Melville
sagt
dann
„Ich
weiß, Melville, und dann hast du die gesamte Londoner Domäne
geopfert.“ und lächelt wieder. Ich betrachte sie nur, ihre
anmutige Haltung, ihren Augenaufschlag. Sie fragt dann weiter
„Hast
du dich in Frankfurt eingelebt?”, ich sehe sie etwas irritiert an.
„Ja,
so ziemlich.”.
„Ja,
ich weiß, kein Ort ist so wie die Heimatdiözese.“.
„Wie
die was?”.
„Ich
glaube, bei euch nennt man es Domäne. Du musst noch viel lernen,
Melville.”. Ich betrachte sie kurz fragend.
„Lernen,
warum?”.
„Naja,
du willst dich doch nicht mit mir unterhalten und mich nicht richtig
verstehen, oder?“, antwortet sie mit erhobenen Augenbrauen. Ich
schweige erst und sage schließlich
„Ich
gehe mal nach dem Kopierer sehen.”. Ich erhebe mich und warte die
letzten Minuten vor dem Kopierer stehend ab.
Wenn
du ihr das gibst, bist du ein Verräter!
Wieder einmal.
Ich
wische die Bedenken beiseite und gehe mit dem Stapel, verpackt in
einem Ordner, in der Hand nach unten. Sie steht im Flur und wartet
bereits. Ich bleibe vor ihr stehen.
„Was
bekomme ich dafür, dass ich Ihnen meine Unterlagen einfach so
aushändige?“, frage ich sie herausfordernd und dann passiert
etwas, dass mir so vorher noch nie wiederfahren ist. Sie blickt mich
wütend an und ich spüre, wie das Tier, die Bestie in mir sich vor
ihr duckt. Wie ich mich vor ihr verbeuge und ihre Führung anerkenne.
Langsam reiche ich den Ordner in ihre Richtung und flüstere
„Verzeihung.”.
Sie lächelt wieder milde.
„Nicht
schlimm, Melville, widersetze dich mir nur nie wieder!”. Ich nicke
und zucke dann kurz zusammen, als die Stimme in meinem Kopf wieder zu
mir spricht.
„Was
tust du da, Melville? Wer ist diese Frau?“.
Verschwinde,
nicht jetzt!
Sie
sieht mich kurz etwas abgelenkt an.
„Ich
verstehe... Damenbesuch. Sehr schön. Ich bin gespannt, welche
Schandtat du nun schon wieder vorhast.“.
Schnauze!
„Es
tut mir leid, Melville. Ich muss gehen. Bis dann.“, sagt sie, nimmt
meine Kopien und verlässt direkt mein Haus. Fast schmerzt mich ihr
kurzer Abschied ein wenig.
„Schade.
Ich hatte mich schon gefreut.”.
Und
ich erst.
Analyse
„Hast
du etwas heraus gefunden, Katharina?“, frage ich sie. Wir sitzen
zwei Abende später wieder in unserem Seminarraum zusammen. Katharina
hatte sich mehr Zeit erbeten.
„Oh
ja. Das habe ich.”, wir blicken alle gespannt zu ihr. Sie legt ihr
Tablet auf den Tisch, um uns ihre Aussagen mit Daten zu vermitteln.
„Anscheinend
wurden alle Frankfurter und Offenbacher Opfer mit dieser
Sanitäter-Verkleidung abgeholt. Jedenfalls waren es keine
offiziellen Einsätze, denn keine Notrufe oder Fahrten wurden zu
unseren möglichen Tatzeiten im Umkreis durchgeführt. Weder vom DRK
noch von den anderen.“, Laura lächelt dabei die ganze Zeit stolz,
ihre Vision hatte sich als möglicher Durchbruch, auf jeden Fall als
wichtiger Hinweis, erwiesen.
„Hast
du vielleicht mögliche Aufenthaltsorte der Täter oder
Rückzugsgebiete? Das Fahrzeug eventuell?“.
„Nein,
leider nicht. Dafür war die Beschreibung nicht deutlich genug.”.
„Sie
war aber trotzdem wichtig!“, wirft Laura ein.
„Ja,
natürlich, das war sie.“, sage ich zustimmend und ohne
zwiegespaltene Zunge.
„Sehr
gut, Katharina. Gibt es eine Chance herauszufinden, wie die Opfer in
den anderen zwei Domänen geholt wurden? Eventuell ein
Bestattungsunternehmen oder Polizisten?”.
„Ich
werde mich schlau machen, aber ohne die Hilfe von Lauras Visionen hab
ich es da schwer.”. Und Laura grinst über das ganze Gesicht.
Brav,
sitz!
„Ich
habe auch noch eine Anmerkung, eine Idee, die ich während der
Ernennung meines Küken hatte.”, sage ich und Noah hebt
bedeutungsschwer die Augenlider.
„Ein
Grund, warum unsere Opfer nicht älter als drei Jahre, aber auch
nicht bedeutend jünger sind, könnte sein, dass unsere Täter Zugang
zu Daten, auf die sonst nur der Senegal Zugriff hat, gehabt haben
oder immer noch haben.”. Noah sieht mich leicht überfordert an,
nachdenkend. Alex nickt.
„Ja,
das könnte sein.“.
„Ein
Datensatz von damaligen Ernennungen enthält sicher Namen, Wohnort
und gleichzeitig auch den Status ‚Vampir‘ als Information für
die Jäger.”, antworte ich.
„Jäger?”,
fragt Laura laut.
„Sicher,
Melville? Ich meine, sind das nicht nur so Inquisitionstypen aus der
Vergangenheit?“, geht Katharina auch mit darauf ein und Laura fängt
an zu kichern.
„Ja,
ich bin mir ziemlich sicher.“,
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