Melodie des Südens
macht meine Haut so dunkel. Ich bin ein freier Mann, Ginny.«
Sie spuckte einen Tabakstrahl über ihre Schulter, erhob sich auf schwachen Knien und verließ ihn, ohne noch ein Wort zu sagen.
Den Rest des Tages verbrachte Gabriel allein in dem Schuppen. Er war zu schwach und sein Fuß zu beschädigt, um hinauszugehen, aber er schlief jetzt weniger. Die Salbe trocknete, und er goss ein wenig Wasser aus seinem Krug auf den Verband. Einen guten Teil des Tages saß er aufrecht da und beobachtete Ginny durch die offene Tür, wie sie das Schwein fütterte und den Hühnern Mais streute. Hinter dem Hühnerhof befand sich ein Garten. Er sah, wie sie mit einer Hacke dorthin ging und später mit einer gefüllten Schürze zurückkam.
Es schien wirklich, als brauchte sie Hilfe. Es war schwer zu sagen, wie lange sie hier schon allein arbeitete, immer barfuß, und jeden Tag ein wenig älter wurde. In ein paar Tagen könnte er wohl auf seinen Füßen stehen und ein bisschen mitarbeiten. Aber vor allem würde er sie das nächste Mal, wenn sie hereinkam, um Papier und einen Stift bitten. Vielleicht hatte sie in der Zeit ihres Lebens, als ihre Füße in Damenschuhen steckten, auch lesen und schreiben gelernt. Er würde seinem Vater schreiben, dass er ihn abholen sollte, Papa und seinen Brüdern. Und er würde einen Brief an seine Mutter schicken. Sie würde Simone sagen, dass er nach Hause kam.
Als Ginny in der Dämmerung hereinkam, brachte sie ihm gekochten Mais und Tomaten und Butterbohnen mit einem Stück Speck. Sie hatte ihm auch einen frischen Salbenverband und einen kleinen Topf Tee mitgebracht.
»Iss schon mal, während ich mich um deinen Fuß kümmere«, sagte sie.
Er nahm die Schüssel, setzte sie aber wieder ab, als Ginny den alten Verband abnahm. Es schmerzte wie der Teufel, und er zischte zwischen den Zähnen hindurch.
»Man kann nicht mal sehen, was da gebrochen ist und was nicht, so geschwollen ist das«, murmelte sie.
Gabriel versuchte ruhig zu atmen, während sie an seinem Fuß arbeitete, und sagte: »Wie lange bist du schon hier, Ginny? Stimmt das, du bist von Pennsylvania gekommen?«
»Pittsburgh«, antwortete sie. »Mit meinem Mann, drei Töchtern und drei Söhnen. Sie sind alle da draußen begraben.« Sie nickte mit dem Kopf in Richtung der Felder. »Windpocken.«
»Und du hast dich nicht angesteckt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe Gott angefleht, mich auch zu nehmen, aber er hat mir nicht eine einzige Pustel geschickt.« Im schwachen Licht sah sie Gabriel an. »Jetzt frage ich dich, hat Gott mich mehr oder weniger geliebt als die anderen, dass er mich hier hat weiterleben lassen, allein, mühsam, aber am Leben?«
Gabriel lächelte schwach. »Das ist wirklich eine gute Frage.«
»Ich glaube, jetzt muss ich dir nicht mehr wehtun. Trink deinen Tee, dann kannst du schlafen und hast vielleicht nicht mehr so viel Schmerzen.«
»Hast du Alkohol da reingetan?«
»Ich dachte, vielleicht bist du die Schmerzen allmählich leid.«
»Wohl wahr«, sagte er und nahm einen tiefen Zug.
Sie blieb neben ihm sitzen, solange er aß und trank.
»Ginny, wenn du Papier und einen Stift im Haus hast, kann ich meiner Familie schreiben, damit sie mich abholt. Sie nehmen mich mit, und dann bist du mich los. Sie werden dir sehr dankbar sein und es dir lohnen.«
Sie schob den Kautabak in die andere Backe und blickte in eine dunkle Ecke des Schuppens. »Kein Papier im Haus.« Sie nahm die Flasche mit dem Gebräu aus Maypop und Alkohol und schüttelte sie. Sie war leer. Beim Aufstehen kämpfte sie mit ihren alten Knien, dann öffnete sie die quietschende Tür, sodass er die Glühwürmchen draußen sehen konnte. »Gute Nacht, Caleb.«
»Gute Nacht, Ginny.« Er würde eine andere Möglichkeit finden, eine Nachricht zu schicken. Wenn er erst einmal gehen konnte, würde er einen Passanten anhalten oder zu einer Farm in der Nachbarschaft gehen.
Bald machten ihn der Alkohol und die beruhigende Wirkung der Passionsblume schläfrig. Er hatte den Schlaf bitter nötig, und er schlief tief und traumlos.
* * *
Der Mond ging auf und erhellte den Hof vom Haus bis zu dem Schuppen, in dem Caleb schlief. Ginny ging leise, um die Hühner nicht zu wecken. Sie trug den Weidenkorb in den Armen. Als sie die Tür zum Schuppen öffnete, quietschte sie. Lauschend blieb sie stehen, aber Caleb rührte sich nicht. In ihrem Gebräu waren noch mehr Zutaten gewesen, nicht nur Alkohol und Maypop.
Sie musste es tun. Sie wusste, was diese schwarzen
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