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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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kümmern muss, zu überleben und andere am Leben zu erhalten. Pressia kann nicht anders denken – in ihren Augen war ihre Mutter zu reich an Liebe, zu verwöhnt von der Liebe. Und was hat es ihr letztendlich gebracht?
    Bradwell stöhnt. Seine Füße zucken unter der Decke. Pressia sagt seinen Namen. Vielleicht kommt er gleich zu sich? Nein, er liegt schon wieder reglos da. Aber hätte er in diesem Moment die Augen geöffnet und ihr Gesicht erkannt, was hätte sie zu ihm gesagt?
    Pressia weiß, dass nur die Angst ihre Liebe im Zaum hält. Aber was, wenn es gar kein Zeichen von Schwäche wäre, sich zu verlieben? Sondern ein Zeichen von Stärke?
    Die Aufnahme stottert und endet, der Raum verdunkelt sich. Sie streicht über die Steine, die sie mit ihren Notizen vollgekritzelt hat. Die Krankenschwester hat gesagt, dass sie mit Bradwell reden soll. »Das tut ihm gut. Vielleicht kann er dich hören, sogar in seinen Träumen.«
    Und Pressia hat ihn auf dem Laufenden gehalten. Sie hat ihm erzählt, dass sie sich nicht sicher sein können, ob Partridge im Kapitol angekommen ist, aber dass sie davon ausgehen, weil die Roboterspinnen deaktiviert wurden. Am Tag nach ihrer Ankunft im Vorposten ist eine Meldung aus der Stadt gekommen – alle Spinnen haben sich ein letztes Mal knisternd aufgebäumt, dann sind ihre Beine erstarrt und ihre Anzeigen erloschen. Pressia hat ihm erzählt, dass El Capitán in einem neu eingerichteten Krankenlager in der Stadt ist, wo er die Roboterspinnen entfernt, die immer noch in den Körpern der Leute stecken.
    Von den schlechten Nachrichten hat sie ihm nichts erzählt. Weitere Kinder sind verschwunden. Und ein paar wurden wieder ausgesetzt. Vor ein paar Tagen ist eines schlafend im Wald gefunden worden. Zwei andere sind auf dem Markt umhergeirrt. Und ein Junge hat in seinem Bett gelegen, als wäre er nie fortgewesen, nur dass er plötzlich ebenso makellos war wie Wilda und die anderen – jede Narbe und jede Verbrennung ist verheilt, die amputierten Gliedmaßen sind nachgewachsen, glatte Haut bedeckt seinen Bauchnabel. El Capitán bringt alle Kinder im bewachten Wohnheim im Vorposten unter, damit sie nicht der wachsenden Zahl der Kapitol-Verehrer in die Hände fallen. Auch Wilda lebt dort. Pressia vermisst sie, aber sie darf sie nicht besuchen. Bradwell könnte ansteckend sein, und auf Wildas Immunsystem ist kein Verlass. Ihre Zellen bauen immer weiter ab.
    Auch die anderen Kinder sind darauf programmiert, nur ein paar Sätze zu sagen. »Propaganda«, nennt El Capitán ihre Worte. »Kleine Sprachrohre für das Kapitol.« Ihre Botschaften enden wie Wildas Botschaft – mit dem auf die Brust gezeichneten Keltenkreuz.
    Die Gereinigten werden die Kinder genannt, weil sie nicht wirklich rein, aber erneuert sind. Mit der Zeit tritt bei allen dasselbe Zittern der Hände und des Kopfes auf.
    Pressia hofft, dass sie die Formel finden und mit den Ampullen und dem geheimnisvollen dritten Inhaltsstoff das Serum gewinnen. Vielleicht können sie die Kinder noch retten, bevor der Zerfall zu weit fortgeschritten ist? Vor Bradwell würde sie es nie zugeben, aber manchmal starrt sie mit zusammengekniffenen Augen auf ihre Puppenkopffaust, bis ihr Blick vor Tränen verschwimmt – sie versucht, sich die Hand unter der Puppe vorzustellen. Könnte man sie wieder freilegen? Vielleicht arbeitet sie auch deshalb so hart.
    »Willux ist mir so fremd«, murmelt sie. Wie bringt man Ordnung in das wahnhafte Gerede eines Verrückten? Wie soll sie ein Muster finden, das den Mitgliedern der Sieben oder Bradwells Eltern eingeleuchtet wäre? Schließlich hat Walrond die Hinweise für seine Gefährten hinterlassen. Bradwell kennt Willux besser als sie. »Ich brauche dich«, flüstert sie ihm zu. »Wach auf. Hilf mir.« Doch vielleicht würde er ihr nicht mal helfen, wenn er wach wäre. Er sehnt sich nach der Wahrheit, nicht nach der Formel.
    Bradwell hustet in seinem unruhigen Schlaf. Seine Wangen verfärben sich zu einem dunklen, rauen Rot. Die Vögel in seinem Rücken ziehen sich zusammen, als würden sie von seinen Atemzügen abhängen.
    »Ganz ruhig«, sagt sie. »Schon gut.« Als Fignan zum Feldbett surrt, legt sich der Hustenanfall wieder.
    Das Feuer erlischt langsam. Pressia zieht ihre neuen Stiefel und ihren neuen Mantel über – OSR-Ausrüstung, Geschenke von El Capitán –, schiebt den Eisenriegel zurück, den El Capitán angebracht hat, und öffnet die Tür. Die Hütte verbirgt sich mitten im Obstgarten, wo die

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