Melville
von meinem Hemd befreit hat,
während ich ihr durch das Haar streiche. Wir sagen die ersten
Minuten beide kein Wort. Sie braucht die Ruhe und die Erholung. Ich
bin für sie da.
Dann,
in diese Stille hinein, fragt sie plötzlich
„Glaubst
du, ich bin eine gute Anführerin?”. Ich lasse meine Hand auf ihren
Rücken gleiten und frage zurück
„Hast
du denn Zweifel?”.
„Nein,
natürlich nicht...”. Es vergeht wieder etwas Zeit und dann fragt
sie wieder
„Glaubst
du es nun oder nicht?”. Sie erhebt sich und blickt sich zu mir um.
Die Träger ihres Oberteils sind auf einer Seite verrutscht und ihr
leicht verzweifeltes Gesicht lässt mich sie mit ganzer Herzenswärme
betrachten.
„Du
bist die geborene Anführerin. Ich wüsste niemanden, dem ich lieber
folgen möchte als dir. Du hast es verdient und du machst es ganz
wunderbar. Streng, gerecht und vorrausschauend wirst du uns in eine
glorreiche Zeit leiten.”. Ihre leicht verkrampfte Haltung weicht
einem zufriedenen Lächeln und sie lässt ihren Kopf wieder auf meine
Brust sinken. Mit etwas herausforderndem Ton merkt sie dann an
„Das
sagst du doch nur, weil du mich liebst.”.
„Ich
bin verliebt, aber kein Idiot. Und gleichzeitig kann ich dich nicht
anlügen... diese Option ist mir nicht gegeben, mein Herz.”. Sie
richtet sich auf und legt sich mit ihrer gesamten Körperlänge auf
mich, den Kopf auf ihre Hände gestützt, betrachtet sie mich
eingehend, bis ich sie frage
„Liebst
du mich denn auch?”. Anstatt gleich zu antworten, legt sie sanft
ihre Lippen auf die meinen, ich greife nach ihren Schultern und
stütze sie dabei. Leidenschaftliche Küsse, die mich meine Frage
fast vergessen und an andere Bedürfnisse denken lassen. Doch in
einer kurzen Pause antwortet sie gehaucht in mein Ohr
„Ich
liebe dich auch, Melville.”. Ich umschlinge sie mit meinen Armen
und rolle sie zur Seite, bis ich auf ihr liege und sie zufrieden
weiter küsse. Und müsste sie nicht in einigen Minuten dringende
Telefonate mit der Kardinälin und den anderen zwei Bischöfen
führen, würde ich sie jetzt nach allen Regeln der Kunst verführen.
Doch ihre Termine sind wichtiger, selbst wichtiger als unsere
Bedürfnisse.
Ich
spiele mit Gregori eine Partie Pool-Billard, während wir gemeinsam
die nächsten Termine planen. Ich muss meine Treffen mit den Menschen
mit seinen Plänen abgleichen, denn auf den Beistand von Gregori
möchte ich nicht verzichten. Und während er gerade dabei ist
haushoch zu gewinnen, stürmt Elina plötzlich in das Zimmer.
„Schnell,
Sophia möchte uns alle sprechen. Sie hat etwas Wichtiges zu sagen.”.
Wir lassen uns das nicht zweimal sagen, legen die Queues beiseite und
folgen Elina in unsere privaten Besprechungsräume. Dort sitzt Sergej
und nickt uns höflich zu, er ist halt kein Mann vieler Worte. Wir
setzen uns zu ihm, da betritt auch Sophia bereits den Raum. Es liegt
Anspannung in ihrem Gesicht und ich mache mir Sorgen, dass es
vielleicht schlechte Nachrichten sein könnten. Sie stellt sich vor
uns, sieht uns alle eingehend an und sagt schließlich
„Ich
habe gerade mit Kardinälin Bolschakowa gesprochen und sie hatte
wirklich interessante Neuigkeiten. So wie es aussieht, wird Herr
Augustus Bischof von Frankfurt bleiben und Herr Maiblatt Bischof von
Offenbach werden.”. Die Stimmung ist gedrückt. Wurde Sophia am
Ende doch übergangen? Elina fragt zaghaft nach
„Und
du Sophia? Was ist mit dir?”.
„Kardinälin
Bolschakowa hat wohl größere Pläne mit dem Rhein-Main-Gebiet und
wird mich in drei Nächten zur Erzbischöfin dieses Gebietes
ernennen.”. Unsere Augen werden groß und deutlich erkenne ich ein
siegreiches Lächeln um Sophias Lippen spielen. Elina springt als
Erste auf und schreit
„Das
ist ja phantastisch. Sophia, Wahnsinn. Ich freue mich so sehr für
dich!“ und stürmt auf sie zu und umarmt Sophia. Wir anderen drei
erheben uns auch und langsam begreifen wir das Ausmaß der Worte und
welchen Statussprung Sophia mit diesen Sätzen umrissen hat. Wir
sehen uns grinsend an und gehen dann auch zu Sophia und überhäufen
sie mit Glückwünschen. Ich umarme sie ausgelassen, ebenso wie
Gregori, nur Sergej hält sich eher vornehm zurück.
„Welche
Aufgaben damit genau auf mich und damit auch auf euch zukommen
werden, wird sie mir nach der Ernennungszeremonie mitteilen. Aber ich
denke, es stehen wirklich außergewöhnlich Zeiten an.”, fügt
Sophia weiter an.
„Das
muss gefeiert werden.”, bemerkt Gregori, doch Sophia
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