Melville
werde und weil, wenn gewisse Personen danach
verlangen, man auch nicht ablehnt.“, gibt sie mit Zähneknirschen
zu. Und immer mehr wird mir bewusst, dass mein Rudel oder sogar
Sophia allein, mich für so gefährdet und unselbstständig hält,
dass ich Extraschutz benötige. Und während ich meine Knie
betrachte, muss ich mir eingestehen, dass sie damit sogar Recht
hatte. Ich kaue vor Anspannung auf meiner Unterlippe, mein Blick
fällt auf die Uhr im Auto. Vielleicht noch vier Stunden bis mich der
Schlaf ereilt. Ich bin nicht gewillt in irgendeinem Außenposten zu
übertagen, doch das möchte ich ihr so natürlich nicht sagen.
Einige
Kilometer weiter biegt sie dann an einer Betriebsstättenausfahrt ab
und fährt auf ein kleines Gebäude zu. Schnell schaltet sie den
Motor aus und steigt aus. Sie geht erst zu dem Gebäude, bricht
geräuschvoll die Tür auf und kehrt dann zu mir zurück. Wieder muss
sie mich tragen und wieder merke ich, dass meine Beine knieabwärts
nur noch lose Anhängsel sind.
Im
Gebäude legt sie mich auf den Boden, so dass ich mich an der Wand
anlehnen kann. Sie verschließt die Tür dann wieder provisorisch und
ich betrachte derweil den einzelnen Raum. Eine Art Kontrollwarte mit
Schaltschränken und Überwachungspulten. Verloren blinken einige
Lämpchen in der Dunkelheit und leise surrt ein Transformator im
Hintergrund.
Sie
reicht mir ihr Handy und dankbar, endlich eine Möglichkeit zu haben,
nehme ich es entgegen. Ich zögere kurz und wähle schließlich die
Nummer von Gregori. Ihre Nummer ist ihm anscheinend unbekannt, denn
mit überrascht fragendem Unterton meldet er sich
„Ja?”.
„Gregori,
ich bin es, Melville.”.
„Oh
Mann, Melville, wo bist du denn? Sophia rastet aus...”. Schwer
schlucke ich diese Nachricht herunter.
„Ich
wurde angegriffen, aber bin in Sicherheit. Kannst du mich bitte
abholen?”.
„Natürlich,
wo bist du denn?”.
„Moment...”,
ich wende mich an Sam und frage flüsternd
„Wo
bin ich denn jetzt genau?”.
„A66,
Abfahrt Maintal-Dörnigheim... immer den Schildern der
Autobahnmeisterei folgen.”
Ich
wiederhole ihre Antwort und höre wie Gregori seufzt.
„Verdammt,
Melville, das ist eine ganze Ecke weit weg. Gut, ich fahre sofort
los. Bleib wo du bist.”
„Mir
wird auch nichts anderes übrig bleiben.“, antworte ich nur
ironisch, da hat er auch schon aufgelegt. Wortlos reiche ich ihr das
Telefon zurück.
Sophia
ist sauer. Wegen mir.
Ich
könnte mich für meine Naivität selbst ohrfeigen. Gestern war noch
alles so perfekt und heute, in ihrer ersten Nacht als Erzbischöfin,
verderbe ich ihren gut geplanten Einstieg. Wütend schlage ich mir
auf die Oberschenkel, ungeachtet der dabei entstehenden Schmerzen.
„Gab’s
Anschiss?“, fragt sie nur, als ich nach einigen Hieben endlich
aufhöre.
„Ich
danke dir für deine Hilfe, aber auf Konversation kann ich jetzt
gerne verzichten.”. Sie zuckt nur mit den Schultern und stellt sich
an eines der kleinen Fenster und behält den Platz vor dem Gebäude
im Auge. So halten wir uns schweigend gegenseitig aus. Ich nutze die
Zeit, um mir zu überlegen, wie ich es wieder gut machen kann. Warum
musste dieses verdammte Klüngel auch ausgerechnet heute zuschlagen?
Vielleicht,
weil sie wussten, dass ich alleine bin?
Ich
war so dumm!
Nach
sicher gut einer Stunde spreche ich sie an
„Wirst
du auch weiterhin auf mich aufpassen oder war es das hiermit?”.
„Eigentlich
ist es nicht gut, wenn du weißt, dass ich da bin. Es könnte dich
dazu treiben, noch dümmere Dinge zu tun. Aber ich schätze schon,
dass ich deine Außenaktivitäten weiter bewache.”.
„Immer?
Sobald ich das Haus verlasse?”.
„Wenn
deine Aktionen nicht zu unvorhersehbar sind... so wie heute...”,
sie wirft mir einen kurzen anschuldigenden Blick zu.
„Ja.”.
„Wie
lange geht denn das schon?”.
„Seit
einem Monat etwa.”. Ich nicke nur stumm. Natürlich, seit ich mich
offiziell um meine Aufgabe kümmere.
„Ich
versuche solche Situationen in Zukunft zu vermeiden.”.
„Ich
bitte darum.”.
Dann
schweigen wir uns wieder an, doch es dauert nicht lang, da erkenne
ich Autoscheinwerfer durch das Fenster.
„So,
da kommt meine Ablösung. Wir sehen uns... aber hoffentlich nicht so
bald.“ und mit diesen Worten und bevor ich mich verabschieden kann,
öffnet sie die Tür, verwandelt sich in eine Art Taube und fliegt
davon. Ich schließe kurz die Augen und lege meinen Hinterkopf an die
Wand, bis ich Schritte und Gregoris
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