Memoiren 1902 - 1945
Gesprächs war enttäuschend. Reinl berichtete, der junge Mann spreche einen so starken Dialekt, daß selbst er, ein Landsmann, ihn kaum verstehe. Wie schade! Seiner Erscheinung nach wäre er für die Rolle ideal gewesen. Ich gab es noch nicht auf und lud ihn zu einem Nachmittagstee ins « Hotel Post» ein. Er war schüchtern, wagte kaum den Mund aufzutun, aber sein Ausdruck entsprach nun einmal dem Bild, das ich mir von dieser Rolle gemacht hatte. Notfalls könnte man die Sprache synchronisieren. Er war dreiundzwanzig, Sanitätssoldat und von der Wehrmacht als Skilehrer in das Arlberggebiet abkommandiert. Noch war ich unsicher, die Hauptrolle mit einem so blutjungen Laien zu besetzen - ein beträchtliches Risiko. Ich behielt aber den jungen Mann im Gedächtnis.
Schauplatz der Außenaufnahmen sollte Spanien sein, möglichst mit den gleichen Motiven wie beim ersten Anlauf vor sechs Jahren. Wir schickten im Frühjahr 1940 den Kameramann, die Architekten und eine Kostümbildnerin nach Spanien. Ich wollte indessen in Berlin die Darsteller auswählen. Die «Tobis» war wenig entzückt über meine Absicht, die Hauptrolle mit einem Anfänger zu besetzen. Aber ich war einverstanden, von den damals schon bekannten, vielleicht geeigneten jungen Schauspielern Probeaufnahmen zu machen. Nur wenige entsprachen dem Pedro-Typ. Es ging nicht nur um die äußere Erscheinung, sondern vor allem um die echte Naivität, welche die Rolle verlangte. Es mußte glaubhaft wirken, wenn er sagt: «Ich hab noch nie ein Weib gehabt.» Würde man dies dem Schauspieler nicht zutrauen, wäre es eine Fehlbesetzung und das Kino ein Lachkabinett. Bei den Probeaufnahmen kam nichts heraus. Ich wurde meinen Pedro vom Arlberg nicht los. Für den Don Sebastian war Bernhard Minetti Favorit. In seinen Bühnenrollen bei Gründgens als Robespierre in Büchners «Dantons Tod» und als «Richard III.» hatte ich ihn bewundert. Ich machte auch Probeaufnahmen mit Gustav Knuth und Ferdinand Marian, entschied mich schließlich aber für Minetti. Schon seine asketisch wirkenden Gesichtszüge ließen ihn mir für die Rolle eines nordspanischen Edelmanns geeigneter erscheinen.
Eine wichtige Entscheidung war die Besetzung der weiblichen Hauptrolle, der Zigeunertänzerin Martha. Damals wollte ich sie übernehmen, aber diesmal ging es mir nur um die Regie. Ich sah nur zwei Schauspielerinnen für diese Rolle: Brigitte Horney oder Hilde Krahl. Sie waren beide nicht frei. Es war zum Verzweifeln. Die «Tobis» und meine Leute bedrängten mich, ich sollte die Rolle wieder selbst übernehmen. Ich ließ mich überreden, aber nur unter der Bedingung, daß wir einen Regisseur für meine Spielszenen fänden.
Willy Forst, Helmut Käutner und andere, die ich mir vorstellen konnte, waren beschäftigt. «Tiefland» schien unter einem schlechten Stern zu stehen. Endlich ein Lichtblick. Einer der begabtesten Filmregisseure, G. W. Pabst, kam aus Hollywood zurück, wo er einige Jahre tätig gewesen war. Er wollte wieder in Deutschland arbeiten für ihn nicht einfach, da er bei Goebbels trotz seiner Erfolge unbeliebt war. Mit seinem vielleicht besten Film «Kameraden» fiel er unter die Kategorie «links».
Seit den Tagen der «Weißen Hölle vom Piz Palü» verband mich mit G. W. Pabst eine tiefe Freundschaft. Er war sofort bereit, die Regie der Spielszenen zu übernehmen.
Bis auf «Pedro» waren alle Rollen besetzt: neben Minetti mit so hervorragenden Berliner Schauspielern wie Maria Koppenhöfer, Frieda Richard und Aribert Wäscher. Nun beschloß ich, es mit mei nem Pedro zu versuchen. Ein Urlaubsantrag wurde von seiner Dienststelle in Wien genehmigt, und dann stand «Pedro» eines Tages vor uns. Ich hatte mich nicht getäuscht. Franzl, wie wir ihn nannten, war in seinen Probeaufnahmen einfach großartig, bis auf die Sprache, doch dazu hatte ich mir auch schon Gedanken gemacht. Unglücklicherweise lehnte ihn G. W. Pabst ab, obwohl er von der Ausdruckskraft des jungen Mannes überrascht war. Auch bei ihm scheiterte Franzl am Sprachproblem. Was tun? Wir hatten also noch immer keinen männlichen Hauptdarsteller. Dazu kam ein weiterer Rückschlag. Der bisher von Goebbels so ungeliebte G. W. Pabst erhielt von ihm zu aller Überraschung ein phantastisches Angebot für zwei große Spielfilme, die sogar vom Propagandaministerium gefördert wurden, die «Komödianten» mit Käthe Dorsch und den «Paracelsus» mit der Starbesetzung Werner Krauss und Harald Kreutzberg. Ich
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