaus vorgekommen, als die elegant gekleidete Zauberin durch die Tür getreten war. Ihr langes dunkles Haar und ihr schwarzer Umhang hatten sie umschmeichelt wie das Gefieder eines Raben. Morzena umgab – trotz ihrer Jugend – auf den ersten Blick eine Aura von Macht. Ein schillernder Gegensatz zu der Zukunft, die Lianna in ihrem Dorf haben würde.
    Ihre Mutter hatte am Herd gestanden, das Gesicht rot von der Hitze, und sich eilig die Hände an der Schürze abgewischt. Ihr Vater war aus der Schmiede nebenan gekommen und hatte sich beschützend neben seine Frau gestellt. Obwohl er ein riesenhafter Mann war, der mit dem Kopf beinahe gegen die Decke stieß, hatte er auf einmal sehr unsicher gewirkt. Und plötzlich waren Lianna ihre Eltern so einfach und bäuerlich vorgekommen, dass sie sich beinahe für sie geschämt hatte.
    »Das hübsche Kind hier – ist das eure Tochter?«, hatte die Zauberin mit einer Stimme gefragt, die so sanft und gleichzeitig befehlsgewohnt war, dass Lianna sie gleich noch einmal hören wollte. Sie hatte gesagt, dass sie hübsch war! Das hatte noch niemand zu ihr gesagt. Nein, sie kannte ihr unscheinbares Spiegelbild aus dem Dorfteich, und sie war nur ein blasses, in braunes Leinen gekleidetes Mädchen mit langen, rotblonden Haaren. Oder konnte sie vielleicht doch mehr sein?
    Anfangs waren ihre Eltern misstrauisch gewesen, aber dann waren auch sie immer mehr dem Zauber der schönen Stimme verfallen. Sie hatten der Fremden erlaubt, Lianna als Lehrling mitzunehmen. Morzena hatte ihnen erklärt, dass sie sie während der Lehrzeit nicht besuchen durften. Das sei bei Zauberern so üblich. Und ihre Eltern hatten verständig genickt.
    Mit dem Instinkt eines Kindes hatte Lianna sofort Morzenas Kraft und Magie gespürt. Das hatte sie nicht abgeschreckt, sondern fasziniert. Ohne darüber nachzudenken, war sie der schönen Zauberin gefolgt, hinaus aus ihrem Elternhaus, aus ihrem Dorf, aus ihrer alten Welt.
    Zaubern lernte Lianna anfangs noch nicht, aber sie hatte viele Botengänge für Morzena zu erledigen und dadurch fühlte sie sich wichtig. Selbst wenn sie nur – wie jetzt gerade – ein Tablett mit einer dampfenden Kanne und Tassen aus der Küche herauftrug.
    Wie immer hielt sie ihren Blick starr auf die Stufen gerichtet. Als Lehrling musste sie die äußere Treppe benutzen, auf der sie Tag für Tag erfolglos versuchte, nicht nach unten zu sehen. Seit sie im Turm des Feuers lebte, fand sie ihre Umgebung unglaublich aufregend, aber diese Treppe war das Außergewöhnlichste. Sie führte in einer weiten Spirale an der Außenseite des Turms empor. An der Wandseite gab es einen Handlauf, auf der anderen Seite hinderte sie jedoch kein Geländer daran, in den Abgrund zu stürzen. Jeder Stolperschritt wäre der sichere Tod. Der ganze Turm schwebte, von Magie gehalten, über dem Krater eines Vulkans. Tief unter Lianna brodelte kochende Lava. Flammen leckten am Stein empor und ließen ihn immer schwärzer werden, als hätte der Turm einen Ausschlag, der ihn langsam zu einem Wesen der Dunkelheit machte.
    Aber der Ausblick von dort oben war so atemberaubend, dass es den Aufstieg wert war: In der Ferne, wenn Lianna über den Kraterrand hinaus und über die Hügel

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