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Melina und die vergessene Magie

Melina und die vergessene Magie

Titel: Melina und die vergessene Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mittag
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gegen einen Stamm und hoffte, in der Dunkelheit unsichtbar zu sein. Aryk war inzwischen herausgekommen und schlich mit gezücktem Magiebeutel in der Hand um die Rundung der Hütte. Von dem Sänger fehlte jede Spur. Als Melina ihn entdeckte, stieß sie die Luft aus der Lunge. Er stand auf dem Dach der Feuerhütte und machte ihnen ein deutliches Zeichen, dass sie verschwinden sollten. Kurz darauf warf er ein Steinchen auf die andere Seite der Hütte, und tatsächlich folgte der Zauberer dem Geräusch in angespannter Haltung.
    »Wir sollten unsere Chance nutzen und uns in Sicherheit bringen«, murmelte Tann, blieb aber stehen. Gebannt verfolgten er und Melina, wie Aryk sich plötzlich auf dem Absatz umdrehte und sein Gesicht nach oben wandte. In Sekundenschnelle zog er ein Seil aus seinem Gürtel und warf es in hohem Bogen aufs Dach. Mitten in der Luft schien es sich selbstständig zu machen wie ein Lebewesen. Es schlängelte sich eine Weile um sich selbst, bis es plötzlich auf Erel zuschoss wie ein Falke und sich zuerst um seine Arme, dann um seine Beine wand. Schließlich stolperte Erel, gefesselt und unfähig, sich noch kontrolliert zu bewegen, rollte ein Stück über das Dach, immer schneller, bis er an der Seite der Halbkugel herunterfiel. Im letzten Moment stoppte das Seil aus eigener Kraft den Fall und stellte den Sänger sanft vor Aryk ab.
    Tann stieß einen zischenden Laut aus, und Melina umklammerte den Baumstamm, als könnte er ihr Halt geben. Nun nahm Aryk eine Magiekugel in die Hand, und vor ihm aus dem Boden wuchsen vier Holzpfeiler, die mit etwas Schimmerndem überzogen waren, das aussah wie goldene Tücher. Prunkvolle Kissen mit goldenen Troddeln lagen zwischen den Pfeilern auf einer dunklen Holzplatte.
    »Was ist das?«, raunte Melina.
    »Eine Sänfte«, gab Tann zurück. »Viele Zauberer reisen so.«
    »Zauberer haben einen starken Hang zum Kitsch, findest du nicht?«, erwiderte Melina mit leicht angewidertem Unterton.
    Inzwischen hatte der Magier das Ende des Seils, das Erel gefesselt hatte, an einem der Eckpfeiler befestigt und sich auf die Kissen gesetzt. Auf sein Zeichen hin hob sich die Sänfte in die Luft und setzte sich in Bewegung – nicht gleitend, wie Melina es erwartet hatte, sondern schwankend, als würde sie von behäbigen unsichtbaren Dienern getragen. Am Seil gezogen stolperte Erel hinterher, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Dann öffnete sich ein glitzerndes Quadrat direkt in der Luft vor ihnen.
    »Ein Tor! So ein Mist!«, schimpfte Tann und verließ seine Deckung.
    »Können wir herausfinden, wohin das Tor führt?«, fragte Melina erschrocken. Tann schüttelte den Kopf und starrte der Sänfte hinterher, die soeben im Nichts verschwand.

Spiegelaugen

    »Geh mit ihm. Und tu, was er sagt«, befahl Morzena mit einem giftigen Seitenblick auf den grauhaarigen Zauberer, der triumphierend das Kinn hob. Lianna sah nervös von ihm zu ihrer Herrin. Die beiden wirkten, als hätten sie sich gestritten. Nicht zum ersten Mal, aber diesmal hatte der Magier den Disput wohl gewonnen, und der Gewinn war offenbar Lianna, die sich nun nicht mehr wie ein Lehrling fühlte – sondern wie eine einfache Dienerin.
    Unten in der Empfangshalle war es fast unerträglich warm. Selbst die Magie, die den Turm erhielt, konnte die Hitze der Lava nicht ganz abdämmen. Schon an ihrem ersten Tag hatte Lianna diese Halle als unheimlich empfunden. Sie bereitete Besuchern einen düsteren Empfang, Fackeln flackerten an den steinernen, fensterlosen Wänden. Das Sonderbarste an diesem Raum war aber der rußbedeckte Spiegel. In ihrem Dorf gab es so etwas Kostbares nur selten. Und hier bedeckte das schimmernde Objekt die gesamte Decke der Halle. Wenn man während des Laufens nach oben sah, verwackelte das Spiegelbild, was vermutlich daran lag, dass die Oberfläche nicht ganz glatt war. Dennoch wirkte er dadurch lebendig – als würde er auf etwas lauern. Lianna bemerkte, dass auch der Zauberer neben ihr beiläufig nach oben schielte.
    »Geh einfach zum Tor. Und tu nichts Falsches«, murmelte er, fast ohne die Lippen zu bewegen. »Sie spielt gerne mit ihrer Macht und beobachtet uns sicher gerade. Aber auch sie kann nicht alles. Sie kann uns nicht hören.«
    Lianna spürte eine Gänsehaut. Schnell ging sie weiter und sah dabei zu Boden.
    Vor dem Tor sprach der Magier ein paar Worte, und die dicken Holzpforten öffneten sich. Die rot glühende Hitze des Vulkankraters drang in den Raum und ließ die Luft flirren. Gleich darauf

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