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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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verstört durcheinander.
    »Ihr habt es mit Ince Memed zu tun!« schrie er. »Laßt die Frauen los und verschwindet!«
    Noch ein weiterer Gendarm stürzte mit einem Schrei nieder. Die beiden anderen warfen sich in den wassergefüllten Straßengraben und versuchten, Memeds Feuer von dort aus zu erwidern. Es wurde dunkel, der Regen setzte wieder ein. Die Frauen hatten zunächst zitternd auf der Straße gestanden und sich dann verängstigt in den Schmutz geworfen.
    »Habt ihr gehört, Gendarmen, ihr sollt verschwinden! Ihr könnt es nicht mit mir aufnehmen, und wenn ihr eine ganze Abteilung wäret!«
    Die beiden Verwundeten schrien und jammerten, daß es meilenweit zu hören war.
    »Kümmert euch lieber um eure Kameraden! Nehmt sie mit und verschwindet von hier!«
    Die Gendarmen stellten ihr Feuer eine Zeitlang ein. Allmählich kamen die Frauen wieder ein wenig zu sich. Iraz stieß Hatçe an: »Los, du! Wir müssen vorsichtig zu Memed hinüber!«
    »Mein Gott!« wimmerte Hatçe. Geräuschlos, mit angehaltenem Atem, krochen sie über die Straße.
    »Memed!«
    »Seid ihr da?« In der Dunkelheit war nichts, mehr zu erkennen. Memed sprang aus seiner Grube, ging den beiden taumelnden Schatten entgegen, faßte die Frauen an den Händen und zog sie in das Röhricht, wo das Pferd stand.
    Die Gendarmen schossen wahllos nach allen Richtungen. Das Pferd wieherte langgezogen, als es Schritte näher kommen hörte.
    »Steigt auf«, sagte Memed, »folgt mir.«
    Als sie das Schilfdickicht verließen, hatten die anderen zu feuern aufgehört. Sie sprachen mit ihren verwundeten Kameraden. Vor ihnen preschte ein Reiter auf den Berghang zu, in so rasendem Galopp, daß die Hufeisen Funken sprühten. Kurz darauf kehrte er zurück. »Ince Memed!« rief er leise, »Ince Memed?«
    »Hier sind Wir, Ali! Hier! Komm her!«
    Ali der Hinkende stieg schwer atmend neben ihnen ab. »Nimm das Pferd, Bruder Memed, steig auf. Gib es dann in Çiçeklideresi zurück. Sieh zu, daß du zum Akçadağ kommst! Morgen ist Sergeant Asim mit allen seinen Leuten hinter dir her. Bis Çiçeklideresi mußt du es heute nacht schaffen. Halt dich nicht auf! Reite so schnell, wie du kannst! Gott beschütze dich!« Er wandte sich um und verschwand in der Dunkelheit.
    »Das werde ich dir nie vergessen, Ali Aga!« rief Memed hinter ihm her. Er schwang sich auf das Pferd: »Hatçe! Komm, sitze hinter mir auf!«
    Sie kletterte von dem anderen Pferd herab und eilte zu ihm. Er half ihr hinauf. In der Dunkelheit kam er ein paarmal vom Weg ab, aber sie erreichten Çiçeklideresi noch vor Sonnenaufgang. Sie ritten sofort ins Dorf. Memed hielt aufs Geratewohl vor einem Haus und jagte die Bewohner mit lauten Rufen aus den Betten. Ein junger Bursche öffnete verschlafen. Als er Memed erkannte, strahlte er, sofort hellwach geworden, und brachte die erschöpften Pferde in den Stall.
    Hatçe und Iraz standen mit verstörten Gesichtern aneinandergedrängt, in der Morgenkühle fröstelnd.
    Im Hause hatten sie schon Feuer gemacht und Decken neben dem Herd ausgebreitet.
    »Freunde, mir ist, als hätte ich zwei Tage nichts in den Magen bekommen!« rief Memed.
    »Sofort, sofort, Ince Memed«, antworteten die Hausleute diensteifrig.

26
    Abdi war nur noch ein Schatten seiner selbst. Im Kaffeehaus war von früh bis spät nur noch von Ince Memed die Rede. Das brachte ihn zur Raserei, aber er war machtlos dagegen. Angst und Wut ließen ihn an keinem Fleck stillsitzen. Ununterbrochen war er auf den Beinen. Von Mustafa Efendis Laden hastete er in Tevfiks Kaffeehaus, von dort zum Gemüseladen von Remzi dem Hahn, vom Gemüseladen zu »Achmed dem Politiker«, dem Bittschreiber. Überall hielt er stundenlange Reden. Niemand kam dazu, auch nur den Mund aufzutun.
    »Nun seht ihr es ja! ‚Ein kleiner Junge' habt ihr gesagt. Aber ich habe ihn schon immer gekannt, diesen teuflischen Unmenschen. Wundert euch nur nicht über das, was noch kommen wird - sagt nur nicht, Abdi habe euch nicht gewarnt! Eine Rebellenherrschaft wird er errichten! Ein Mann, der meine Felder an die Bauern verteilt, meine Felder, die schon auf meines Vaters Namen im Grundbuch standen, der hat damit den offenen Aufruhr proklamiert! Ich habe ja schon an die tausend Depeschen nach Ankara geschickt. Aber meint ihr, auch nur eine Antwort sei gekommen? Nicht einmal erkundigt hat man sich danach, was hier vorgeht. Eine seltsame Obrigkeit, muß ich schon sagen, die soundso viele Mitbürger der Willkür eines Taurusbanditen preisgibt - statt

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