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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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Zigarette anzünden.
Recep unterbrach sein leises Stöhnen und fuhr ihn an: »Läßt du wohl das Zündholz verschwinden, bevor ich dich zu Boden schmettere, du Wahnsinniger!« Stumm gehorchte Ali der Hinkende.
»Ich sage es euch noch einmal: Wer nicht pariert, der wird umgelegt. Und wäre es mein eigener Vater.« Es klang messerscharf. »Bin ich der Anführer oder nicht?«
»Natürlich bist du es, Sergeant.«
Recep senkte den Kopf auf die Brust und überlegte. Nach einer halben Stunde richtete er sich auf »Hör mal, Memed. Ali den Hinkenden wirst du auch hinterher noch gut gebrauchen können, was meinst du?«
»Das glaube ich auch.«
»Für diese Sorte Männer hat ein Bandit immer Verwendung.« Er blieb so lange still, bis Cabbar die Geduld verlor. »Was ist denn, Sergeant, du schläfst wohl?«
»Hundebastard! Als ob es eine Kleinigkeit wäre, mitten in der Ebene einen Mann aus einem Haus herauszuholen! Ich schlafe nicht, ich lege mir einen Plan zurecht.«
Nach einer weiteren Pause des Nachdenkens begann er, den Blick nacheinander auf die dunklen Umrisse der drei heftend, wieder zu reden. Seine Stimme klang anders als sonst, warm und väterlich.
»Burschen, das ist meine letzte Unternehmung. Dann ist Schluß für mich. Ich weiß es. Aber ich muß an euch denken. Vor allem an dich, Ince Memed. Du hast das Herz auf dem rechten Fleck. Du bist in all den Jahren als einziger unter den Männern von fünf Dörfern gegen die Unterdrückung aufgestanden. Das heißt etwas. Wenn ich am Leben bleiben könnte, dann würde ich auf dich aufpassen wie auf meinen Augapfel. Aber es soll nicht sein. Du, Ali der Hinkende, du bist ein Mann mit Verstand. Du wirst Memed manchen Dienst leisten können, gerade, weil du kein Bandit bist.«
»Für Memed tue ich alles, was ich kann«, sagte Ali.
»Jetzt hört, wie wir die Sache machen. Gegen Mitternacht gehen wir zu Hüseyin Agas Haus und lassen uns öffnen. Wenn wir drin sind, erledigen wir Abdi Aga und machen uns aus dem Staube. Ali der Hinkende muß zurückbleiben.«
»Es muß schon Mitternacht sein, Sergeant«, sagte Memed.
»Wir marschieren jetzt los.«
Recep erhob sich und brachte seine Patronengurte in Ordnung, lud die Pistolen, sah die Handgranaten nach. Dann suchte er in seinen Taschen.
»Gib mir deine Zündhölzer, Ali. Und bleib nicht hier, geh am besten sofort deiner Wege.«
»Allahs Segen sei mit euch.« Ali der Hinkende wandte sich um und stapfte in die Nacht hinaus.
»Auf Wiedersehen, Ali!« rief Memed leise hinter ihm her. »Und vielen Dank auch.«
Erst als sie ihn nicht mehr erkennen konnten, gingen sie auf das Dorf zu. Ein frischer Nordostwind pfiff durch die überhängenden Schilfdächer. Vor dem halb mit Zinkblech gedeckten Haus blieben sie stehen.
»Du klopfst an, Memed«, befahl der Sergeant. »Cabbar, du legst dich in Deckung, hier hinter dem Erdhügel. Wenn sich etwas nähert, schießt du sofort, ohne jede Rücksicht.«
Memed hob einen Stein auf, hämmerte an die Tür. Das Zinkblech glänzte im Sternenlicht wie eine Eisfläche. Die Schläge hallten lange durch die nächtliche Stille, bis eine Männerstimme herausrief »Wer ist denn da zu nachtschlafender Zeit?«
»Ich bin's, Bruder!« schrie Recep. »Ich komme aus Abdi Agas Dorf. Mach auf, ich habe eine wichtige Nachricht für ihn!«
»Dann komme bei Tag wieder.«
Am anderen Ende des Dorfes begann ein Hund zu bellen.
»Es ist sehr eilig. Ich muß den Aga unbedingt sofort sprechen. Mach auf, Bruder!«
Der Mann öffnete die Tür, schloß sie aber im gleichen Augenblick wieder. Man hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde.
»Ali, die verdammte Wunde«, stöhnte der Sergeant, »sonst wäre ich schon hineingekommen. Macht nichts, ich bringe sie schon dazu, aufzumachen.«
Der Sergeant brüllte nun aus Leibeskräften: »Ich bin Sergeant Recep, der Bandenführer! Den Namen habt ihr schon sicher mal gehört! Liefert mir diesen Gottlosen, den Abdi, aus, sonst habt ihr euch alles andere selbst zuzuschreiben. Mit Hüseyin Aga habe ich nichts zu tun. Den anderen gottlosen Hund sollt ihr mir ausliefern, mehr nicht.«
»Und ich bin Ince Memed! Ich bin hier, meine Mutter und meine Braut zu rächen! Gebt ihn heraus; eher gehen wir nicht von hier weg.«
»Hier ist kein Abdi Aga. Geht eurer Wege!« rief die Stimme von drinnen.
»Sergeant Recep bin ich, hörst du? Der Altmeister der Banditen. Ich gehe nicht, bevor ich den Gottlosen habe! Memed, mache eine Handgranate scharf. Auf die Türschwelle damit! Wollen doch sehen, ob wir da

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