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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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lieber
diese väterliche und gleichzeitig partnerschaftliche Liebe zu ihm,
als sie möglicherweise mit einem groben Akt zu mindern. Doch meine
Verehrung für ihn bleibt und als er meinen hilfesuchenden Blick
erkennt, ergreift er meine Hand und sagt
    „Vergiss
die anderen einfach, sie sind gar nicht hier. Lass dich nicht unnötig
von ihnen nervös machen. Sie sichern nur, dass alles nach festen
Regeln abläuft…”.
    „Gebrochene
Regeln und geltende Ausnahmen.”, er sieht mich leicht irritiert an.
Ich erkenne deutlich, wie seine Mundwinkel flüchtig zucken und höre,
wie er meinen Duft durch seine Nase einsaugt. Doch ansonsten wirkt er
vollkommen beherrscht. Ich weiß, dass er seit mehreren Nächten auf
Blut verzichtet, um sich mir heute Nacht ganz widmen zu können.
Sicher kostet es ihn Kraft, sich noch so mit mir zu unterhalten.
    „Was?”,
fragt er nur. Ich antworte erklärend
    „Das
hast du gesagt, als du mich das erste Mal in dein Büro in die
Kanzlei bestellt hattest. Dass du mich in eine Welt holst, mit
gebrochenen Regeln und geltenden Ausnahmen.“. Er lächelt kurz,
überlegt und sagt
    „Ja,
das klingt nach mir. Aber jetzt versuche dich etwas zu beruhigen,
Melville, dein Puls ist sehr schnell.”. Ich blicke noch einmal kurz
zur Seite und erkenne auch die leichte Blutgier in den Augen der
Frau, die in einiger Entfernung sitzt.
    Oh
Gott, gleich sterbe ich!
    Da
spüre ich, wie Benedict meinen Kopf wieder zu sich dreht und, wohl
um mich abzulenken, seine Lippen plötzlich vollkommen unerwartet auf
die meinen presst. Ich schließe die Augen und wirklich vergesse ich
alle Anwesenden, konzentriere mich nur auf ihn, seine Zuneigung,
seine Liebe. Ich spüre wie er eine Hand unter meinen Nacken schiebt
und mich in einer leicht seitlichen Haltung fixiert. Seine Lippen
lösen sich zaghaft und ich sehe, wie nach und nach seine Eckzähne
emporbrechen. Ich fühle wie mich seine Anwesenheit beginnt
einzulullen und wie aus Benedict langsam der blutsaugende Vampir
wird. Ich höre ihn laut aushauchen, als er beginnt an meiner Wange
entlang, immer dicht an meiner Haut, nach unten zu wandern. Ich halte
ihn fest umarmt und lasse es zu. Ich fühle seine Gier, sein
Verlangen und dennoch beißt er nicht direkt zu. Ich bin mir nicht
sicher, ob er mir Zeit geben möchte, mich darauf einzustellen oder
ob er nur seine eigene Vorfreude noch etwas hinauszögert.
    Dann
fühle ich, wie seine scharfen Zähne meine Haut durchbohren,
anfänglich immer ein kaum erträglicher Schmerz, der aber stets
schnell von dem Sog und dem lieblichen Gefühl des Trinkens überrannt
wird. Doch diesmal wird Benedict nicht Halt machen. Ich fühle, wie
er kräftiger als gewöhnlich meinen Lebenssaft aus meinen Adern
herauszieht und schnell setzt das Schwindelgefühl ein. Ich höre,
wie er stöhnt und fast schon tierhaft seiner Aufgabe nachkommt,
während ich merke, wie meine Fingerspitzen taub werden, meine Beine
kalt und ich meine Augen vor Erschöpfung schließen muss. Ich lasse
meine Arme langsam sinken und es fühlt sich an wie eine beginnende
Schläfrigkeit. Meine Gliedmaßen kribbeln bereits und ohne es
überhaupt verhindern zu können, spüre ich, wie sich Benedict
tiefer mit seinen Reißzähnen in mein Fleisch gräbt. Er will alles.
Und ich fühle, wie mein Herz kläglich versucht dagegen anzupumpen,
doch es findet sich kaum noch etwas in mir, dass sich pumpen lässt.
Mein letzter Atemzug und dann bin ich fort.
    Absolute
Leere, kein Gefühl, keine Notwendigkeit zu fühlen. Es ist kalt und
gleichzeitig auch wieder nicht. Es ist einsam und dennoch fühle ich
mich nicht allein. Ewige Stille.
    Ich
bin tot.

    Mit
einem Schrei reiße ich mich von der Liege hoch. Dieser Schmerz,
dieser alles mit sich reißende Schmerz! Meine Augen brennen, meine
Haut fühlt sich an, als ob sie an allen möglichen Stellen bricht.
Meine Lungen, kalt wie Eis, scheinen unter meinen schnellen,
panischen Atemzügen zu bersten. Dann folgen die Krämpfe und ich
merke nur ganz weit entfernt, wie ich festgehalten werde. Ich rolle
mich zur Seite, Galle fließt mir aus dem Mund, würgend und
verzweifelt erliege ich dieser unsäglichen Pein. Ich bin nicht ich
selbst, bin nur ein reflexgesteuerter Leib, der auf diese Schmerzen
reagiert und versucht nicht daran zu zerbrechen. Funken sprühen vor
meinem inneren Auge, es rauscht und lärmt in meinen Ohren und mich
beschleicht die Panik, dass sich dieser Zustand womöglich nie ändern
wird. Und für einen kurzen Augenblick wünsche ich

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