Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Mädchen.«
Die Kleine schüttelte verwirrt den Kopf. »Nein, natürlich nicht, aber der Ritter hat Jean Pierre gesagt, er soll Euch sagen ... und dann hat er mir gesagt ...« Das Mädchen verhaspelte sich und schwieg verwirrt, während Fleurette dazu ansetzte, sie weiter zu examinieren.
Sabine sprang auf. »Lass sie, Fleurette, ich komme schon. Ich ...«
Leicht gekleidet wie sie war, wollte sie hinauslaufen, aber Fleurette hielt sie zurück.
»Ihr stürzt jetzt auf keinen Fall in Eurer Nachtkleidung hinunter in den Hof, Marquise!«, befahl die Zofe. »Hier, werft Euch schnell diese Tunika über. Und den dunklen Mantel. Und setzt die Kapuze auf, damit keiner Euch sieht, Marquise. Passt bloß auf, dass Euch keiner sieht.« Fleurette drapierte den Mantel sorglich über Sabines dunkles Haar. Das war wenigstens nicht auffällig, aber die helle Haut ihrer Herrin mochte sie verraten. Fleurette zog ihr die weite Kapuze tief ins Gesicht.
Sabine dagegen dachte nicht an die Gefahr, als sie endlich die Treppen hinuntereilte. Dabei tat sie hier etwas fast so Verbotenes wie damals bei den heimlichen Gottesdiensten. Es war eine Sache, einen Troubadour zu ermutigen, vor ihrer Kemenate zu singen oder ihr Zeichen in den Kampf zu tragen. Aber ihn von Auge zu Auge zu treffen ... allein ... bei Nacht? Noch vor wenigen Stunden wäre es Sabine undenkbar erschienen. Aber jetzt eilte sie ihrem Schicksal entgegen, unbekümmert und unbesorgt.
Florimond saß im Schatten eines Strohschobers auf einem Ballen Heu. Gedankenverloren spielte er mit einem der jungen Hunde, die gewöhnlich um Jean Pierre herumwimmelten. Sabine, die er nicht gleich kommen hörte, bewunderte seine schlanke und doch kräftige Gestalt, seine lässige und doch elegante Haltung, die raschen Bewegungen seiner Hände, die den Welpen mal neckten und mal lockten und immer wieder geschickt liebkosten.
»Mein Ritter«, sagte sie leise.
Florimond wandte sich wie erschrocken um. Als er sie sah, ging ein Strahlen über sein Gesicht.
»Mi Dons, meine Herrin.«
Der Ritter ließ sich in einer fließenden Bewegung vor Sabine auf die Knie nieder und küsste formvollendet ihre Hand. Dabei streiften seine Lippen sie nicht, aber schon als sich seine warmen, langen Finger um sie schlossen, fühlte Sabine ihr Herz heftig klopfen und das nun fast schon gewohnte innere Beben in sich aufleben.
»Wart Ihr zufrieden mit mir, meine Dame? Habe ich Eure Farben würdig vertreten?«, fragte Florimond, ohne Sabines Hand loszulassen.
Sabine lächelte. »Niemand hätte es besser machen können. Erhebt Euch, mein Ritter.«
Sie zog ihn sanft hoch, bis er vor ihr stand und sie um mehr als Haupteslänge überragte. Vorsichtig berührte sie die Fibel auf seiner Schulter.
»Ihr tragt mein Zeichen nicht nur in den Kampf.«
Er nickte ernst. »Ich werde es nie mehr ablegen, solange ich lebe. Hat es doch Eure Hand berührt. Und gibt es mir doch Hoffnung, dass Euer Herz ein wenig für mich schlägt.«
»Warum sollte mein Herz nicht für Euch schlagen, Monsieur?«, fragte Sabine verwundert. »Denkt Ihr, ich gäbe mein Zeichen so unbedacht fort?«
Wieder dachte sie angstvoll an den Kuss, den er sie vielleicht mit François hatte tauschen sehen.
»Ich war Albigenserin, wir neigen nicht zu Tändeleien.«
Florimond nickte, aber Sabine sah Fragen und Zweifel in seinen Augen. »Ich weiß. Ihr wart eine Parfaite, eine der Reinen. Ich wagte zu glauben, dass Ihr es im Herzen immer noch seid.«
Sabine runzelte die Stirn, auch sie jetzt voller Misstrauen. »Dass ich im Herzen noch Katharerin bin? Warum wollt Ihr das wissen?«
»Dass Ihr im Herzen noch unberührt seid. Dass noch niemand vor mir Eure Liebe erweckt hat und Eure Hingabe.«
Florimond hob die Arme, als wollte er die junge Frau an sich ziehen, aber dann tat er es doch nicht. Sabine fühlte sich an Philippe erinnert und sein Zurückschrecken vor der Parfaite. Damals war ihr das völlig normal erschienen, aber Florimond – ihr war, als hätte der Sänger sie schon tausendmal berührt in ihren Träumen.
»Bitte, meine Herrin, Ihr müsst es mir sagen!« Florimond schien sich eisern beherrscht zu haben, aber jetzt brachen die Worte aus ihm heraus. »Wenn Ihr Eure Liebe schon einem anderen geschenkt habt, ich werde Euch natürlich weiterhin verehren, aber ich darf dann nicht so an Euch denken, wie ich es bislang tue. Ich brenne, meine Herrin, und wenn ich keine Hoffnung auf Erlösung hätte, so würde ich mich zerstören. Bitte, Sabine, sagt mir, ob
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