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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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camarillatypischer Ventrue. Seine Schuld Sophia
gegenüber muss wirklich erdrückend sein, wenn er trotz seiner
Ansichten seine Zeit für mich opfert. Es ist anstrengend. Und es
kostet mich jede Nacht aufs Neue Überwindung mich zu ihm zu begeben.
Aber was bleibt mir anderes übrig?

Der erste Versuch
     
    Etwa beim zwanzigsten Treffen offenbart mir Alexej beim Eintreten in seine Wohnung ganz nebenbei, dass heute mein Wechsel stattfinden wird. Ich sehe ihn verständnislos und überrascht an.
    „Heute? Einfach so? Sollte ich dafür nicht irgendwie vorbereitet werden?”.
    „Du hast ganz schön hohe Ansprüche, Melville. Was erwartest du? Eine Lobrede und Blumen? Ich muss dich enttäuschen, im Grunde musst du da einfach alleine durch. Ich leite dich nur in den Prozess. Was und wie es passiert entscheidet dann dein kleiner Verstand allein. Also komm, ich habe bereits alles vorbereitet!”. Er führt mich wieder in das Wohnzimmer. Doch dort, wo anfangs dieser lästige Holzstuhl stand, liegen jetzt Decken und Tücher. Der Tisch ist beiseite geräumt und ich erkenne mehrere Blutbeutel und Schalen mit seltsamen Zutaten am Boden stehen. Wieder eines dieser Rituale! Ich bin es langsam leid.
     
    „Zieh deine Jacke aus, leg dich hin!”, befiehlt er mir. Ich seufze, tue es aber. Aber ich kann absolut nicht verstehen, wie solch ein stümperhaft wirkender Vorgang meinen Werdegang effektiv beeinflussen soll. Er geht neben mir in die Hocke, nimmt einen Blutbeutel und gießt etwas von seinem Inhalt in einen Kelch. Ich beobachte genau was er tut. Anschließend nimmt er eine Schale und gibt einige Kristalle, für mich sehen sie aus wie Rubine, in das Blut und vermengt beide Stoffe gewissenhaft.
    „Du musst dich darauf einlassen, Melville, folge einfach deinem Geist. Er wird dich führen und verführen. Sei standhaft und erinnere dich an deine eigenen Worte der letzten Wochen. Ich werde hier bleiben und auf deinen Körper achten. Trink!“ und er reicht mir den Kelch. Instinktiv rieche ich zuerst an dem Inhalt. Wie erwartet, Kainitenblut. Er lächelt kurz finster bei meinen Vorsichtsmaßnahmen.
    Ja, ja, ich weiß. Ventrue und ihre Schwäche!
    Und mit einer schnellen Bewegung stürze ich das dickflüssige Nass herunter, fühle noch etwas die sich auflösenden Kristalle, wie sie an meinem Gaumen kleben. Es passiert erst einmal nichts, was mich nach meinen letzten Erlebnissen wirklich überrascht. Er nimmt mir den Kelch aus der Hand und drückt meinen Oberkörper zu Boden. Ich leiste keinen Widerstand, ich fühle mich beschwingt, befreit. Fühle langsam, wie der eiserne Griff meiner Bestie von meinem Herzen ablässt und meine Gedanken wieder freier kreisen. Ich lächle kurz, da haut es mich um. Ich höre noch sein leises Kichern, als sich alles um mich herum anfängt zu drehen. Ich bin froh, dass ich liege, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht gleich auf dem Boden rutschend an die Wand stoßen werde. Kein oben und kein unten, ich hebe die Arme, ich muss mich festhalten. Jemand, sicher Alexej, drückt sie wieder herunter. Ich will etwas sagen, doch meine Zunge ist bleiern, die Worte schwer. Einige Silben finden ihren Weg, doch meine eigenen Ohren hören sie nicht.
    Und dann nichts, Finsternis. Ich erkenne diesen Zustand wieder, fühle das Nichts so deutlich und kalt auf meiner Seele, panisch und körperlos weiß ich genau, welche Wahrnehmung das ist. Das letzte Mal lag ich dabei auf einer Liege im Ventrue-Clanshaus in London und Benedict hatte mir kurz zuvor sämtliches Blut aus dem Körper geraubt.
     
    „Du musst sie alle töten, Melville!”, beginne ich selbst zu fauchen. Das ist nicht meine Stimme, aber mein Mund, der in diese Finsternis hineingeifert.
    „Alle... kein Mitleid, keine Angst... du entscheidest über Leben und Tod... so magst du es doch, Melville...“ und ein manisches Lachen tief aus meinem Dasein folgt diesen Worten.
    Ja... alle...
    Dann erkenne ich das erste Gesicht. Frau Marquardt, meine ehemalige Primogenin in Frankfurt. Sie kniet am Boden, die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Ich erkenne, dass sie mich sehen kann. Sie redet und redet, doch ich höre keine Worte. Da spüre ich die große, metallene Nadel in meiner Hand. Ein grober Faden durch die Öse führend ahne ich, was ich tun soll.
    „Bring die Schlampe zum Schweigen, Melville!”. Ich gehe auf sie zu, sie weicht zurück. Fest packe ich ihr Kinn, sie ist erstaunlich schwach... oder ich nur besonders stark. Sie hört einfach nicht auf zu

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