Melodie des Südens
murmelte er.
»Doch, das tust du. Ihr seid also nach Norden weitergezogen, nach Vicksburg. Habt ihr einen Dampfer genommen oder seid ihr über Land gereist?«
Als Sonny nicht antwortete, zog er ihm einen Stiefel und dann die schmutzige Socke aus. Dann berührte er mit dem Messer Sonnys großen Zeh. »Wie seid ihr gereist?«
Sonny schluckte. »Nicht mit dem Schiff.«
»Also über Land. An der Landstraße liegen ja einige Siedlungen. Hier eine Farm, da ein kurzer Halt. Habt ihr dort jemanden gefunden, der euch meinen Bruder abgekauft hat?«
Kaum hörbar sagte Sonny: »Ich kenne deinen Scheißbruder nicht.«
Die Messerspitze umkreiste seinen Zeh und hinterließ ein paar Blutstropfen. »Wenn ich das lange genug mache, ist der Zeh irgendwann schön sauber abgeschnitten, was meinst du, Birch?«
Sonny versuchte, ihn anzuspringen, aber die Seile hielten ihn fest. Er wimmerte.
»Ihr seid also mit Gabriel die Landstraße entlanggereist. Habt ihr ihn an jemanden verkauft?«
Sonny weigerte sich zu antworten, und Yves fuhr mit der Messerspitze an dem Schnitt entlang, den er schon gemacht hatte. Jetzt blutete der Zeh richtig, obwohl die Wunde immer noch harmlos war.
»Oder habt ihr ihn umgebracht?«
Yves hielt das Messer für die nächste Runde bereit, und ein übel riechender nasser Fleck breitete sich von Sonnys Schritt bis hinunter zu den Knien aus.
»Ich hab ihn nicht umgebracht. Niemand hat ihn umgebracht«, platzte Sonny heraus.
Yves atmete tief ein und schloss die Augen. »Dann habt ihr ihn irgendwo auf der Landstraße gelassen?« Er trat nach Sonnys anderen Fuß. »Ist das so?«
»Ja, wir haben ihn irgendwo zurückgelassen. Wir haben ihn nicht verkauft, es wollte ihn ja keiner. Aber er war krank, und da haben wir ihn zurückgelassen.«
»In der Hölle sollst du schmoren. Ihr habt ihn einfach am Straßenrand ausgesetzt wie einen kranken Hund?«
Yves zielte mit dem Messer wieder auf den Zeh.
»Nein!« Sonny versuchte, den Fuß wegzuziehen, aber Yves hielt ihn fest. »Auf einer Farm. Wir haben ihn auf einer Farm gelassen, wo man ihn finden würde. Sollten die sich doch um ihn kümmern, wenn sie Lust dazu hatten. Jedenfalls hat er gelebt, als ich ihn zum letzten Mal gesehen habe.«
»Was für eine Krankheit war das?«
»Irgendein Fieber, was weiß denn ich? Er war krank, sage ich doch.«
»Erzähl mir was von dieser Farm.«
Mit einem Seitenblick auf das Messer erklärte ihm Sonny, wo die Farm lag. Eine Meile oder zwei von der Landstraße entfernt auf einem Hügel. In östlicher Richtung, ja, sie hatten die Landstraße verlassen und waren Richtung Osten gegangen. Hinter dem Haus war ein alter Taubenschlag gewesen. Zwei Tage von Natchez entfernt.
Yves zog ihm jede Einzelheit aus der Nase, dann war er fertig mit ihm. Er schob den Sattel weg, griff Birch unter den Arm und zog ihn nach oben. »Los, hoch mit dir.«
»Was hast du jetzt mit mir vor?«
»Zurück in die Futterkammer.« Yves nahm das Seil zwischen Yves Händen vom Haken.
»Nein, nicht wieder da rein!« Der Mann wurde vollkommen panisch. »Du kannst mich doch hier festbinden. Bitte!«
»Das wäre nett von mir, nicht wahr?«, fragte Yves und zerrte Sonny zur Tür.
»Warte! Ich hab dir noch nicht alles erzählt.«
Yves ging auf ihn los, schob ihm den Unterarm vor die Kehle und hielt ihn mit dem Rücken an der Wand fest. »Du hast jetzt noch eine Chance, mir alles zu sagen, Birch.«
»Aber nicht mehr in die Futterkammer. Ich erzähl dir alles, wenn du mich hier draußen festbindest.«
»Rede!«
»Dein Bruder hat was am Fuß.«
»Was am Fuß?«
»Er ist verletzt. Schwer verletzt.« Er versuchte, sich von Yves’ Arm zu befreien. »Ich krieg keine Luft!«
Yves drückte noch fester zu. »Was hast du mit ihm gemacht?«
»Nicht ich, das war Wilson. Der Nigger hat die ganze Zeit versucht wegzulaufen und hat ständig Schwierigkeiten gemacht. Da hat Wilson sein Gewehr genommen und mit dem Kolben so lange auf den Fuß eingedroschen, bis er ordentlich gebrochen war.«
Yves schlug ihm mit der Faust aufs Kinn, sodass der Mann zusammensackte. Dann band er ihn wieder fest, wischte die Messerklinge am Stroh sauber und steckte sich das Messer zurück in den Stiefel. Er nahm den Mantel und ging hinaus in den Regen.
Sie hatten ihn nicht umgebracht. Das hieß, er war noch am Leben. Er musste noch am Leben sein, er war viel zu zäh, um einfach so zu sterben. Mitten im Hof blieb er stehen und hob sein Gesicht in den Regen, ließ die kühlen Tropfen den Hass
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