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Melina und die vergessene Magie

Melina und die vergessene Magie

Titel: Melina und die vergessene Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mittag
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berührte etwas, was sich anfühlte wie der polierte Holzsockel, den sie kurz zuvor am unteren Ende des Treppengeländers gesehen hatte. Im nächsten Moment zuckte sie erschrocken zusammen, denn wie von Geisterhand entzündeten sich an den Wänden und auf den Handläufen des Treppengeländers kleine Fackeln in goldenen Halterungen – eine nach der anderen –, bis die ganze Halle von flackerndem Feuerschein erhellt wurde.
    »Wie hast du das gemacht?« Tann stand dicht hinter ihr.
    Melina lachte nervös auf. »Das Licht geht automatisch an. In meiner Welt gibt es so etwas Ähnliches, nur heißt die Magie dort Technik.« Sie zog ihn am Ärmel. »Wo suchen wir zuerst?
    »In unseren Geschichten sperrt man Gefangene immer in ein Verlies ein«, überlegte Tann. »Also irgendwo unten.«
    Melina nickte. Mit dem Einsperren in Kellerräume hatte sie Erfahrung. »Aber wo ist der Keller?«
    Tann ging nach links zu einer Tür, die weiter in die Burg hinein führte, während Melina blieb, wo sie war.
    »Hier ist die Treppe nach oben. Wäre es dann nicht logisch, dass es auch eine Treppe nach unten gibt?«, sinnierte sie und tastete die Wand vor sich ab. Es war doch völlig unmöglich, dass hier keine Tür war.
    »Autsch!« Melina steckte den rechten Zeigefinger in den Mund. Sie hatte sich den Nagel abgebrochen, an einem groben Ziegel, der ein Stück weiter vorstand als die anderen. Als sie ihn näher betrachtete, bemerkte sie zwei feine Linien, die die Wand unter der roten Fahne durchschnitten.
    Tann trat neben sie und fuhr mit dem Finger über den Spalt. »Wir brauchen einen Hebel oder so was.« Eilig griff er nach einer Fackel, löschte sie und stemmte ihr unteres Ende in die Lücke. Schwerfällig schwang die schwere Steintür auf.
    »Du scheinst dich hier gut auszukennen«, sagte er mit einem anerkennenden Grinsen.
    »Ach, diese Burgen sind doch alle gleich …«, schmunzelte Melina.
    Kalte, muffige Luft schlug ihnen entgegen. Tann ging voraus. Melina folgte ihm über eine schmale Treppe nach unten. Schon nach wenigen Stufen erreichten sie eine Art Torbogen, und als sie hindurchgingen, entzündete sich wieder eine Fackel nach der anderen. Nach und nach erhellten sie einen Raum, dessen Größe die beiden überwältigte. Sie standen in einer riesigen Höhle aus rohem sandfarbenem Fels. Aus den zerklüfteten Wänden flatterten ihnen aufgescheuchte reptilienartige Tiere entgegen. Melina duckte sich erschrocken und fand, dass sie wie winzige Flugechsen aussahen. Ansonsten war die Höhle bemerkenswert leer bis auf eine einsame hölzerne Truhe.
    »So eine riesige Höhle! Dabei sind wir doch gar nicht so tief in der Erde«, murmelte Melina.
    »Wir sind in einer Wandelhütte …«, erwiderte Tann etwas lauter – und erschrak über das unerwartete Echo. Plötzlich hörten sie eine Stimme, die von den Wänden hallte, als wäre sie überall.
    »Heiliges Eis! Seid ihr wirklich gekommen, um mich zu retten?«
    Irritiert sah Melina sich um, bis ihr Blick nach oben fiel: Direkt über ihnen, fast an der Decke, schwebte ein Käfig. Ja, er schwebte tatsächlich, es war keine Kette zu sehen. Und aus den Gitterstäben heraus winkte ein Arm, hinter dem Melina Erels Gesicht erkannte.
    »Bist du in Ordnung?«, wollte sie wissen.
    »Fast«, rief er herunter. »Jetzt, da ich weiß, dass ich hier nicht sterben muss!«
    »Erst mal abwarten«, grummelte Tann. »Wie kriegen wir dich da nur runter?«
    »Versucht zuerst, die Truhe zu öffnen! Ihr müsst es nur sehr schnell tun.«
    Tann klappte den Deckel auf, er war nicht verschlossen.
    »Nehmt meine Jambuela heraus –
schnell!
«
    Tann hatte das Musikinstrument bereits in der Hand, aber im gleichen Moment bemerkte Melina etwas Großes, Dunkles, das wie eine gewaltige Spinne von der Höhlendecke auf sie herunterstieß. Es sah aus wie ein schwarzes, durchlöchertes Zelt. Innerhalb von Sekunden umhüllte es sie, und als es Melinas Arm streifte, fühlte es sich unangenehm samtig – und gleichzeitig lebendig an. Als sich das Ding wieder aufrichtete, bestand es plötzlich aus hartem Eisen. Erst jetzt erkannte Melina, was es war: ein Käfig!
    Noch bevor sie darüber nachdenken konnte, ruckte ihr Gefängnis nach oben und fuhr wie ein Fahrstuhl zur Decke. Sie krallte sich an Tanns Arm fest. Als sie fast an der Höhlendecke angekommen waren, hielt der Käfig an, gut zwei Meter neben Erel, der ihnen entgegenlächelte.
    »Gut gemacht! Ihr wart schneller als der Käfig!«
    Melina spürte, wie der Zorn ihr fast die

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