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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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finden. Männlich, achtzehn Jahre alt.«
    El Capitán nimmt den Handheld auf. Er ist so an sein Walkie-Talkie gewöhnt, dass ihm das Gerät fremdartig vorkommt. Es ist dünn mit glänzendem, beinahe öligem Display. Auf dem Display ist die Umgebung aus der Vogelperspektive zu sehen. Und es zeigt in der Tat einen kleinen blauen Blip. Der Blip pulsiert, während er sich langsam über den Schirm bewegt. El Capitán berührt den blauen Punkt, und plötzlich zoomt das Bild zu einer Nahaufnahme der Umgebung des Punktes heran. Worte erscheinen auf dem Schirm: 24th Street, Cheney Ave., Bank of Commerce and Trade. War das nicht die Bank, die seine Mutter C&T nannte? War das die Bank seiner Mutter? Er erinnert sich an Lollies in einem Glas mit einem Schraubdeckel und einer labyrinthartigen Menschenschlange, eingeklemmt zwischen samtweichen Tauen. Doch die Straßen sehen nicht mehr so aus wie früher. Auf dem Schirm ist die Wahrheit zu sehen, eine zerstörte Stadt, überlagert mit einem Plan der einstigen Straßen. »Ich weiß, wo das ist«, sagt El Capitán. »Dieser blaue Blip hier.«
    »Ja«, sagt Pressia.
    Er sucht das Display nach einem Markt ab, der vor Kurzem ins Leben gerufen wurde. Der Markt ist nicht zu sehen. »Das Bild ist nicht aktuell«, sagt er.
    »Nicht ganz, richtig.«
    »Du kennst diesen Blip?«, fragt El Capitán.
    »Es ist ein Reiner. Er ist durch das Luftfiltersystem aus dem Kapitol ausgebrochen.«
    El Capitán will nichts auf der Welt lieber als einen Reinen töten. Es ist ein Wunsch, der so grundlegend und machtvoll in ihm ist wie Hunger. »Und was machen wir, wenn wir den Reinen gefunden haben? Zielschießen?«
    »Er soll uns zu seiner Mutter führen.« Pressia sieht mit zusammengekniffenen Augen in Richtung Horizont. »Und wenn wir sie haben, liefern wir den Reinen und seine Mutter an Ingership aus.«
    »Und Ingership? Wird er sie öffentlich hinrichten?«
    »Er wird sie an das Kapitol zurückgeben.«
    »Zurückgeben?«
    »Ja.«
    An das Kapitol zurückgeben. El Capitán wird klar, dass Ingership mit dem Kapitol zusammenarbeitet. Es ist, als hätte er es schon die ganze Zeit gewusst, ohne es sich einzugestehen. Natürlich, denkt El Capitán. Das bedeutet, dass die OSR in Wirklichkeit überhaupt nicht existiert. El Capitán erinnert sich, wie es war, als er nach den vergrabenen Waffen gesucht hat. Wie er nach Orientierungspunkten gesucht hat, während sein Bruder sterbend auf seinem Rücken hing und das Blut durch seinen Körper raste. Die Welt war nackt, kahl, ausradiert. Seine Mutter war schon tot gewesen, begraben irgendwo auf dem Friedhof außerhalb einer Anstalt. Er erinnert sich, dass er all das überlebt hat und sieht Pressia an. »Ich bin froh«, sagt er, »dass Ingership deine Loyalität und dein Vertrauen erworben hat.«
    »Absolut«, sagt Pressia und sieht weiter aus dem Fenster. El Capitán hingegen starrt unverwandt auf den Puppenkopf, der sich nun ein klein wenig hebt und hin und her dreht, wenige Zentimeter über der Sitzbank. Dann wendet sich Pressia um und sieht El Capitán in die Augen. »Ich hoffe doch, dass er auch dein Vertrauen und deine Loyalität besitzt?«
    Lauscht der Fahrer ihrer Unterhaltung? Gibt er sie an Ingership weiter? Es spielt keine Rolle. El Capitán kann nicht antworten. Er kann nicht mal nicken. So wird er nicht untergehen. In seiner Brust brennt es wie Feuer. Helmud ist unruhig, als hätte El Capitáns heiße Wut einen Weg durch den gemeinsamen Kreislauf zu ihm gefunden. Er zappelt mit den Fingern wie eine alte Lady, die nervös Babysocken strickt.
    »Wohin jetzt?«, fragt der Fahrer.
    »Das wirst du erfahren, wenn wir so weit sind!«, brüllt Pressia ihn an. El Capitán ist stolz auf sie. Erleichtert, als er sieht, dass das Blut in ihre Wangen zurückgekehrt ist.
    Er sieht wieder auf den Bildschirm. »Hast du einen Plan?«
    Sie nickt mit dem Puppenkopf. Laut sagt sie: »Wir folgen dem Blip.«
    El Capitán legt den Finger auf das Foto und zieht es über den Sitz zu sich. »Jemand, den du kennst?«
    »Mein Großvater.«
    »Ein hübsches Zimmer hat er da.«
    »Ja.«
    Also haben sie ihren Großvater als Geisel genommen. So spielen sie also dieses Spiel. El Capitán nimmt das einzelne Blatt mit den Befehlen und überfliegt den Inhalt. Pressia soll den Reinen aufspüren, sein Vertrauen gewinnen, ihm zur Zielperson – seiner Mutter – folgen und beide an Spezialkräfte übergeben, die eintreffen, sobald sie per Funk gerufen werden. »Spezialkräfte?«
    »Die

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