Melville
dir, Melville Conelly Lancaster, das Aufenthalts- und
Jagdrecht innerhalb Londons. Ich hoffe, dass du die Traditionen
vollkommen verinnerlicht hast und stets nach diesen Prämissen leben
wirst.”.
„Das
werde ich, geehrte Prinzregentin.”.
„Mr
Cansworth, ich gehe davon aus, dass Sie weiterhin für seine
Erziehung zuständig sind?”. Da sie das Wort wieder an Benedict
richtet, begebe ich mich wieder auf die Knie und höre beiden
aufmerksam zu.
„Jawohl,
das bin ich, Ms Youngfield.”.
„Dann
bin ich überzeugt, dass er gut erzogen und uns keine Sorgen bereiten
wird. Sie können nun gehen.”. Er verbeugt sich wieder, dreht sich
herum und geht Richtung Ausgang. Schnell erhebe ich mich und folge
ihm mit gebührendem Abstand. Ich höre nur noch, wie sie einem ihrer
Angestellten befiehlt
„Teilen
Sie Mr Matherson mit, dass er die Akte von Mr Lancaster abändern
kann. Er ist nun offiziell geduldet.”. Ein kleines Lächeln huscht
über meine Lippen. Ich habe diese Bewährungsprobe wohl bestanden.
Und ich weiß auch, dass Benedict direkt im Anschluss die nächste
Premiere mit mir feiern möchte. Meine erste Jagd. Das Recht dazu
habe ich gerade eben erworben. Ich spüre ein inneres Kribbeln, ein
Verlangen, das mich noch zusätzlich anspornt mich endlich diesem
Bereich meiner neuen Natur zu widmen.
„Ich
bin stolz auf dich, Melville. Du hast dir keinen Fehler erlaubt.“,
sagt Benedict zu mir, als sich die Fahrstuhltür wieder schließt.
Wir waren keine zehn Minuten in dieser Etage des Elysiums, ich kann
mir vorstellen, dass Ms Youngfields Zeit allgemein knapp bemessen
ist. So bleiben für die administrativen Pflichten nur ein enger
Zeitrahmen.
„Danke,
Benedict... und ich danke dir auch, dass deine Erziehung so
vorbildlich ist. Ich denke, dass nicht alle Kinder der Domäne das
Glück haben, so gut vorbereitet zu werden.”.
„Da
hast du durchaus Recht. Es gibt nicht wenige, die immer wieder an der
Etikette und den Verhaltenskodizes scheitern. Doch das trifft
natürlich nicht auf unseren Clan zu.”. Wir nicken uns beide
wissend zu, dass wir einer Kaste angehören, die dazu bestimmt ist,
sich in dieser Umgebung wohlzufühlen.
Ich
steige in den Wagen und bin gespannt, wie ich wohl die Jagd erlernen
werde. Gerade für uns Ventrue ist es wichtig, sich schnell mit
unserer Beute zu beschäftigen, um möglichst frühzeitig zu wissen,
welche Art Mensch in Frage kommt und welche nicht. Und zwar, bevor
der Durst wieder einsetzt. Der erste, alles verzehrende Durst direkt
nach der Zeugung verzeiht noch Abweichungen von dem eigentlich
Geschmack des Kainiten, doch danach müssen wir uns an das Schema
halten. Ob wir es wollen oder nicht.
„Wir
fahren jetzt in die Innenstadt, Melville. Leicester Square,
Piccadilly Circus, dorthin, wo viele Menschen und auch Touristen
sind. Wir werden gemeinsam aufmerksam sein und wenn du jemanden
erblickst, der dich anlockt, dein inneres Wesen verführt, sag es
mir. Du wirst nichts tun, außer ich gestatte es dir. Wir wollen auf
alle Fälle vermeiden, dass du wie ein Triebtäter über deine Beute
herfällst. Ich werde dir beibringen vorsichtig und unauffällig zu
sein.”.
„Ja,
Benedict.“ und deutlich schwingt ein erregter Unterton in meiner
Stimme mit, der selbst Benedict etwas aufhorchen lässt.
„Du
wirkst nicht gerade verängstigt bei dem Gedanken gleich deine Zähne
in einen unschuldigen Menschen zu stoßen. Es ist sicher von Vorteil,
aber hast du keinerlei Zweifel?”. Und selbst wenn ich damit
Benedict sicher etwas vor den Kopf stoße, antworte ich
wahrheitsgetreu
„Ganz
und gar nicht.“ und ein flüchtiges Grinsen überzieht kurz mein
Gesicht. Er betrachtet mich aufmerksam.
„Ich
habe dich zu diesem Thema anders eingeschätzt. Mir jedenfalls fiel
es damals schwer.”.
„Dürfte
ich fragen, wie lange dieses ‘damals’ her ist?”.
„Sagen
wir es so, auf meinem Nachttisch hatte ich die Erstausgabe von Wells
‚Die Zeitmaschine‘ liegen.”. Ich sehe
ihn an, nicht ganz sicher, um welches Jahrzehnt es sich handeln
könnte. Es muss Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts gewesen sein,
als dieser Roman veröffentlicht wurde. Damit könnte Benedict an die
hundertfünfzig Jahre alt sein. Ist das jetzt viel für einen Vampir?
Ich weiß es nicht.
„Wie
alt werden wir Kainiten im Schnitt denn?“, frage ich deshalb
vorsichtig nach.
„Wenn
kriegerische Zeiten herrschen, sind es bedeutend weniger hohe Zahlen,
Melville. Aber wenn es friedlich ist, sind durchaus mehrere
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