Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Barbe de Richemonde hatte sich wegen Unpässlichkeit entschuldigt. So saß Sabine den jüngeren Hofdamen vor, eigentlich ganz froh, dass sie niemandem Rede und Antwort stehen musste, wenn sie es nicht wollte. Sie war bleich, aber um Fassung bemüht. Fleurette hatte ihr auf ihren Wunsch in das blassblaue Festkleid geholfen, das der Farbe der Unschuld so nah kam wie nur eben möglich. Ihr Haar war schlicht geflochten. Steif und ernst saß sie auf dem Ehrenplatz, ihrem Gatten und dem Herzog gönnte sie nach einem kurzen, flüchtigen Gruß keines Blickes mehr.
Florimond bestand seinen ersten Kampf ehrenhaft. Sein Handycap ›Danseur‹ wog diesmal nicht schwer, auch der Sizilianer ritt ein zierliches Pferd. Die beiden boten sich deshalb einen extravaganten Tjost, man hätte fast meinen können, dass hier zwei Maurenkrieger auf ihren wendigen Rennern gegeneinander antraten. Florimond gewann schließlich und reichte dem Gegner anerkennend die Hand. Die beiden schieden sichtlich als Freunde.
Im Anschluss kämpfte Philippe gegen einen ungeschlachten Ritter aus dem Norden und brauchte seine ganze Kraft, um ihn niederzuringen. Er sah erschöpft aus, als er sich anschließend vor den Frauen verbeugte. Für seine folgenden Kämpfe war das ein schlechtes Vorzeichen.
François hatte es dagegen leicht. Er tjostete seinen Gegner gleich im ersten Durchgang vom Pferd, wobei der sich ein Bein brach. Während man den stöhnenden Mann vom Platz trug, wurde François zum Sieger erklärt.
Als ranghöchste Dame oblag es Sabine, die Lose zu ziehen, mit denen die Kämpferpaare für den letzten Durchgang vor der Entscheidung bestimmt wurden. Diesmal hoffte sie glühend, dass Florimond auf François treffen würde. Obwohl das einer Parfaite nicht anstand, wie sie sich tausendmal sagte, überwog ihre verzweifelte Wut über die Demut, das Schicksal hinzunehmen. Zudem fürchtete sie jetzt außerhalb des Turnierplatzes mehr um Florimond als in den Schranken. Da waren die Waffen schließlich entschärft. Wenn der Sänger François allerdings irgendwo auf freiem Feld forderte ...
Der Herold entrollte die Lose und las die Namen der Ritter.
»Zunächst haben wir hier den Herrn François de Caresse, im Kampf mit Sebastian de Tours.«
Sabine seufzte.
»Und im Anschluss den Herrn Florimond d’Aragis gegen Philippe d’Ariège.«
Florimond blickte genau so unzufrieden, wie Sabine sich fühlte, nickte seinem Gegner aber höflich zu. Philippe antwortete eher frostig.
Hatte er sich Florimond als Gegner gewünscht? Empfand er ihn als Rivalen – und konnte es sein, dass er von den Ereignissen der letzten Nacht noch gar nichts gehört hatte?
Sabine labte sich an etwas stark verdünntem Wein, während die Ritter sich vorbereiteten. François’ Kampf fand als erster statt, was die Mädchen auf Sabines Podium in helle Aufregung versetzte.
Sein Gegner, ein sehr gut aussehender Jüngling aus Avignon, hatte sich gestern und auch schon in den Tagen davor ihre Sympathien gewonnen. Er brillierte nicht nur in den Schranken, sondern auch schon als Troubadour, obwohl er längst noch nicht Florimonds Klasse erreichte. Die Regeln der Höfischen Minne hatte der blonde, blauäugige Held jedoch bereits verinnerlicht. Als er sich vor den Frauen verbeugte, wandte er sich besonders an die verblüffte Sabine.
»Marquise, ich bitte Euch, mir zu erlauben, hier in Eurem Namen und zur Verteidigung Eurer Ehre antreten zu dürfen!«
Der Vorfall von letzter Nacht hatte sich also auch in der Ritterschaft herumgesprochen. Unmöglich, dass Philippe nichts davon wusste!
Die Mädchen um Sabine herum raunten begeistert.
»Ihr müsst ihm ein Zeichen geben«, wisperte Madeleine.
Sabine zog steif ein hellblaues Seidentuch aus den Falten ihres Gewandes.
»Ich danke Euch, Chevallier, und meine Gebete werden mit Euch sein«, erklärte sie förmlich.
Der junge Ritter befestigte das Tuch an seinem Brustpanzer neben dem Zeichen seiner Dame, einer bekannten Minneherrin aus Tours, der viele Ritter dienten und deren Ehre über jeden Zweifel erhaben war. Dann warf er François noch einen herausfordernden Blick zu und ritt in die Schranken.
Florimond, der auf dem Platz neben der Kampfbahn wartete, verfolgte das Geschehen mit einem Seufzen.
»Ein wahrhaft minnigliches Begehren, der junge Mann berechtigt zu den schönsten Hoffnungen. Aber De Caresse wird ihn in Grund und Boden schlagen«, bemerkte er gegenüber Philippe d’Ariège.
Philippe antwortete nicht, war aber der gleichen
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