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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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meine Kinder nicht zu Waisen werden!«
Sergeant Recep wurde wütend. »Dein Maß ist voll, du hinkender Schurke! Wirst du wohl aufstehen?«
Er zog seinen Dolch aus dem Gürtel.
»Du rührst den Mann nicht an, Sergeant!« rief Memed.
»Aber nein, wir werden ihm kein Haar krümmen, es wäre schade um ihn. Ein feiner Mann! Ich schenke ihn dir, verziere deinen Fes damit!«
Widerwillig steckte Recep die Waffe wieder zurück.
»Ich will dir nichts tun, Ali Aga, du brauchst dich nicht vor mir zu fürchten. Hätte ich dich töten wollen, dann hätte ich es gleich getan. Ich will dir etwas ins Ohr sagen.«
Zögernd stand Ali der Hinkende auf, ging, den kranken Fuß nachschleppend, in die dunkle Ecke.
Memed folgte ihm.
»Höre, Ali. Du hast all dieses Unheil über mich gebracht. Gut. Hinterher hast du dich wie ein Mann gezeigt. Gut. Das ist alles vorbei. Jetzt geht es um andere Dinge. Du wirst eine neue Spur suchen. Für mich.«
»Bei Allah«, ächzte Ali der Hinkende verzweifelt, »nachdem das mit dir gewesen ist, habe ich geschworen, nie wieder eine Spur zu suchen. Töte mich lieber. Ich habe es beschworen. Ich kann meine Hand nicht noch einmal mit Blut beflecken.«
»Du willst nicht? Dann bist du ein toter Mann.«
Ali sank in sich zusammen. »Das nicht! Das nicht, um Allahs willen!«
»Du wirst die Spur suchen oder ... Da hilft dir kein Flehen und Jammern.«
»Welche Spur meinst du?«
»Die von Abdi Aga. Du wirst ihn finden, und wenn er unter den Flügeln eines Vogels steckt. Wenn nicht, dann weißt du ... «
»Oh, Bruder!« atmete Ali auf »Das ist es, was du von mir willst? Ja, wenn es so ist! Den finde ich für dich, und wenn ich ihn in der Hölle suchen müßte! Er ist entweder in der Kreisstadt oder im Dorf Avşar oder in Saribahçe. Kommt nur mit mir in die Çukurova, ich finde den Gottlosen. Das ist so sicher, als hätte ich ihn schon. Der Gottlose hat mir das Haus über dem Kopf zusammengerissen, als ich gesagt habe, von mir bekäme er keine falsche Aussage. Seither sitze ich mit Weib und Kindern in Çağşak und hungere. Ja, Bruder, um den zu finden, ist mir nichts zuviel. Und wenn ich als Bandit in die Berge gehen muß ... «
»Gut«, sagte Memed. »Komm, wir wollen uns wieder ans Feuer setzen. Du wirst keinem etwas davon sagen. Durmuş Ali hat schon gemerkt, was los ist, aber der hält den Mund.«
»Von mir aus soll es die ganze Welt erfahren. Was dieser Mensch den Leuten im Dorf angetan hat, dir, Hatçe und mir, das hat schon lange auf mir gelegen wie ein Berg. Am liebsten nähme ich mir eine Flinte und käme mit dir.«
Als sie wieder am Feuer saßen, strahlte sein Gesicht.
»Du schaust so vergnügt aus, Hinkender«, sagte Durmus Ali, »siehst du etwa wieder eine neue Fährte vor dir?«
»Nein, nein. Ich freue mich, weil mir Memed verziehen hat.« Dann legten sie sich wieder im Kuhstall zur Ruhe. Ali der Hinkende mit
ihnen.
Vor Tagesanbruch verließen sie ihre Strohlager und machten sich auf den Weg.
»Lebt wohl, Mutter Hürü, Onkel Durmus Ali!« rief Memed zurück. Das Dorf begann zu erwachen. Hier und da rauchte schon ein Schornstein.
»Memed, Memed!« rief ihm Hürü nach. »Ich habe keine Ruhe, bevor du den Schurken in Stücke gehackt hast! Döne dreht sich im Grabe um, wenn du es nicht tust. Hörst du?«
»Glück auf den Weg, mein Junge! Hör nicht auf die verrückte Alte! Nichts für ungut, Ali, die Weiber werden mit dem Alter immer schlimmer!«
Als sie aus dem Dorf heraus waren, leckte sich der Hinkende Ali genüßlich über die Lippen. »Ha, bald werde ich den Gottlosen mit meinen eigenen Augen sterben sehen ... Memed, Bruder, hör mir einmal gut zu. Ich habe wie ein Hund gegen dich gehandelt, aber ich will es von jetzt an wiedergutmachen. Du hast ein gutes und mildes Herz, Bruder. Ich werde dir helfen, wenn wir den Gottlosen ausgelöscht haben. Ein anderer als du hätte mich bestimmt getötet, aber du hast verstanden, daß mich keine Schuld trifft. Ja, hätte ich gegen Hatçe ausgesagt, dann stünde die Sache anders.«
Recep hatte lange geschwiegen. »Du bist also ein guter Spurensucher?« fragte er Ali den Hinkenden.
»Ich war es, bis ich den Schwur getan habe, keines Menschen Fährte mehr zu verfolgen. Jetzt spüre ich nur noch das Rotwild für die Jäger auf. Wenn ich das nicht tun könnte, dann wollte ich nicht mehr leben.«
»Das ist ein Leben!« Cabbar und Recep schüttelten die Köpfe.
Bis sie zu der Hochfläche am »Hängenden Felsen« kamen, blieben sie stumm.
Tau lag auf den Wegen, auf der

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