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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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Begrüßungskuss jetzt nicht nachholen, Comtesse Sabine? Wir möchten die Anwesenden doch nicht im Unklaren darüber lassen, wie es zwischen uns steht.«
    Der Marquis lächelte in die Runde der Ritter. Inzwischen hatten sich wohl alle der schnell geladenen Gäste eingefunden. Auf einem der Männer schien Caresses Blick dabei etwas länger zu verharren, aber Sabine wusste nicht, wen er im Auge hatte. Sie wappnete sich für ihre Aufgabe. Ein Kuss, nicht mehr.
    Sie nahm den Pokal edlen Weines, den ein Diener längst neben ihr bereit hielt und kredenzte ihn formvollendet.
    »Ich heiße Euch willkommen im Schloss meiner Familie, Marquis de Caresse.«
    Caresse hätte nun einen Schluck nehmen müssen, aber er stellte den Wein achtlos beiseite und legte Sabine die Hände auf beide Schultern. Das Mädchen zwang sich, die Berührung nicht abzuwehren. Sie war der Form gerade noch entsprechend, eine Flucht wäre einem Eklat nahe gekommen. Und eigentlich war ja auch nichts dabei, wenn dieser Ritter nur nicht so fordernd zugegriffen hätte und seine Hände ruhig auf ihren Schultern verharrt wären, statt sich fast hineinzukrallen. Wenn die Geste zärtlich gewesen wäre, nicht besitzergreifend ...
    Sabine schenkte Caresses Berührung keine Beachtung und näherte sich mit erhobenem Haupt. Sie war zierlich, aber hochgewachsen und brauchte sich nur leicht auf die Zehenspitzen zu stellen, um Caresses Gesicht mit den Lippen zu erreichen. Vorsichtig wollte sie den Kuss auf seine Wange drücken – auch das gerade noch schicklich, dem künftigen Gatten gebührte eigentlich eine Berührung der Lippen. Aber als sie seine Haut mit den Lippen streifen wollte, nahm Caresse die Hände von ihren Schultern und legte sie um ihr Gesicht. Er hielt sie mit sanfter Gewalt, während seine Lippen lustvoll die ihren suchten. Einen Moment lang fürchtete Sabine, er werde sie zum Kuss öffnen, aber noch bezwang sich Caresse. Er presste seinen Mund lediglich kurz auf den ihren, fest genug, um sie den Druck noch spüren zu lassen, als sie längst wieder frei war. Sabine fühlte sich beschmutzt. Sie wäre am liebsten fortgelaufen – erst recht, als ihr erster Blick nach dem demütigenden Zeremoniell ausgerechnet das Gesicht Philippe de Montcours’ streifte. Der junge Ritter wirkte bestürzt und fast etwas verletzt. Und dann wich sein Ausdruck völligem Unglauben, als der Graf de Clairevaux das peinliche Schweigen nutzte, um die Verlobung seiner Tochter mit Marquis de Caresse bekannt zu geben.
    Auch Sabines Züge gerieten außer Kontrolle. Sie hatte gefasst bleiben wollen, aber als sie Philippe jetzt sah, regte sich Widerstand – und Hoffnung. Vielleicht war noch nicht alles zu spät! Philippe und sie waren heimlich verlobt – war es nicht so, dass es durchaus als ritterlich galt, die Dame seines Herzens notfalls zu entführen? Und geschehen konnte dabei nichts, bei der gemeinsamen Flucht lag stets das Schwert zwischen Herrn und Dame – erst nach erfolgter Eheschließung durfte er ihr beiliegen.
    Und bei Sabine und Philippe wäre es sowieso völlig anders – wenn er ihr zur Hilfe eilte, natürlich nicht als Ritter ihres Herzens, sondern als Retter einer Parfaite. Aber das brauchte die Welt ja nicht zu wissen. Während Sabine sich pflichtgemäß neben dem Marquis de Caresse niederließ, den Beifall und einige Zoten der Ritterschaft erduldete und dann während des Mahls den Teller mit ihrem versprochenen Gatten teilte, dachte sie immer sehnlicher an Flucht. Schließlich tat Caresse nichts, um die Zweifel seiner jungen Frau zu zerstreuen oder sich ihr auch nur im Entferntesten anzudienen. Der Ritter schien sie kaum zu beachten, er richtete kein einziges Mal das Wort an sie. Stattdessen unterhielt er sich lebhaft mit ihrem Vater und seinen Rittern. Sabine hätte ebenso gut abwesend sein können – wären da nicht seine Hände gewesen, die immer wieder wie zufällig die ihren streiften. Caresse erfasste beiläufig einen ihrer Finger, fuhr über die zarte Haut an der Innenseite ihres Handgelenks – Gesten, die bei anderen Männern vielleicht zärtlich gewirkt hätten. Ein Mädchen, das nicht gerade Keuschheit geschworen hatte, wäre unter einer liebevollen Berührung erschauert. Caresses Zugriff war aber nur fordernd, besitzergreifend, ein Vorgeschmack auf die vollkommene Unterwerfung.
    Sabine liebte ihren Vater und verstand seine Gründe, sie möglichst bald zu verheiraten. Aber das konnte er ihr nicht antun! Caresse war alles andere als ein älterer Herr,

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