Melodie des Südens
Trinken auf den gestampften Erdboden und beugte sich vor, um ihn zum Sitzen aufzurichten.
»Im Liegen kann man nicht trinken, nein, Sir«, murmelte sie vor sich hin. »Ich muss ihn aufpäppeln, wenn er zu irgendwas nütze sein soll.«
»Wie heißt du?«, fragte Gabe heiser.
»Ha, du kannst tatsächlich sprechen, was?«
Gabriel griff nach dem Krug. Süßes, kühles Quellwasser. Er trank den Krug leer, dann legte er sich wieder auf die schmutzige, grobe Decke, die seine Unterlage war, seitdem er hier war.
Die alte Frau kam aus Versehen an Gabriels verkrüppelten Fuß, und er verdrehte die Augen vor Schmerz. Er hielt die Luft an, und sie klopfte ihm einmal auf die Brust.
»Atmen, verdammt noch mal. Wenn du tot bist, nützt du mir nichts.«
Er keuchte auf, und der Schweiß brach ihm aus allen Poren. Das Fieber war überstanden, aber gesund war er noch lange nicht.
Sie setzte sich neben ihn und schubste die Pfanne mit Maisbrot näher zu ihm. »Du musst was essen.«
Gabriel schüttelte den Kopf. »Wer bist du?«
Sie saugte an einem braunen Zahn und schob ein Stück Kautabak von einer Wange in die andere. »Ginny. Sie haben mich Ginny genannt.«
»Ich bin Gabriel Chamard. Dr. Gabriel Chamard.«
Ginny schien sich dafür nicht sehr zu interessieren. »Ich werde dich Caleb nennen, das ist ein guter Name aus der Bibel.«
Ob sie nicht ganz richtig im Kopf war? »Dr. Gabriel Chamard.«
Sie beugte sich über ihn, um seinen Fuß zu untersuchen, aber Gabriel bat sie: »Bitte nicht anfassen.« Der Fuß war immer noch sehr geschwollen, von dunkel violetter Farbe, und an drei Stellen war die Haut aufgeplatzt.
»Ich versteh nicht viel von der Doktorei«, sagte sie. »Bist du ein richtiger Doktor?«
»Ja, das bin ich.«
»Na, dann sag mir mal was soll ich mit diesem Fuß machen?«
»Kennst du dich mit Pflanzen aus? Heilpflanzen?«
»Ich hab ein Feld mit Schafgarbe hinterm Haus. Hab ich aus Pennsylvania mitgebracht, als ich hierherkam.« Sie kratzte sich hinter dem Ohr und holte etwas hervor, das sie zwischen ihrem Finger und ihrem Daumennagel zerquetschte.
»Und im Wald wächst überall Maypop. Wirklich sehr hübsch, lila Blüten, manchmal bis in die Baumwipfel. Manche nennen es Passionsblume oder Maracuja. Ich sage Maypop dazu, das ist auch gut für dies und das.«
»Bitte, würdest du mir einen Tee machen? Aus Maypop? Und eine Salbe aus Schafgarbe für den Fuß?«
Ginny seufzte. »Erst mal muss ich das Schwein füttern. Wenn ich Zeit finde, kümmere ich mich darum.« Sie legte die Hände auf den Boden und stützte sich darauf, um hochzukommen. Als sie auf den Füßen stand, schüttelte sie einige der frischeren Staubstreifen aus ihrem Rock. Gabriel starrte ihre Füße an, die eine dicke Haut mit schwarzen, schmutzigen Schrunden rund um die Sohlen hatten. Ihre Fußnägel waren gelb und breit, und die Haut war rot verfärbt vom Lehmboden hier am Mississippi. Dabei waren es kleine, zartknochige Füße. Füße, die die Enge von Schuhen kennengelernt hatten, die drückende, Blasen hervorrufende Enge von Damenstiefeln.
»Ich muss jetzt arbeiten. Iss was, Caleb.«
Die geringste Berührung von Gabriels Fuß schickte den Schmerz sein Bein hinauf wie einen heißen, alles verzehrenden Blitz. Solange er still lag, war der Schmerz erträglich, also lag er sehr still. Irgendwann einmal musste dieser Werkzeugschuppen eine Räucherei gewesen sein. Die Decke war voller Ruß, und der leichte Geruch von Hickory-Eichen-Rauch war immer noch zu spüren.
Die graue Ratte, die die Mahlzeiten mit ihm teilte, kam zur Pfanne geschlichen, und Gabriel überließ ihr den trockenen Maisfladen mit Freuden. Er wusste, er musste etwas essen, aber er konnte das Zeug kaum schlucken. »Die Pfanne gehört dir, Ratte.«
Die meiste Zeit schlief er, aber nachdem er das Fieber überlebt hatte, gelang es ihm jetzt, zu denken. Er hatte Glück gehabt, dachte er immer wieder. Er hatte Glück gehabt, dass Monroe und seine Leute ihn nicht umgebracht hatten, nachdem sie ihn in New Orleans nicht hatten verkaufen können. Und auch nicht in Natchez. Er hatte Glück gehabt, dass die Alte ihn gefunden und es geschafft hatte, ihn aus der Sonne in den Schuppen zu bringen. Wenn sie das nicht getan hätte, wenn sie ihn nicht mit Wasser versorgt hätte … ja, dann wäre er wohl gestorben.
Und er konnte immer noch sterben. Seinen Fuß wagte er kaum anzusehen. Es war schon eine Anstrengung, den Kopf und die Schultern zu heben, und es graute ihn vor dem, was er sehen
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