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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Dokument, das trotz allem, was um uns geschieht, uns berechtigt, den Glauben an eine bessere Zukunft der Menschheit zu bewahren.»
    Biennale in Venedig

    N ach den anstrengenden Premierenreisen wollte ich mich vor der Biennale etwas erholen. Ich beschloß, mit Hermann Storr, meinem Freund, den ich durch meine Verpflichtungen sehr vernachlässigt hatte, einen Urlaub in der Sonne und am Meer zu verbringen. Nicht weit vom Festspielhaus gibt es ein kleines Fischerdorf am Udo. Dort versteckten wir uns vor der immer stärker anschwellenden Publicity.
      Wenige Kilometer entfernt hatte die Jury schon ihre Arbeit aufgenommen, wir aber genossen das einfache Leben in dem kleinen Ort, wo mich niemand kannte und ich ungestört in Sanddünen sonnenbaden konnte. Erst in letzter Stunde ließ ich mich im Festspielhaus blicken. Unter der deutschen Delegation und im italienischen Komitee herrschte schon große Aufregung, weil niemand Ahnung hatte, wo ich mich aufhielt. «Olympia» zählte zu den preisverdächtigen Filmen. Hauptkonkurrenten waren Walt Disneys «Schneewittchen», Englands «Pygmalion» und «Quai de Brumes» von Marcel Carné.
      Überraschung und Ärger gab es, als Marschall Balbo, der italienische Gouverneur von Libyen,unangemeldet mit einer Sondermaschine erschien und den Wunsch äußerte, während der Vorführung neben mir zu sitzen. Die Festspielleitung schlug es ihm ab. Nach dem Protokoll saßen der italienische Minister Alfieri und von Mackensen, der deutsche Botschafter, neben mir. Balbo, ein Freund des Duce und Luftfahrtminister von Italien, war beleidigt - er verließ noch am gleichen Tag den Lido. Ich war über diesen Vorfall ziemlich unglücklich. Balbo hatte mir für die geplante «Penthesilea» ein fantastisches Angebot gemacht: Er wollte mir für die Kampfszenen tausend weiße Pferde mit libyschen Reitern zur Verfügung stellen. Die Aufnahmen zwischen den Amazonen und den Griechen sollten in Libyens Wüste aufgenommen werden. Das war nun wohl in Frage gestellt.
      Am Lido erlebte ich die Krönung des Erfolgs von «Olympia». Der Film erhielt vor den Filmen Walt Disneys und Marcel Carnés den «Goldenen Löwen»,
      Bei der Preisverleihung traf ich auch einen alten Bekannten, Carl Vollmoeller, der mich vor fünfzehn Jahren als Tänzerin für Max Reinhardt entdeckte. Er wohnte in Venedig im Palazzo Vendramin, in dem Richard Wagner die letzten Tage seines Lebens verbracht hatte. Vollmoeller lud uns zu einem Abendessen ein. In diesem ehrwürdigen alten Palais am Canal Grande verlebte ich bei Kerzenlicht und herrlichem Wein meinen letzten Abend in Venedig.

    Im Rosengarten

    V or «Penthesilea» wollte ich eine lange Pause einlegen. Nach dem Streß mit dem Olympiafilm mußte ich erst wieder Kräfte sammeln. Drei Jahre hatte mich diese Arbeit gekostet.
      Am schnellsten habe ich mich immer beim Klettern erholt. Nur wer diesen Sport betreibt und liebt, kann verstehen, daß Klettern zur Sucht werden kann, und ich glaube, ich war süchtig.
      Hans Steger hatte schon interessante Routen für mich ausgewählt. Als letzte der Touren wollte er mit mir als Krönung die Zweitbesteigung der «Direttissima» der Rosengarten-Ostwand machen. Er hatte sie als erster mit dem belgischen König Albert, dem Vater Leopolds III., bestiegen. Vor dieser Wand, die tausend Meter senkrecht in die Höhe steigt, hatte ich oft bewundernd gestanden, konnte mir aber nicht vorstellen, daß ich sie in direkter Fallinie besteigen könne. Es wäre für mich im Klettern die größte Herausforderung.
      Die Touren, die wir vorher als Training unternahmen, wurden immer schwieriger. Als ich wieder gut in Form war, schlug mir Steger die Rosengarten-Nordwand vor, ein Test, ob ich die «Direttissima» der Ostwand schaffen könnte. Diese düstere, fast schwarze senkrechte Wand, den Vajolett-Türmen gegenüberliegend, wirkt abweisend. Steger überlegte, ob wir die Piaz- oder Solleder-Route wählen sollen. Wir entschieden uns für den Solleder-Weg.
      In einer Rekordzeit von drei Stunden, haben wir die Wand durchstiegen, obgleich ein einsetzendes Schneetreiben uns überraschte. Noch nie hatte ich so lange Traversen mit so winzigen Tritten und Griffen gemacht. In der Vajolett-Hütte wärmten wir uns mit heißer Milch und Cognac auf.
      Nun sprach Hans von der «Direttissima». Das Besondere dieser Route durch die Rosengarten-Ostwand sind die vielen Überhänge, nicht die enorme Höhe. Jede Seillänge ist schwierig.
      Mit einer Stunde

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