Melville
ohne mich zu
kontrollieren oder zu bremsen. Zwei Menschen sterben durch mich heute
Nacht. Die erste Frau mehr durch Ausversehen, trinke ich doch von der
Zweiten mit Absicht so viel, dass sich ihre Augen für immer
schließen. Und ich fühle mich gut, finde es gerecht, dafür, was
ich heute mit Frau Mühlbach ertragen musste. Meine Karriere und mein
Ruf, Schall und Rauch.
Das erste Mal nicht einsam
Die
Nächte sind vergangen. Mein Klüngel toleriert mich zwar, aber das
Vertrauen ist gebrochen. Doch was habe ich anderes erwartet? Das
Verhältnis zu Frau Mühlbach ist mehr als eisig und Liams
Beziehungen scheinen schon weiter zu reichen als ich dachte. Doch was
mich viel mehr beschäftigt, werde ich ‚sie‘ wiedersehen? Seit
Nächten schon treibt mich die Sorge, dass ich sie womöglich nie
wieder sehen könnte. Das sie wirklich nur meine Unterlagen wollte
und das war es. Und dann würde ich ihre zarte Stimme und ihr
engelsgleiches Antlitz nur noch aus meiner Erinnerung wahrnehmen
können. Bereits die dritte Nacht in Folge, seit dem Erlebnis mit
Frau Mühlbach, liege ich mehrere Stunden vor der eigentlichen
Ruhezeit im Bett, schweige und denke nach.
Ich
liege auf der Seite, habe die Augen geschlossen und spüre einfach
nur, wie die Zeit vorüber geht. Ich bin vielen Dingen so überdrüssig
und gleichzeitig auf der Suche nach Unerfüllbarem. Ich bin mir
selbst uneinig, was ich eigentlich will und was ich bereit bin dafür
zu tun.
Da
erhasche ich kurz den Duft ihres Parfums, ich erschrecke erst,
behalte die Augen aber geschlossen. Ich merke, wie sich neben mir das
Gewicht im Bett erhöht, sich die Matratze ein wenig bewegt und sich
die Bettdecke etwas erhebt. Tausend Gedanken schießen mir durch den
Kopf und keiner dient meinem vielleicht notwendigen Schutz vor ihr.
Ich spüre sofort diese Wärme, die sich um meine Seele schmiegt.
Sacht legt sie eine Hand an meinen Rücken und beginnt mich zu
berühren. Ich zucke kaum merklich, aber ich bin mir nicht sicher, ob
sie es nicht doch bemerkt hat.
„Bist
du einsam, Melville?”.
„Ist
das so offensichtlich?”.
„Ja.”,
bekomme ich nur als Antwort. Ich spüre, wie sich ihre Hand fester an
meinen Rücken legt, ich bewege mich nicht, ich bin einfach nur hier,
mit ihr. Ein kurzes Schweigen, ihre Hände bewegen sich über mein
T-Shirt, berühren mich wie vertraut.
„Sie
wissen, dass Sie mich streicheln, oder?”.
„Ja,
das weiß ich. Noch bestimme ich, was ich tue und was nicht. Aber
irritiert dich das so sehr, dass du mich danach fragen musst?”, sie
legt die Hand an meine linke Schulter, aber hört auf mich zu
streicheln.
„Bitte
nicht aufhören... bitte...”, strömt es nur aus mir heraus. Ich
höre ihr Schmunzeln förmlich, sehe sie aber nicht an. Dann setzt
sie ihr Streicheln fort.
„Nur,
wenn du mir ein paar Fragen beantwortest, Melville?”.
„Zu
dem Fall?”.
„Nein,
der ist langweilig. Ich mach das auch nur, weil ich es muss. Ich habe
viel mehr Fragen zu dir, Melville. Deine Lebensgeschichte ist äußerst
eindrucksvoll zu lesen.”.
„Ja,
und vor allem kurz.“, sage ich etwas verbittert.
„Warum
plötzlich so schlecht gelaunt?”.
„Ich
habe immer wieder das Gefühl, dass ich aufgrund meines jungen Alters
Probleme habe. Künstliche Barrieren, die mir alles schwerer
machen.”.
„Aber,
Melville, lass dir doch nichts vormachen. Du bist vielleicht jung,
aber du hast schon so viel erlebt. Deine interne Camarilla Akte und
der Bericht von Alfred aus London sind wie große Abenteuerromane und
ich habe sie gerne gelesen.”.
„Warum
wollen Sie mir dann überhaupt noch Fragen stellen, wenn Sie alles
doch schon aus sicheren Quellen haben?”.
„Na,
nicht beleidigt sein, Melville. Ich muss mich doch vorher
informieren, doch jetzt will ich Details.”.
Ich
seufze leise, gerne spreche ich über London jetzt nicht, eigentlich
nie.
„Du
warst ja mit dem feindlichen Lasombra fast befreundet. Ist das nicht,
gerade für einen Ventrue, eine frevlerische Sünde?“.
„Mir
sagt dieser ganze Ventrue-Lasombra Zwist nichts. Ich weiß davon,
aber mein Erzeuger hat es mich nicht gelehrt und verstanden habe ich
es auch nicht recht. Es macht keinen Unterschied, ob er Lasombra war
oder nicht. Nur dass er vom Sabbat war, war etwas heikel.”.
Wieder
schweigen wir beide. Ich spüre, wie ihre weichen Fingerkuppen meine
Schulterblätter umspielen. Fühle das kalte Leder ihrer Handschuhe.
„Wie
lange warst du Ghul?”.
Und
ohne groß zu überlegen, ob ich
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