Melina und die vergessene Magie
zu bleiben. Jeder der drei suchte sich ein Fenster. Beißende Hitze schlug Melina entgegen, als sie versuchte hindurchzusehen. Die Hütte war auch von innen rund, die Wände von Ruß geschwärzt. In der Mitte des Raumes brannte ein unruhiges Feuer, und die Holzscheite waren zu einem mysteriösen Muster zusammengelegt.
Davor stand ein Mann, der von oben bis unten schwarz gekleidet war. Sein langes dunkles Haar war von weißen Strähnen durchzogen, und in den behandschuhten Händen hielt er einen Beutel, aus dem er einen kleinen Feuerball nahm, um ihn in das große Feuer zu werfen. Wie hypnotisiert starrte er in die Flammen und intonierte einen monotonen Sprechgesang. Immer wieder hörte sie die gleichen fremden Worte, bis plötzlich das Feuer ein Eigenleben entwickelte. Eine orange glühende Säule stieg aus der Mitte empor und verwandelte sich in eine Gestalt, die in dem Feuer zu schweben schien. Eine Frau, ebenfalls ganz in Schwarz gekleidet. Ihr schmaler Körper wurde von einem bodenlangen Umhang umweht, der im Einklang mit ihrem rabenschwarzen Haar über den Flammen tanzte wie in einer stürmischen Nacht. Melina konnte sich nicht vorstellen, dass jemand in dieser Hitze überlebte, und so vermutete sie, dass es sich nur um ein Bild handelte, so wie bei einem Fernseher.
Der Mann fiel auf das rechte Knie und senkte ehrerbietig den Kopf. »Morzena, Herrin des Feuers! Ich grüße dich.«
»Was willst du, Aryk? Hast du deine Menge Feuermagie schon erstellt? Soweit ich weiß, liegst du weit zurück.«
»Deshalb rufe ich dich, Herrin«, erwiderte der Zauberer ehrerbietig. »Wir können es mit dieser Feuerhütte niemals schaffen. Nicht in der Zeit! Die umstehenden Bäume sind zwar magisch, aber das Holz … Ich verstehe es nicht, vermutlich hat es eine schlechte Qualität. Es brennt nicht heiß genug …«
»Will ich das wissen? Bin ich Holzfäller?«, herrschte ihn die Frau im Feuer an. »Du hast Chulus und eine Burg bekommen.
Was willst du mehr?
«
Die letzten Worte klangen so drohend, dass Melina der Zauberer beinahe leidgetan hätte – wenn sie nicht gewusst hätte, dass er Sklaven in diese Hütte schickte, um sie Tag für Tag in unmenschlicher Hitze schuften zu lassen. Die Frau in Schwarz sah Aryk durchdringend an.
»Wir sind unserem Ziel so nah, seit wir wissen, wo der Tiegel der Elemente versteckt wurde. Die dunkle Zeit wird zurückkehren. Ist das nicht alle Entbehrungen wert?«
Aryk hielt dem funkelnden Blick der Frau stand, die ihm immer näher kam, wobei die Flammensäule ihr zu folgen schien.
»Ja natürlich! Beim Geiste des Feuers!«
»Dann«, fuhr sie mit einer Stimme fort, die die Schärfe einer Windaxt hatte, »verstehe ich deine Ausreden nicht, Aryk. Es gibt über hundert dieser Feuerhütten. Wenn du glaubst, du könntest dich am Lagerfeuer wärmen, während andere die Arbeit für dich tun, wird es auch ohne dich gehen. Entscheide dich: Willst du für mich arbeiten – oder für mich sterben?«
Wütend hob die Frau die Arme und wirbelte glühende Funken auf. Innerhalb einer Sekunde verwandelte sich ihre Gestalt wieder in eine Feuersäule und fiel in sich zusammen. Die Holzscheite knackten, zurück blieben einzig Asche und ein Rest Glut.
Melina trat verwirrt zurück von dem Loch. Tann stand dicht neben ihr. »Sie haben das Magische Holz nicht richtig abgelagert«, murmelte er. »Deshalb müssen sie immer mehr von dem kostbaren Holz verbrennen.«
Melina sah sich nach Erel um. Er war unter seinem Fenster auf den Boden gesunken und hatte sich die Hand vor den Mund gelegt.
»Die Frau … das war eine Art Hologramm, oder?«, fragte sie ihn.
Aber Erel antwortete nicht. »Der Tiegel der Elemente!«, flüsterte er. »Lass das nur einen Traum sein!«
»Was ist das? Ein
Tiegel?
«, wollte Tann wissen.
»Ein Schmelztopf«, erwiderte Erel fast tonlos. »Aber der Tiegel der Elemente wurde vor langer Zeit zerstört. Wenn es ihn wirklich noch gäbe, könnte man Eis- und Feuermagie darin mischen. Das wäre … undenkbar!«
An der Außenwand der Feuerhütte ertönte ein Geräusch. Eine knarrende Tür.
Erschrocken fuhr Erel auf. »Er hat uns gehört«, zischte er. »Schnell, verschwindet! Ich halte ihn auf!«
Melina rannte los, während ihre Gedanken im Kreis rasten wie trockene Blätter im Sturm. Sie konnten Erel doch nicht einfach zurücklassen! Andererseits
mussten
sie fliehen.
Tann war mit ihr gerannt, doch im Schutz der ersten Bäume blieb er verzweifelt stehen. Melina drückte sich flach atmend
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