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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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Schimmelstute. Aus dem Augenwinkel sah sie Fleurette wie einen Schatten durch eine Seitentür hinaushuschen.
    Jean Pierre bereitete ihre Stute in Windeseile vor und nahm sich auch ein Pferd, um der Herrin als Eskorte zu folgen. Er hatte von den Ereignissen um Gaston zwar offensichtlich nichts mitbekommen, bemerkte aber selbstverständlich, dass der Knecht fehlte und übernahm seine Aufgabe ohne viele Worte. Sabine zollte dem Anerkennung. Jean Pierre mochte manchmal etwas leichtfertig sein – das Liebesspiel im Stall hätte ihm sicher fünf Stockschläge eingebracht, wäre der Stallmeister nicht anderweitig beschäftigt gewesen – aber im Grunde war er zuverlässig und ein guter Kerl. Sabine hätte nichts dagegen gehabt, wenn Fleurette ihn zum Mann nähme.
    Dann wäre wenigstens eine von uns beiden glücklich, dachte sie müde und wunderte sich gleich darauf selbst, dass sie hier das Wort ›glücklich‹ in Verbindung mit Ehe und Liebe benutzte. Bislang hatte sie nur die vollkommene Hingabe an ihren Glauben als Glück sehen können. Inzwischen allerdings – Sabine verabscheute die körperliche Liebe mit ihrem Gatten und fürchtete sich vor den Übergriffen François’. Aber dennoch regte sich neuerdings eine Sehnsucht in ihr, die sie nicht benennen konnte, und die sie in ihren Träumen in die Arme eines Mannes führte.
    Am Abend stürzte sie sich aber erst mal in die unerfreuliche Unterredung mit Fleurette. Das Mädchen wurde glühend rot, als sie es auf ihr Liebesspiel im Stroh ansprach.
    »Es ist aber nicht nur ein Spiel«, verteidigte sie sich schließlich. »Es ist eigentlich sogar ganz ernst. Ich liebe Jeannot – also Jean Pierre. Und er liebt mich auch. Es ist mehr als ... mehr als pure Lüsternheit.«
    Fleurette sah Sabine nicht an während sie sprach, sondern bürstete angestrengt auf ihr Reitkleid ein. Das war ziemlich schmutzig, Sabine hatte sich und ihre Stute heute nicht geschont, sondern war querfeldein galoppiert, als sei der Teufel hinter ihr her.
    Jetzt aber runzelte sie die Stirn.
    »Wenn der Junge dich denn so liebt«, meinte sie streng, »warum heiratet er dich nicht? Warum schafft er dir nicht ein Heim und ein richtiges Bett, in dem ihr eurer Liebe mit dem Segen Gottes und eures Herrn frönen könnt?«
    Sabine wollte das Stickzeug aufnehmen – als brav bekehrte Ketzerin arbeitete sie seit Wochen missmutig an einer Altardecke – ließ es dann aber erschrocken fallen, als Fleurette auffuhr.
    »Der Segen unseres Herrn Marquis? Den muss Jeannot sich erst mal leisten können.«
    Sabine hatte ihre kleine Zofe noch nie so zornig erlebt.
    »Nun sind wir schon so lange hier und ich erzähle Euch jeden Tag von den Nöten der Knechte und Mägde an diesem Hof. Aber Ihr wisst immer noch nicht, was vor sich geht«, schimpfte das Mädchen – bevor es sich endlich zusammennahm. »Verzeiht meine Worte, Marquise. Aber manchmal seid Ihr so ... so ... Manchmal erscheint Ihr mir noch wie ein Kind, das allem Unheil zum Trotz an das Gute glaubt. Aber wir sind nicht mehr auf Montségur! Hier sind die Herren nicht gerecht und gut – weder die Adligen noch ihre Hofschranzen.«
    Sabine nickte. »Das, liebe Fleurette, ist selbst mir inzwischen aufgegangen«, bemerkte sie sarkastisch.
    Fleurette nickte ungeduldig. »Ja. Aber Ihr wisst nicht, was es für die Armen bedeutet. Hier hat zum Beispiel nicht jeder Diener sein Haus und sein Bett, Marquise, in dem er seiner Frau in Ehren beiliegen kann. Mein Jeannot ist der dritte Sohn des ersten Schweinehirten und der zweiten Köchin. Er hat acht Geschwister und alle leben in der Hütte seines Vaters. Jeannot teilt sein Bett mit zwei Brüdern, oder er schläft im Stall. Und wenn er heiraten will, dann muss er dem Herrn einen Brautpreis zahlen. Eine Art Ablösesumme, weil das Mädchen ja nicht mehr voll arbeiten kann, wenn es erst mal schwanger ist. Für ein Hausmädchen wie mich sind das dreißig Sous, Marquise! Das verdient ein freier Bauer in einem Jahr. Ein Stallknecht wie Jeannot müsste sein ganzes Leben dafür arbeiten.«
    »Aber der Herr braucht doch nicht so viel zu fordern«, wunderte sich Sabine. »Du weißt selbst, dass mein Vater nie einen Brautpreis haben wollte. Im Gegenteil, auf Clairevaux wurden die Hochzeiter reich beschenkt.«
    »Aber hier sind wir nicht auf Clairevaux, Marquise«, rief Fleurette. »Dies hier ist Caresse, und der Herr Jules nimmt jeden Sou, den er bekommen kann. Gut, vielleicht ist es sein Haushofmeister, der die Summe festsetzt, aber der

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