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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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ungehindert drauflosplaudern konnte. Als sie bei der Veranda angekommen waren und das Gaslicht aus dem Salon zu ihnen herausdrang, blieb Joseph stehen. »Und Sie sind sicher, dass das dem Herrn recht ist?«
    Sie drückte ihrem alten Freund den Arm. »Es lenkt Peter von seinen Schmerzen ab. Außerdem ist Vater nicht da, Joseph, schon vergessen? Bis er Ende August wiederkommt, kann Peter lesen.«
    In den nächsten Tagen eilte Marianne hinunter zu Peters Hütte, sobald sie mit dem Frühstück fertig war, um ihren Unterricht fortzusetzen. Wenn es mittags zu heiß wurde, machten sie eine Pause, damit er sich ausruhen konnte. Schließlich war er noch lange nicht wieder gesund. Aber nach dem Abendessen kam Marianne wieder und brachte neue Kreide und eine Petroleumlampe mit. Geradezu atemlos saßen die beiden an ihrer verbotenen Arbeit. Lena saß bei ihnen, wenn sie ihr Tagwerk erledigt hatte, und staunte, wie ihr Junge einen Buchstaben nach dem anderen lernte.

12
    Als sie die Maiskuchen und die gebratenen Forellen aufgegessen hatten, verabschiedete sich Gabriel von Tante Josephine, Musette, Ariane und seiner Simone. Er wollte an den See reisen, um seine Mutter und seine Schwester abzuholen, und sobald sie zurück wären, würde die Trauung stattfinden.
    Die anderen gönnten ihnen nur einen kurzen Augenblick allein, um Abschied zu nehmen, und so begnügte sich Gabriel mit einem relativ keuschen Kuss. Dann ging er die Eichenallee hinunter zum Anleger und drehte sich nur noch einmal um, auf der Suche nach Simone, die auf der Veranda stand. Sie berührte ihre Lippen mit den Fingern und streckte eine Hand nach ihm aus.
    Auf dem Anleger angekommen, zögerte er, als wäre ihm plötzlich ängstlich ums Herz. Am liebsten wäre er zurückgegangen, hätte Simone in die Arme geschlossen und noch einmal an sich gedrückt. Aber das war natürlich Unsinn. In drei oder vier Tagen würde er ja zurück sein.
    Zwei Männer sollten ihn über den Fluss rudern, hinüber nach Magnolias. Dort würde er sich ein Pferd ausleihen, und er hoffte, Marcel und Yves wären noch bei Adam Johnston zu Gast und würden mit ihm zum See reiten, um Maman und Nicolette abzuholen. Und natürlich Pierre.
    Als das Boot flussabwärts trieb, zogen die beiden Sklaven George und Hunter ihre Hemden aus. Ihre dunkle Haut schimmerte vor Schweiß, und sie wischten sich die Gesichter mit den Taschentüchern ab. Gabriel zog sich den Hut tief ins Gesicht, um sich vor der Sonne zu schützen und damit er das strudelnde braune Wasser an den Seiten des Boots nicht sehen musste. Er griff zwischen seine Knie und begann, die 206 Knochen des menschlichen Körpers aufzusagen, um sich von dem unvorstellbar weiten Fluss abzulenken.
    Als sie eine halbe Stunde lang flussabwärts gefahren waren, stellten die Sklaven das Boot quer zur Strömung, um ans östliche Ufer zu gelangen. Ein Floß, das in der Mittelströmung trieb, näherte sich ihnen. George und Hunter murmelten sich etwas zu, und Gabriel hörte die Anspannung in ihren Stimmen.
    Er folgte ihren Blicken zu dem schnell fahrenden Floß. Es sah nicht weiter ungewöhnlich aus, auch wenn solche Fahrzeuge heutzutage nicht mehr oft auf dem Fluss zu beobachten waren: eine große Plattform aus Holzstämmen, die aneinandergebunden waren, um Waren und die Stämme selbst nach New Orleans zu transportieren. »Was ist?«, fragte er die Männer.
    George und Hunter begannen, heftig auf das näher gelegene westliche Ufer zuzurudern, aber sie waren nur zu zweit, und das Boot war klein und nahm die Strömung nur wenig auf. »Die sind hinter uns her!«, keuchte George.
    Gabriel sah sich die Männer auf dem Floß näher an. Er wusste durchaus, dass die Flößer einen schlechten Ruf hatten und als Halsabschneider und Schurken galten, aber diese hier schienen das Boot recht lässig durch die Strömung zu steuern. Was hatte George und Hunter nur so sehr alarmiert?
    »Sehen Sie, Monsieur!«, sagte Hunter und deutete mit dem Kinn auf das Floß. Gabriel sah genauer hin. Tatsächlich, am Rand des Floßes saßen schwarze Männer und Frauen aneinandergekettet in einer Reihe. »Das sind Kopfjäger, ganz sicher.«
    »Aber ich bin doch bei euch«, versuchte Gabriel zu erklären, hielt dann aber inne, als die Flößer plötzlich mit erstaunlicher Effektivität ein großes Ruderboot mit sechs Männern zu Wasser ließen. Der Steuermann richtete den Bug direkt auf ihr Boot.
    Hunter und George legten sich in die Riemen, aber das andere Boot kam schnell näher. Ihre

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