Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
Vom Netzwerk:
an.
»Drei Handgranaten! Einer von euch müßte den Schneid aufbringen, drei Handgranaten auf dieses verdammte Maschinengewehr zu schmeißen!«
Cabbar, der gerade sein Gewehr durchlud, drehte sich um. »Schneid haben wir alle, aber ... «
»Sonst gibt es keine Möglichkeit mehr?« fragte Memed. »Das wäre die einzige.«
»Gut. Ich mache es.« Der wilde Funke trat wieder in seine Augen. Für einen Augenblick fühlte er den Widerstreit zwischen Glück und Schmerz in seinem Innern.
»Du Ausbund an Kühnheit!« rief Durdu. Dabei kletterte er auch schon aus der Grube. »Noch zwei Handgranaten mehr!« Dann rannte er los, so schnell er konnte, während ihm die Kugeln um die Ohren schwirrten. Hinter einem großen Stein warf er sich zu Boden. Die anderen erschraken. Sie glaubten, er sei getroffen. Am Sockel des Steines standen frische, gelbe Krokusblüten. Der Stein war rund, er gab bei einer Probe nach. Durdu rollte ihn ein Stück vor sich her. Bald prallten die Geschosse an dem weißen Stein ab. Rufe waren überall zu hören. So ging es nicht. Der Stein war ein zu deutliches Ziel. Fünfzig Meter weiter war eine Mulde. In Sprüngen erreichte er sie schließlich. Es roch nach Erde, verfaulten Blättern. Eine purpurne Steinblume, deren Namen er nicht wußte, stand dazwischen.
Eine Wolke trieb an dem Gipfel vorbei. Ihre Ränder hatten einen goldenen Glanz.
Das ganz nahe Rattern des Maschinengewehrs riß ihn aus seinen Träumen. Vor ihm war ein Erdhügel, gleich dahinter ein zweiter, etwas höherer. Das Maschinengewehr mußte in der dazwischenliegenden Mulde stehen. Er mußte von der anderen Seite kommen, von dem zweiten, dichtbewaldeten Hügel.
Mit schlenkernden Armen schritt er aus, wie auf friedlicher Wanderschaft. Denen, die ihm zusahen, stockte der Atem. Im Nu hatte er die Handgranaten abgezogen und auf die Maschinengewehrstellung geworfen. Eine, noch eine, dann die dritte. Die Detonationen ließen die Erde erbeben. Ringsumher war alles von Rauch eingehüllt.
Atemlos kam er zu den Kameraden zurück. Die Sonne ging gerade unter.
Er sprach nicht, schaute keinen an. Seine harten Augen waren auf einen Punkt gerichtet. Sein Gesicht schien kleiner geworden, zusammengeschrumpft.
Nur noch vereinzelt waren Schüsse zu hören.
Durdu stand auf, er reckte sich. »Auf Wiedersehen, Sergeant Asim! Geh dein Tacktack reparieren! Ich warte hier solange!« Von der anderen Seite kam kein Laut.
»Du kennst dich hier aus, Sergeant«, sagte Durdu. »Gibt es ein Dorf in der Nähe?«
»Nein.«
»Das heißt, daß wir bis zu den Felsen marschieren müssen. Aber bis wir dahin kommen, sterben wir ja vor Erschöpfung und Hunger!«
»Es hilft nichts, sage ich euch! Trotz meiner Wunde, und wenn ich hinkriechen muß - ich bleibe nicht stehen, bis wir dort sind.«
Es war ein weiter, mühsamer Weg. Der Morgen dämmerte schon herauf, als sie völlig entkräftet bei den Felsen anlangten. Der verwundete Horali fluchte zusammenhanglos vor sich hin, wie er es während des ganzen Weges getan hatte. Sergeant Recep begann zu wimmern, hilflos gegenüber dem Schmerz, den er bisher mit zusammengebissenen Zähnen unterdrückt hatte.
Durdu hing auf einem Stein, abgekämpft und verwundet. Schweigend drehte er sich mit müden Händen eine Zigarette, tat ein paar Züge.
Dann wandte er sich Memed zu: »Weißt du, was jetzt mein größter Wunsch wäre, Bruder?«
»Nein.«
»Daß ich den Kopf von diesem Mustan dem Schwarzen mitten in unserem Dorf auf einer Stange aufpflanzen könnte. Was brauchte mir der Kerl auch nachzustellen, Memed ... «
»Ich kann euch nur sagen, ich krepiere vor Hunger!« rief Cabbar von weitem.
»Dann sieh doch zu, ob du etwas auftreibst!« antwortete Durdu. »Wenn du das fertigbringst, bist du wirklich ein Kerl.«
»Ich höre Hunde bellen! Aber wie kommt das nur, wenn hier kein Dorf sein soll?«
»Cabbar«, ächzte Sergeant Recep, »ich habe ja schon viele Dummköpfe gesehen, aber so einen wie dich noch nicht. Kannst du dir nicht vorstellen, woher das Gebell kommt?«
»Wie soll ich das wissen? Habe ich vielleicht Hunde geworfen?«
»Du bist und bleibst ein Esel. Hier in der Nähe sind Yürükenzelte. Die Hunde gehören den Nomaden. Verstehst du es jetzt?«
»Dann können wir ja zu den Zelten gehen und um etwas zu essen bitten. Kommst du mit, Memed?«
»Macht was ihr wollt«, bemerkte Durdu. »Wir wollen inzwischen ein Feuer anzünden und uns aufwärmen.«
»Cabbar, wir gehen«, sagte Memed. »Aber sie müssen uns ja für Zigeuner halten, wenn sie uns

Weitere Kostenlose Bücher