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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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das?«
    »Mein Großvater«, sagt Pressia. Wenn sie nicht tut, was man ihr sagt, wird er sterben. Sie streicht mit der gesunden Hand über die unter dem Tisch verborgene Puppenfaust. Eine weitere Welle der Benommenheit überkommt sie. Sie denkt an ihr Zuhause. Freedle. Wenn ihr Großvater nicht mehr da ist – wo steckt Freedle?
    »Selbstverständlich wirst du während deiner Mission beschützt. Spezialkräfte werden ständig in deiner Nähe sein. Unsichtbar, aber nicht weit entfernt.«
    »Spezialkräfte?«
    »Du hast sie schon gesehen. Oder etwa nicht? Sie haben dem Kapitol gemeldet, dass du und El Capitán sie gesehen habt. Es sind unglaubliche Wesen. Mehr Tier als Mensch und perfekt kontrolliert.«
    »Diese übermenschlichen Geschöpfe im Wald … sie sind aus dem Kapitol? Spezialkräfte …?« Das Essen, das sie verschlungen hat, sind die Altertümlichkeiten, an denen er herumbastelt, und jetzt ist Pressia auch klar, was er damit gemeint hat, als er gesagt hat, sie wären noch nicht perfekt. Dicht dran, hat Ingership gesagt. Ganz dicht dran. Ingership und seine Frau haben Pressia vergiftet.
    Pressia schiebt die Hand unter den Tellerrand und packt den Griff ihres Messers. Sie muss hier raus. Sie steht auf, versteckt das Messer hinter ihrem Bein. Alles dreht sich und sie schwankt. Sie versucht die Buchstaben ihres Namens auf dem braunen Umschlag zu entziffern. Wahrscheinlich enthält er ihre Befehle.
    »Liebling!«, ruft Ingership nach seiner Frau. »Wir spüren die Auswirkungen! Unser Gast …«
    Pressias Magen rebelliert. Sie blickt sich im Zimmer um und fixiert dann Ingership. Das echte Fleisch in seinem Gesicht wirkt plötzlich eingefallen. Seine Frau erscheint, glänzend in ihrer zweiten Haut, bis auf die Tatsache, dass ihr Mund mit einer grünen Maske bedeckt ist. Außerdem trägt sie über ihren bestrumpften Händen jetzt blassgrüne Latexhandschuhe. Und dann scheint sich der Boden unter Pressias Füßen zu bewegen.
    Ingership streckt die Hand nach ihr aus. Sie reißt das Messer hoch, zielt damit auf seinen Bauch. »Lass mich hier raus!«, fordert sie. Vielleicht kann sie ihn so schwer verwunden, dass sie es bis zur Tür schafft.
    »Das ist kein höfliches Benehmen, Pressia Belze«, sagt Ingership. »Das ist überhaupt kein höfliches Benehmen.«
    Sie stößt zu, doch sie verliert das Gleichgewicht, und als er nach ihr greifen will, erwischt sie ihn am Arm. Blut quillt hervor, ein roter Fleck auf seinem Hemd.
    Sie rennt zur Tür, lässt das Messer fallen, um mit der einen gesunden Hand den Griff zu packen, doch es klickt nur. Er dreht sich nicht. Ihr ist übel und schwindlig. Sie fällt auf die Knie und übergibt sich. Sie rollt auf die Seite, presst die Puppenkopffaust an ihre Brust. Ingership taucht über ihr auf, und sie starrt in sein Gesicht, erhellt vom Schein des Lampendingsbums an der Decke mit den geschliffenen Glasscherben. Wie hieß dieses Ding noch mal? Wie?
    »Ich hatte dich eingeladen, alles zu probieren«, sagt Ingership. »Ich hatte nicht versprochen, dass du es bei dir behalten würdest. Sag mir, dass es die Sache nicht wert war! Los, sag es!«
    Seine Uniformmütze ist verschwunden, und jetzt sieht Pressia auch die eigenartige Wulst an der Stelle, wo Haut und Metall zusammentreffen. Er taumelt, sein Arm blutet, er stolpert, und für einen Moment befürchtet sie, er könnte mit voller Wucht auf sie fallen. Doch er streckt die Hände nach seiner Frau aus, klammert sich an ihre dürren, bestrumpften Oberarme. »Bring mich zum Eimer! Ich brenne, Darling! Ich spüre es in meinen Gliedern. Ich brenne! Ich brenne lichterloh!«
    In diesem Moment fällt Pressia das Wort wieder ein. »Kronleuchter«, sagt sie. Ein wunderschönes Wort. Wie konnte sie es nur vergessen? Wenn sie ihren Großvater wiedersieht, wird sie ihm dieses Wort ins Ohr flüstern.
    Kronleuchter, Kronleuchter, Kronleuchter.

EL CAPITÁN
    Kappe
    El Capitán hat sich an eine der gebogenen Enden des zerstörten Wassserturms gelehnt und gewartet, bis es dunkel wurde. Er hat sich die Zeit damit vertrieben, nach Dusts Ausschau zu halten. Hin und wieder hört er ein Rascheln im Sand. Er schießt auf die Kreaturen, doch es ist schon zu dunkel, und sie sind zu schnell. Die Schüsse scheinen sie aber zu vertreiben.
    Er ist hungrig und friert. Seine Füße sind geschwollen vom Auf- und Abgehen mit dem Gewicht seines Bruders auf dem Rücken. Helmud schläft und ist schwer wie ein Sack. Er fängt an zu schnarchen, und El Capitán beugt sich

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