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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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dem zwölften Glas. Innerhalb kürzester Zeit
habe ich meinem Körper einen Alkoholpegel zugeführt, wie ich über
die gesamten letzten Jahre nicht getrunken habe. Meine Schultern
hängen schwer durch und ich weiß, ich muss mich beeilen, denn der
größte Feind ist jetzt die Zeit. Die Zeit, die der Alkohol braucht,
um meinen Verstand zu benebeln. Mit einem leichten Schauer ertrage
ich das zwölfte Glas, doch stelle es eher langsam zurück. Dann sehe
ich wie Farold das erste Mal aufstößt, er ist also wenigstens nicht
immun. Ein breites und leicht schiefes Grinsen legt sich auf mein
Gesicht, während ich ihn bei seinem Zug beobachte. Seine Kumpane
jubeln ihm zu, feuern ihn an.
    Meine
Augenlider werden ganz schwer und ich beginne mich mit meinen
Ellenbogen nach vorne auf die Knie zu stützen. Und mit einer
schnellen Bewegung leere ich das dreizehnte Glas. Etwa fünf Gläser
mehr als gut für mich gewesen wären.
    Als
ich das siebzehnte Glas ganz langsam erhebe und den Inhalt betrachte,
höre ich ihn selbst mit leicht müder Zunge sagen
    „Lass
es gut sein, Melville, das ist nichts für dich.“ und nicht ganz
selbst sicher, was ich eigentlich sage, antworte ich
    „Mein...
mein Kontra... Kontrahent sagt mir nicht, wann ich aufhören soll.”.
    „So
ist es!”, höre ich Gregori grölen und er hilft mir das Glas an
die Lippen zu legen. Ich spüre wie mir auch andere auf die Schulter
klopfen, obwohl mir die Erschütterungen eher noch mehr zu schaffen
machen, meinen sie es sicher nur gut.

    Ich
halte das letzte, das zwanzigste Glas in der Hand... bereits viel zu
lange. Farold grinst mich an, er selbst sitzt noch relativ aufrecht
auf seinem Stuhl. Verdammt, er scheint den Alkohol irgendwie zu
neutralisieren. Ich blicke mich kurz um, sehe Gregoris verschobenes
Gesicht und einen vielbewegten Hintergrund in meinen Augenwinkeln.
Meine Sinne funken falsche Signale und ich bekomme das Gesehene nicht
mehr in einen klaren Zusammenhang. Dann fasse ich meinen Mut
zusammen, reiße meinen Kopf in den Nacken und fühle das Nass durch
meine Kehle rinnen. Aber irgendetwas stimmt auch mit der Schwerkraft
nicht, denn es wirft mich plötzlich energisch nach hinten. Der Stuhl
kommt ins Wanken und ich knalle mit brausendem Gejohle hart auf den
Boden auf. Ich bin nicht ohnmächtig und als ich Gregoris Hand
prüfend auf meinen Wangen aufschlagen spüre, fange ich laut und
hemmungslos an zu lachen. Es war einfach zu komisch. Ich höre noch,
wie er ruft
    „Alles
in Ordnung, er prüft nur die Arbeit des Putzpersonals.”. Dann
schlingt er sich einen Arm von mir um seine Schultern und klaubt mich
vom Boden auf. Was bei meiner Körpergröße auch nicht allzu einfach
für ihn ist. Aber es hilft ihm noch jemand und ich höre Farolds
tiefe Stimme. „Tapferer Kerl, andere hätten vor fünf Gläsern
schon das Handtuch geworfen. Aber vielleicht ist er auch einfach nur
unglaublich dumm.“ und dann wieder sein tiefes Lachen, das sich wie
ein Vorschlaghammer in mein Gehirn donnert. Trotzdem lache ich immer
weiter, unkontrollierbar und eigentlich grundlos.
    „Du
hascht gwonnn Faro...“, sage ich mit letzter Kraft, dann wird alles
dunkel um mich herum.

    Ich
komme zu mir und blinzele leicht, jemand legt ein kaltes Tuch an
meine Stirn. Ich erkenne Elina, auch wenn alles sehr grell und
überzeichnet erscheint.
    „Komm,
Melville, versuche dich zu konzentrieren. Es kostet dich doch nur
etwas Willenskraft den Alkohol mehr zu ignorieren. Männer! Ich werde
es nie verstehen...”. Die letzte Aussage war wohl weniger an mich
gerichtet, sondern an Gregori, der mit prüfendem Blick neben ihr
steht.
    „Genau.
Männer... das kannst du auch nicht verstehen ,Elina. Lass es damit
gut sein.”.
    Ich
versuche wirklich mich zusammenzureißen, doch ich brauche noch
einige Minuten. Dann spüre ich, wie langsam wieder etwas mehr
Kontrolle über meinen eigenen Körper möglich ist. Ich erhebe mich
leicht und sage
    „Ich
will tanzen.”. Gregori lacht.

    Den
Rest des Abends verbringe ich damit, ausgelassen zu tanzen, irgendwo
in dem ganzen Trubel habe ich mein Jackett und meine Krawatte
verloren. Und irgendwann muss ich auch entschieden haben, dass es
besser für mich ist ohne Schuhe zu tanzen. Ich habe einfach
grenzenlosen Spaß. Mir sind die jahrelang antrainierten
Verhaltensregeln egal und die Etikette kann mich quasi mal
kreuzweise. Ich liege lachend und singend mit vielen Leuten in den
Armen, die ich bis dahin nicht einmal gesehen habe.
    Meine
Stimme wird heiser,

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