Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
Vom Netzwerk:
Ingership.
    Pressia lächelt und nickt.
    Ingership legt triumphierend die Hände flach auf den Tisch. »Ja, ja«, sagt er. »Die alte Welt in unseren Mündern, wenn auch nur für einen Moment. Das letzte große Vergnügen, das uns geblieben ist.« Dann schiebt er eine Hand in seine Jacke und zieht ein kleines Foto aus der Innentasche. Er legt es auf den Tisch und schiebt es Pressia hin. »Weißt du, wo wir sind?«
    Es ist ein Foto von Ingership und seiner Frau. Sie stehen in der Ecke eines weißen Zimmers. Neben ihnen steht ein Mann von Ingerships Statur in einem ABC-Schutzanzug. Hinter der kleinen Scheibe, die sein Gesicht bedeckt, kann man sehen, dass er lächelt. Ingership schüttelt die dick behandschuhte Hand des Mannes. Ihm wird eine Medaille überreicht. Sein hageres Gesicht mit dem glänzenden Metall und seine Frau in ihrem Ganzkörperstrumpf lächeln grotesk. Sie sind beide in Weiß gekleidet. Waren sie etwa im Kapitol? Sieht das Leben im Kapitol etwa so aus? Schutzanzüge, Gesichter hinter winzigen Fenstern? Pressia spürt, wie sich ihr Magen unvermittelt zusammenzieht. Liegt es am Bild? Oder hat sie zu schnell gegessen?
    Sie schiebt das Foto über den Tisch zu Ingership zurück. Schweiß bricht ihr aus. Sie nimmt einen Schluck Limonade – es ist das Seltsamste, was sie je geschmeckt hat –, süß und sauer zugleich. Ihre Zunge schnalzt an den Gaumendeckel. Sie ist begeistert.
    »Es war eine Belobigungszeremonie im Kapitol«, erklärt Ingership. Er nimmt das Foto auf und betrachtet es. »Eigentlich ist es ein Schleusenraum. Wir sind durch eine Reihe von versiegelten Toren hinein und wieder zurück nach draußen.«
    »Tragen die Leute im Kapitol die ganze Zeit diese Anzüge?«, fragt Pressia.
    »Oh nein, wo denkst du hin? Sie leben in einer Welt wie der, in der wir früher gelebt haben, mit dem Unterschied, dass sie sicher und kontrolliert und … und … und rein ist.« Er steckt das Bild in die Innentasche seiner Jacke zurück und tätschelt es liebevoll. »Die Menschen im Kapitol haben – in sehr begrenztem Maß – Kinder. Sie wollen eines Tages wieder herauskommen, um die Erde neu zu besiedeln. Und sie brauchen Helfer, zum Testen, Vorbereiten, Sichern und – und das ist der Schlüssel, Pressia Belze, das ist grundlegend – zum Verteidigen.«
    »Verteidigen?«, fragt Pressia.
    »Verteidigen«, sagt Ingership. »Deswegen bist du hier.« Er blickt über die Schulter, um zu sehen, ob die junge Frau noch immer mit dem Abwaschen der Wände beschäftigt ist. Sie ist. Ingership schnippt mit den Fingern, und sie nimmt hastig ihren Eimer und verschwindet den Gang hinunter. »Verstehst du, ein Reiner ist aus dem Kapitol geflohen«, fährt er schließlich fort. »Sie haben den Ausbruch erwartet und trafen Vorbereitungen, ihn gehen zu lassen. Das Kapitol hält niemanden gegen seinen Willen fest. Doch wenn der Reine schon nach draußen wollte, dann sollte er rund um die Uhr beaufsichtigt werden, ausgerüstet mit Ohr-Implantaten, sodass sie ihn hören konnten, falls er Hilfe brauchte, und Augen-Implantaten, damit sie sehen konnten, was er sieht. So hätten sie ihn nach Hause holen könne, wenn er in Gefahr schwebte.«
    Pressia erinnert sich, wie sie Partridge zum ersten Mal gesehen hat – das blasse Gesicht, die große, schlanke Gestalt, der geschorene Kopf – genau so, wie die Gerüchte den Reinen beschrieben hatten. Sie weiß, dass etwas an Ingerships Erklärung nicht stimmt, aber sie weiß nicht genau, was es ist.
    »Wer ist dieser Reine?«, fragt Pressia. Sie will herausfinden, wie viel Ingership weiß, oder zumindest, wie viel er ihr zu sagen bereit ist. »Warum machen sie sich so viel Mühe?«
    »So denkt ein Offizier, sehr schön, Pressia. Das ist es, was ich sehen möchte. Er ist tatsächlich der Sohn einer wichtigen Persönlichkeit. Und er konnte ein wenig früher entkommen, als es das Kapitol erwartet hat, bevor er zu seinem eigenen Schutz in Narkose versetzt und mit Überwachungschips ausgestattet werden konnte.«
    »Aber warum?«, fragt Pressia. »Warum sollte er das Kapitol verlassen wollen?«
    »Niemand hat das je zuvor getan. Aber dieser Reine – Ripkard Crick Willux, auch unter dem Namen Partridge, Rebhuhn, bekannt – hat einen guten Grund. Er sucht nach seiner Mutter.«
    »Seine Mutter ist eine Überlebende?«
    »Eine der Unglückseligen, ja, leider. Eine Sünderin wie der Rest von uns.« Ingership schlürft eine Auster. »Das ist das Seltsame daran. Das Kapitol hat neue

Weitere Kostenlose Bücher