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Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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in Blautönen! Ich sollte mich darüber freuen, aber irgendwie fühlte ich, dass da etwas dahintersteckt, was ich noch nicht fassen konnte, etwas, was ganz und gar nicht in Ordnung war. Dieser krasse Umschwung von der Gothic-Braut zum normalen Durchschnittsteenager in so kurzer Zeit, machte mich unruhig.
    Und Mutter … Ach, ich konnte nicht die Augen davor verschließen, dass sie wirklich nicht mehr ganz in dieser Welt lebt. Allein die Fahrt hierher war ein Alptraum für mich gewesen. Unsere Gespräche waren in einer Schleife gefangen. Immer wieder dieselben Fragen von ihr. Alle paar Minuten schlug sie dasselbe Thema an. Oder dann die Phasen des eisigen Schweigens und der misstrauischen Blicke. So als wäre ich eine Fremde, der sie nicht trauen kann. Sie reagierte eher auf Stichworte, als auf Inhalte. Und dann immer wieder Benito. Benito hier, Benito da! Ob er denn zuhause auf uns warten würde? Ich hätte heulen können.
    Robert machte jeden Abend mit ihr einen kleinen Spaziergang durch unseren großen Garten oder durchs Dorf. Er übersah nicht meine Anspannung und tat was er konnte, um mich zu entlasten. Es war uns klar, dass wir Mutter nicht mehr allein leben lassen konnten. Doch sie bei uns ganz und gar aufzunehmen, wäre ein großer Schritt, eine große Verantwortung. Würden wir ihr gerecht werden? Da war ich mir gar nicht sicher. Allein die Treppe ins Obergeschoss, wo die Schlafräume sind, entpuppte sich als handfestes Problem. Mutter war gangunsicher geworden und das Treppensteigen auch nicht gewohnt, da ihre Ferienhauswohnung auf Sylt ein ebenerdiger kleiner Bungalow war. Jedes Mal musste einer von uns ihr die Treppe rauf oder runter helfen. Wir überlegten, einen Treppenlift einzubauen. Aber dafür war die Treppe nicht wirklich geeignet, alt und eng wie sie war. Und das Geld dazu hatten wir ja auch nicht. Also blieb nur theoretisch die Möglichkeit, das Büro nach oben zu verlegen und Mutter in Gottes Gästezimmer unterzubringen, sollte sie wirklich auf Dauer hier einziehen. Ich nannte den Raum immer noch so, für mich war er einfach nicht „das Büro“. Nie würde ich die Tage vergessen, als ich, mit der Situation völlig überfordert, sie in Miras Obhut gab. Sie schlief damals, so wie ich nach meinem kleinen Unfall, in „Gottes Gästezimmer“ und Mira öffnete mittels ihrer Gabe ein Tor zum Himmel und der Engel kam und sprach geistig zu Mira, und so half er meiner Mutter ihr altes Leid zu wandeln in neuen Lebensmut. Ach, ich wünschte, Mira wäre noch unter uns. Sicher hätte sie auch jetzt Rat gewusst. Wie alt wäre Mira jetzt wohl? Ich rechnete nach und kam zu dem Ergebnis: uralt, so um die Hundert mindestens. Wenn nicht schon drüber. Nein, sie wäre jetzt wohl keine Hilfe mehr. Ich musste allein damit klarkommen. Was blieb uns an Möglichkeiten? Einen Pflegedienst hinzuziehen? Oder gleich ein Pflegeheim? Konnte sie sich das leisten? Was kostete das eigentlich? Ich merkte, dass ich viel zu wenig darüber wusste.
    Die Bügelwäsche war zu einem beeindruckendem, quasi Furcht erregenden Berg angewachsen in den letzten beiden Wochen. Ich baute in der Küche das Bügelbrett auf und machte mich schicksalsergeben an die Arbeit. Mit Mutters Blusen fing ich an. Ihre Abwesenheit am Abend tat mir wirklich gut, und wenn es auch nur für eine Stunde war. Länger konnte sie nicht mehr spazieren gehen. Heute hatte Miri sich ihnen angeschlossen. Während ich bügelte, gingen mir die Gedanken um das Thema „Pflege“ pausenlos durch den Kopf. Aber durch meine Unwissenheit drehten sich alle Überlegungen im Kreis. Kurz entschlossen stellte ich das Bügeleisen auf seine Halterung, drehte den Regler auf die Kalt-Stufe und huschte ins Büro und machte den Computer an. Während er hochfuhr, betrachtete ich die Bilder an der Wand. Sie stammten größtenteils noch aus Miras Zeit. Eins meiner Lieblingsbilder, eine Fotografie von einer sich entfaltenden Beinwellknospe, hing genau über dem PC. Ich bewunderte dieses herrliche Blau und betrachtete immer wieder aufs Neue fasziniert diese kleinen rauen Härchen und die Anmut, mit der sich die Knospe langsam der Sonne entgegenreckte.
    Als der PC bereit war, drückte ich den Firefox-Button und gab auf der Startseite in die Google-Suchmaske „Weinstadt.de“ ein und klickte mich durch zur Seite des Bürgerbüros. Dort stand nichts, was mir weiterhalf, also gab ich in dortige Suchmaske „Pflegestufe“ ein und gelangte so zu weiterführenden Links. „Wohnen & Pflege“ und

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