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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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schließlich in das Finale
unserer Emotionen zu folgen. Und kurz scheinen wir beide in einem
Zustand der Zeitlosigkeit zu schweben, für immer vereint.
    Sie
lächelt mich an, während sie von mir steigt.
    „Vielen
Dank, Herr Ventrue, es ist immer wieder schön Sie zu benutzen!”,
sagt sie mit einer wohlig klingenden Stimme. Ich lache kurz leise auf
über ihre Worte und antworte
    „Dieser
Ventrue ist zu jeglichen Schandtaten der Lasombra bereit. Ihr müsst
es nur einfordern.“.
    „Das
merke ich mir.“, sagt sie darauf lächelnd und küsst mich noch
einmal. Dies ist wohl mein persönliches Paradies und nichts würde
mich vom Gegenteil überzeugen können.

Unterricht

    Der
Fahrer hält in einer Straße sanierter Altbauwohnungen im Nordwesten
von Frankfurt. Ein etwa vierstöckiges Gebäude, eher unscheinbar. Es
regnet, es ist kalt und die ganze Umgebung macht auf mich einen
weniger einladenden Eindruck. Schnell steige ich aus und laufe zum
Hauseingang. Kaum eine Menschenseele ist auf der Straße, was nicht
wenig verwunderlich ist. ‘Alexej Suchanow’ lautet der Name meines
neuen Mentors und ich bin schon wirklich gespannt darauf, wie er mich
durch diesen Prozess leiten wird. Mein neues Leben scheint geprägt
zu sein von osteuropäischen Individuen. Sein Name steht nicht auf
den Klingelschildern, aber ich bin instruiert, dass er ein Pseudonym
verwendet und zwar ein nicht sehr kreatives. So kommt es, dass ich
bei ‘Schmitt’ klingele und hoffe, dass er mir auch die Tür
öffnet. Aber warum sollte er auch nicht, wir sind terminlich
verabredet. Sophia möchte mich nicht begleiten, da ich vollkommen
frei von allen äußeren Eindrücken meinen Lehrer kennenlernen soll,
wahrscheinlich hat sie Recht damit.
    Keine
Stimme fragt nach, nur das Summen des Türöffners ist zu hören. Ich
drücke die Tür auf und gehe hinein. Es riecht, ja, es riecht alt in
dem Hausflur. Das schwere Holz des Treppengeländers, die
schwarz-weißen Kacheln am Boden, der alte Käfigfahrstuhl. Dieses
Haus scheint die Angriffe des zweiten Weltkrieges gut überstanden zu
haben oder die Restauratoren waren besonders gut. Trotz des
Fahrstuhls nehme ich lieber die Treppen in den dritten Stock. Ich
werde schon nicht außer Atem sein, wenn ich vor seiner Tür ankomme.
Als ich auf seiner Etage bin, gibt es nur zwei Türen die zu
separaten Wohnungen gehören, doch keine der beiden Türen ist offen.
Eine Türklingel ist gänzlich ohne Namen und auf der anderen steht
nicht ‘Schmitt’, also entscheide ich mich für die Unmarkierte.
Ich kontrolliere erst den akkuraten Sitz meines Anzuges, nehme den
Mantel ab und versuche möglichst die Regentropfen auf meinen
Lederschuhen zu entfernen. Dann klopfe ich laut und eindringlich.
Niemand antwortet. Ich klopfe erneut, dann endlich höre ich die
Schritte hinter der Tür.
    Die
Tür öffnet sich und ein etwa siebzehnjähriger junger Mann, der mir
kaum zur Brust geht, öffnet die Tür.
    „Ja
bitte?”, fragt er mich mit wachen Augen.
    Durch
meine Überraschung muss ich mich erst wieder sammeln. Hatte ich die
falsche Adresse?
    „Mein
Name ist Melville Lancaster, ich habe einen Termin mit Herrn Alexej
Suchanow, ist er im Haus?”. Der junge Mann beginnt zu lächeln.
    „Gut,
Melville, die förmliche Anrede und selbstsicheres Klopfen an die Tür
beherrschst du schon mal. Komm herein.”. Er deutet mir mit einer
Handbewegung, dass ich eintreten soll. Er ist anscheinend Alexej.
    Aber
er ist so jung!
    Kein
Akzent umspielt seine Worte, so wie es bei Elina und Sergej ein wenig
der Fall ist. Seine Art zu reden ist vollkommen neutral und dadurch
auch schon fast wieder markant. Ich trete ein, er nimmt mir den
Mantel ab und hängt ihn in die Garderobe. Für einen zeitlich
begrenzten Aufenthalt macht seine Wohnung einen erstaunlich bewohnten
und stilistisch ausgefeilten Eindruck. Ich sehe mich etwas um,
kontrolliere den Sitz meiner Haare im Flurspiegel und gehe weiter in
das Wohnzimmer.
    „Setze
dich doch direkt auf den Stuhl.”, sagt er und zeigt auf einen etwas
unbequem anmutenden Holzstuhl in der Mitte des Raumes. Ich sehe ihn
erst kurz an, doch sein Gesichtsausdruck ist ernst. Also öffne ich
den Knopf des Sakkos, raffe etwas meine Stoffhose und setze mich auf
die Holzfläche. Ich sehe ihm offensiv in das Gesicht und warte auf
weitere Anweisungen von seiner Seite. So wie es Benedict vor ihm mit
mir tat und davor meine Lehrer und mein Vater. Es läuft ja, im
Grunde genommen, immer auf die gleichen Spielregeln hinaus,

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