Melville
meine Gliedmaßen schwer und es wird Zeit sich
langsam auf den Heimweg zu machen. Glücklich und erschöpft.
Die
beste Silvesternacht meines Daseins. Und meine Entscheidung vor vier
Monaten, Sophia zu folgen, war die für mich erfolgreichste Wendung
meines Lebens.
Menschen-Arbeit
Zwei
Wochen später beginnt endlich meine eigentliche Arbeit in der Welt
der Menschen. Sophia hat relativ klar zum Ausdruck gebracht, dass sie
von mir erwartet, dass die Wünsche des Sabbats in der
wirtschaftlichen und politischen Welt der Menschen durchgesetzt
werden. Es gibt zwar bereits Kainskinder auf unserer Seite, die sich
um diese Aufgabe kümmern, aber oft kommt es zu Problemen und
Hindernissen durch das gegenseitige Missverstehen der
Gesprächsparteien. Einige anvertraute Sethkinder haben sich unter
dem Einfluss der Sabbatkontakte so auffällig verhalten, dass die
Camarilla sie beseitigen ließ. Unser Vorgehen ist für Sophias
Geschmack momentan zu stümperhaft. Und sie kann sich sicher sein,
dass ich mich treu an ihre Forderungen halten werde. Sie wird sicher
bald alleinige Bischöfin oder sogar Erzbischöfin sein und dann wird
unser Rudel nur noch ihre Führungsposition unterstützen und keine
eigentlichen Rudelaufgaben für die Diözese mehr übernehmen.
Ich
beginne meine Arbeit mit den Studien der wichtigsten Vertreter
Frankfurts und Offenbachs. Die Bürgermeister, Polizeiführungskräfte,
Parteivorsitzende und andere Beamte in gehobenen Rängen. Ich erhalte
sämtliche Schriftstücke und Notizen meiner Vorgänger, die mit
meinem Antritt dieser Aufgabe ihrem Dienst enthoben sind. Es steht
mir frei, einen eigenen Stab an Mitarbeitern zu rekrutieren und meine
eigene Arbeitsgruppe, die Gregori scherzhaft als ‘Institution für
Menschenkunde’ betitelt, aufzubauen.
Um
Termine bei den ausgewählten Menschenzielen zu erhalten, ist mir
mein Ruf, den ich als Wirtschaftsmillionär die Jahre vorher in
Frankfurt aufgebaut habe, mehr als hilfreich. Ich deute den
Sekretärinnen an, mit denen ich es anfangs vermehrt zu tun habe,
dass ich vorhabe, groß in dem Bereich meiner Ziele zu investieren.
Als
erste Aufgabe möchte Sophia, dass ich ein Sozialbauprojekt in der
Nähe des Gemeindehauses unterbinde und stattdessen die Fläche für
ein von uns geführtes Trainingszentrum erwerbe. Es gilt also den
Leiter der Baubehörde, den Bürgermeister von Frankfurt und einige
mögliche Kritiker von Gegenparteien zu überzeugen.
Die
Termine stehen fest und dadurch, dass der erste abendliche Termin mit
dem Bürgermeister, Hr. Westermann, direkt in einem Restaurant mit
eigenem Séparée stattfinden soll, zeigt mir, wie offen er für
Einflüsse von außen ist. Auch wenn ihm sicher nur die Möglichkeit
eines gehobenen Bestechungsgeldes im Sinn steht. Und natürlich habe
ich nicht vor, auch nur einen Euro in die gierigen Rachen dieser
Menschen zu werfen.
Es
beginnt immer mit einem Händeschütteln, einigen höflichen Floskeln
und der Erkenntnis, dass ich sehr detailliert über die Arbeit meiner
Gesprächspartner informiert bin.
Gregori
ist zu diesen Terminen immer ganz in meiner Nähe und tarnt sich als
Besucher oder Passant, um im Notfall mit eingreifen zu können.
Seit
der Silvesterfeier ist zwischen Gregori und mir ein Band erwachsen,
das man durchaus als ausgeprägte Männerfreundschaft bezeichnen
kann. Ich vertraue ihm und er erkennt meine nötige Arbeit an. Um nie
wirklich aufzufallen, nimmt er dafür immer verschiedene Phänotypen
an, mal ist er ein kräftiger Farbiger, eine schwangere Frau oder
auch ein alter weißer Mann. Es ist schon erstaunlich, wie gut er
diese Disziplin beherrscht.
Zuerst
versuche ich durch einfache Fragen herauszufinden, ob mein Gegenüber
nicht bereits schon von der Camarilla oktroyiert wird. Und leider
muss ich gerade beim Leiter der Baubehörde feststellen, dass sein
Geist nicht frei von Einflüssen ist, die denen meiner entsprechen.
Und es ist niemals gut, von zwei Seiten an einem menschlichen
Verstand zu zerren, es könnte dadurch zu unerwarteten Entwicklungen
kommen, die uns missfallen könnten.
Ich
beschließe, dass er beseitigt werden muss und mache mir gar nicht
erst die Mühe, meine Mächte an ihm zu verschwenden. Nach nur
wenigen Minuten verabschiede ich mich bereits wieder von ihm und
lasse ihn irritiert zurück. Doch dafür ist mir der Bürgermeister
umso mehr gesonnen. Anscheinend ist er erst seit einigen Monaten im
Amt und noch nicht allzu sehr mit Meinesgleichen in Kontakt getreten.
Und da er eine
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