Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
Vom Netzwerk:
dein Verhalten erklären, schenkst?»
      «Eine gute Idee», sagte ich und umarmte dankbar meinen Regisseur.

    Panne im Grunewald

    W enige Tage danach bekam ich Besuch. Walter Prager und Hans Ertl erzählten mir von den Bergtouren, die sie nach Abschluß der Grönlandarbeit noch unternommen hatten.
      Während wir in fröhlicher Stimmung das Abendessen miteinander vorbereiteten, läutete das Telefon. Da es schon sehr spät war, wollte ich es nicht mehr abnehmen. Aber Prager hatte den Hörer schon in der Hand und reichte ihn mir. Als ich die Stimme erkannte, wäre mir der Hörer fast aus der Hand gefallen. Kein Zweifel, es war die Stimme von Dr. Goebbels.
      «Darf ich noch kurz bei Ihnen vorbeikommen?»
      «Nein», sagte ich schroff, «es tut mir leid, Herr Minister, ich habe Besuch.» - Eine Pause, dann hörte ich: «Es ist sehr dringend, was ich Ihnen mitteilen muß.»
      «Ich kann Sie nicht empfangen. Meine Freunde sind heute aus der Schweiz gekommen und werden bei mir übernachten.»
      Goebbels drängend: «Nur einen Augenblick - ich bin in zehn Minuten vor Ihrem Haus - ich komme mit einem Taxi.» Ohne meine Antwort abzuwarten, hatte er eingehängt. Ich war wütend und wollte nicht hinuntergehen. Aber meine Freunde rieten, die Situation mit Goebbels nicht auf die Spitze zu treiben. Deshalb ging ich hinunter. Jedenfalls war uns der nette Abend gründlich vermasselt.
      Als ich aus der Tür kam, stand Dr. Goebbels tatsächlich mutterseelenallein davor. Es goß in Strömen, weit und breit war kein Taxi zu sehen. Er hatte einen Regenmantel an und seinen breitkrempigen Hut tief ins Gesicht gezogen.
      Nachdem er mich begrüßt und sich für sein plötzliches Erscheinen entschuldigt hatte, sagte er, sich nach allen Seiten in der menschenleeren, dunklen Straße umsehend: «Hier können wir nicht bleiben, Sie werden ganz naß.»
      Mein Blick fiel auf meinen kleinen Mercedes, der vor der Tür stand, dort hinein flüchteten wir uns.
      «Ich darf mit Ihnen nicht gesehen werden, wir müssen von hier wegfahren.»
      «Wohin?» fragte ich betroffen.
      «Wohin Sie wollen, aber wo uns niemand sieht.»
      «Was soll das, Doktor? Was wollen Sie überhaupt von mir?»
      «Ich wußte nicht, daß Sie wieder hier sind. Ich habe es erst gestern vom Führer erfahren.»
      «Sie sind immer noch wahnsinnig - Sie bringen sich und mich in die schrecklichsten Situationen.»
      Ich ließ den Motor an und fuhr die Kaiserallee hinunter, Richtung Grunewald. Ich hatte nur einen Gedanken: Daß uns niemand sieht. Der Regen war so stark, daß ich kaum etwas durch die Scheiben erkennen konnte. Jeden Augenblick konnte es anfangen zu hageln. Am günstigsten, dachte ich, wäre es, in den Grunewald hineinzufahren, da würden bei diesem Wetter bestimmt keine Leute mehr Spazierengehen. Als wir vom Hohenzollern-Damm kommend in den Grunewald einbogen, sah ich, wie Goebbels aus seiner Manteltasche eine Pistole herausnahm und sie in das Handschuhfach legte.
      Meine erschrockene Reaktion bemerkend, sagte er lächelnd: «Ohne Waffe gehe ich nie aus.»
      Nun war ich in der Tat gespannt, was er mir denn Dringendes zu sagen hatte. Aber er schwieg. Ich konnte nur noch im Schritt fahren. Große Wasserpfützen hatten sich auf der Straße gebildet und bespritzten die Autoscheiben. Nur nicht an einen Baum fahren, dachte ich. Ich war von der Straße abgekommen und fuhr direkt durch den Wald. Immer enger standen die Bäume beisammen, so daß ich mein Auto wie in einem Slalom um die Fichten herumdirigieren mußte. Ich brauchte meine ganze Konzentration, um überhaupt noch in dem morastig gewordenen Boden weiterfahren zu können. Da legte Goebbels seinen Arm um meine Taille. In diesem Augenblick gab es einen heftigen Ruck, und das Auto blieb stehen. Erschrocken stellte ich fest, daß sich der Wagen in einer gefährlichen Schräglage befand. Wir wagten kaum, uns zu bewegen, aus Angst, das Auto könnte umkippen. Goebbels, der erstaunlich ruhig blieb, nahm vorsichtig seine Pistole aus dem Handschuhfach und steckte sie in seine Manteltasche. Dann versuchte er, die Wagentür zu öffnen. Glücklicherweise konnten wir aus dem Auto heraus. Ich war wegen der schlechten Sicht auf einen Erdhügel gefahren. Der hintere Teil des Wagens steckte bis zu dem linken Trittbrett im Schlamm, während die Vorderräder in der Luft hingen. Eine katastrophale Situation. Es war aussichtslos, zu zweit den Wagen aus dem Morast zu ziehen.
      Goebbels sagte

Weitere Kostenlose Bücher