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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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zurückgekehrt ist, nachdem sie entführt wurde. Vielleicht sind sie noch zusammen.
    Doch warum ist der Anhänger zerbrochen? Was ist mit der anderen Hälfte?
    Sie blickt auf. Es wimmelt vor Dusts. Pressia spürt, wie irgendetwas sie an der Taille packen will. Sie tritt zu, so fest sie kann. Mit jedem Tritt spritzt Dreck und Asche auf. Sie schlägt und tritt und spürt, wie sie trotzdem allmählich in die hungrige Erde hinuntergezogen wird. Sie versucht sich zu befreien und sieht in der Ferne eine ganze Armee aus Dusts aufragen.
    Wird der Dust sie unter die Erde ziehen und fressen? Angst vor dem Ersticken steigt in ihr auf. Sie will nicht bei lebendigem Leib begraben werden.
    Die Welt ringsum kommt stockend in Sicht. Alles bebt und zittert. Sie kämpft, doch sie wurde vergiftet, narkotisiert, geschlagen. Sie ist schwach und hungrig und durstig. Ihre Sicht, bereits umwölkt, wird immer schwächer.
    Sie ruft nach El Capitán. Er antwortet irgendwo neben ihr, und sie kann ihn kämpfen sehen mit Helmud auf dem Rücken. Er ist noch auf den Beinen, doch die Dusts werden immer mehr. Er ist ganz nah beim Wagen. Dusts schleudern ihn gegen die Seite der Limousine. Er geht zu Boden. Sie werden hier draußen sterben.
    Sie wirbelt mit den Armen, stampft mit den Füßen, wehrt sich aus Leibeskräften. Sie kneift die Augen zu und denkt an das blaue Auge des Schwans. Eine ganze Welt in Blau, und dann sind das Pochen in ihren Ohren und der Pulsschlag in ihren Adern blau und El Capitán ist blau und der Wagen, die Dusts. Sie dreht sich zu den grauen Hügeln, die ebenfalls blau sind, und sie sucht nach dem Gesicht ihrer Mutter, dem ihres Vaters. Ihr ist bewusst, dass es verrückt ist, dass sie tot sind. Doch ihr Verstand sucht einen Trost, bevor sie stirbt, irgendeinen. Zuhause. Wo ist ihr Zuhause?
    Die Erde verschlingt sie. Sie spürt das tiefe Grollen von Dusts in ihrem Körper. Sie öffnet die Augen, und die Deadlands sind noch toter – Asche, Tod, Sand.
    Sie kämpft weiter, verbissen, die Faust um den Anhänger geballt, boxt, doch sie richtet keinen Schaden an. Sie ist zu erschöpft. Der Umschlag mit ihren Instruktionen und der Handheld sind verschwunden. Das Bild ihres Großvaters – sie stellt sich das Bild vor. Es ist auch verschwunden, als hätte es nie existiert. Wo ist er? Was ist aus Freedle geworden? Wird sie ihn je wiedersehen? Sind El Capitán und Helmud tot? Oder haben sie es vielleicht in den Wagen geschafft?
    Sie wendet sich einem trommelnden Geräusch zu, und sie ist sicher, dass es das Letzte sein wird, das sie in diesem Leben sieht. Stampfende Schritte. Eine Wolke aus Asche, dann ein glänzendes Kindergesicht, ein Kind, das von seiner Mutter gehalten wird. Es ist wie eine verlorene Vision ihrer eigenen Mutter und Pressia als kleinem Mädchen, als wäre ihre Mutter nicht von einer explodierenden großen Flachglasscheibe in Fetzen gerissen worden.
    »Pressia«, sagt ihre Mutter. »Halt dich fest!«
    Da ist eine Hand.
    Dann zieht sich ihre Sicht zu einem stecknadelgroßen Kreis zusammen, und Sekunden später ist auch dieser Kreis schwarz.

PRESSIA
    Opfer
    Pressia wacht auf. Ihre Wange ruht an etwas Hartem. Ihr Schädel pocht. Sie sieht einen Reifen, einen abgefahrenen Reifen. Aber es ist nicht der Reifen der großen schwarzen Limousine. Sie ist in einem Zimmer, und der Reifen ist klein. Er ist mit einem Motor mit Messern verbunden. Ein Rasenmäher? Sie ist nicht sicher, ob sie wach ist oder träumt oder ob sie in einer Art Jenseits angekommen ist. Ein Keller mit Gartengeräten? Das soll ein Jenseits sein?
    Sie versucht sich aufzusetzen.
    Rings um sie herum sind Stimmen. Flüsternde Stimmen. »Warte«, sagt eine Frau laut zu ihr. »Nimm dir Zeit.«
    Sie ruht sich aus, auf der Seite liegend. Die Dusts fallen ihr wieder ein. El Capitán mit seinem Gewehr. Die Mutter und das Kind. Sie schließt die Augen. »El Capitán und Helmud«, murmelt sie.
    »Die beiden Männer im Wagen? Freunde von dir?«
    »Sind sie tot?«
    »Wir sind wegen dir dort gewesen, nicht wegen ihnen. Ihr Leben ist für uns ohne jede Bedeutung.«
    »Wo bin ich?« Sie blickt sich um und sieht Gesichter – Frauen, Kinder in einem Wechsel wie in einem der Fahrgeschäfte, von denen ihr Großvater erzählt hat. Die Kinder sind mit ihren Müttern verschmolzen. Sie starrt von einem zum nächsten.
    »Du bist bei uns. Bei Unserer Guten Mutter.«
    Mutter? Sie hat keine Mutter. Der Raum ist kalt und klamm. Sie zittert. Körper bewegen sich um sie herum, und

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