Memiana 1 - Ewige Wacht: 1 Xeno 1.2 (German Edition)
frischen, stark nach Fera riechenden Blut hatte sie dann doch nicht angerührt, sondern lieber die Fugen der Treppenstufen sorgfältig mit einem Spatel aus Knochen und Wasser geglättet.
Jarek hängte sich sechs der Aaser über die Schulter, Carb nahm die anderen und sie machten sich auf den Rückweg. Jarek hatte darauf geachtet, dass sie sich nicht zu weit entfernt hatten. Der Wall lag jetzt gerade außer Sicht direkt hinter einem flachen Hügel und es würde nicht lange dauern, bis sie ihn mit ihrer Beute erreichten.
„Warum denkst du, dass wir alle mehr von Frauen verstehen als du?“, fragte Carb.
„Ich mache immer Fehler“, gestand Jarek. „Ich sage etwas Falsches, dann lacht jemand oder jemand ist beleidigt und ich weiß gar nicht, was ich getan habe.“
Carb lachte.
„Da, siehst du?“, meinte Jarek und grinste.
„Mein Vater hat mir immer wieder gesagt: Wenn du glaubst, du weißt alles über Frauen, dann zieh dir einen Rock an“, brummte Carb. „Ein Mann wird eine Frau nie verstehen. Die wird einen Mann immer wieder überraschen.“ Er trat mit der Feraspitze seines Stiefels nach einem runden Stein, der ihm im Weg lag, und beförderte ihn mit der lässigen Bewegung zwanzig Schritt zur Seite.
„So was Ähnliches hat Hama über Mareibe gesagt. Dass sie ihn immer wieder überrascht. Wahrscheinlich hatte dein Vater also recht“, sagte Jarek nachdenklich.
„Du magst Yala, stimmt’s?“, fragte Carb unvermittelt.
Jarek nickte sofort. „Ja, sehr.“
„Und sie dich“, meinte Carb. Dann seufzte er. „Mareibe mag dich auch“, fügte er leiser hinzu und sah geradeaus.
„Ich mag auch Mareibe“, antwortete Jarek.
Carb verzog das Gesicht. „Wenn Mareibe unter deinen Mantel kriechen würde, würdest du sie genauso wärmen wie Yala?“
„Na gut, das war eine Ausrede. Mareibe schläft so unruhig. Yala hatte keine Ruhe neben ihr.“
„Ach so“, sagte Carb nur.
„Was meinst du damit?“
„Gar nichts.“
Sie gingen ein paar Schritte, ohne dass einer etwas sagte. Dann sagte Jarek vorsichtig: „Du wünschst dir, dass Mareibe deine Nähe sucht.“
Carb stolperte kurz, fing sich aber und schritt weiter. „Wie kommst du darauf?“
„Du schaust sie immer an, als ob du sie gerne die ganze Zeit beschützen würdest. Beschützen und berühren.“
Carb brummte etwas vor sich hin. Dann räusperte er sich. „Merkt man das?“
„Mir ist es aufgefallen.“
„Und ihr?“
„Sie ist immer freundlich zu dir. Sie mag dich.“
Carb zuckte die Achseln. „Sie mag uns alle, glaube ich. Sogar Adolo. Aber dich mag sie am meisten.“
Sie hatten inzwischen den Wall direkt vor sich und näherten sich der Mauer. Auf dem Turm sahen sie Hama, der sie bemerkte und grüßend den Arm hoch. Jarek winkte zurück.
„Das glaube ich nicht“, sagte er zu Carb. „Warum sollte sie mich mehr mögen?“
„In Utteno hat sie bei dir gelegen.“ Carb stieß den Satz hervor, als hätte er die ganze Zeit darauf gelauert.
„Gelegen? Mareibe hat nicht bei mir gelegen. Sie ist erst im Gelblicht zu mir gekommen und hat mich geweckt.“
„Und ist unter deine Decke gekrochen.“
„Ist sie nicht.“
„Sah aber so aus.“
Jarek zuckte die Achseln. „Sie hat mir die Haare gekämmt und den Zopf geflochten, das war alles.“
Carb war immer noch nicht zufriedengestellt. „Und was machst du, wenn sie jetzt im nächsten Graulicht zu dir kommt?“
Jarek seufzte. „Dann schicke ich sie zu dir.“
Carb blieb stehen, schaute ihn verblüfft an, dann schüttelte er wieder den Kopf. „Weißt du, was dann passiert?“
„Sag es mir.“
„Dann ist sie sauer. Auf uns beide.“
„Meinst du?“, fragte Jarek. „Aber wir müssen uns keine Gedanken darum machen. Im Augenblick mag Mareibe niemanden in ihrer Nähe. Nicht einmal sich selbst ...“
„Lasst sie doch einfach ein Ruhe“, sagte Yala. Sie stand neben der Mörtelgrube und schaute mit einer Mischung aus leichtem Ekel und Faszination zu, wie Jarek die Lauscheraaser ausblutete, die er darüber aufgehängt hatte. Sorgfältig rührte er dann das dickflüssige Gemisch glatt, das sich mit dem Pfadsand zusammen bildete.
„Wir tun ihr doch gar nichts“, widersprach Carb. „Ich habe sie nur gefragt, warum sie nicht draußen im Licht ist. Dass sie was gegen Memiana hat, hab ich kapiert. Aber dass sie Sala auch nicht leiden kann, ist neu. Keine Ahnung, was sie überhaupt will.“
Yala seufzte und schüttelte den Kopf. „Ihr versteht es einfach nicht.“
„War doch
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