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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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die Produktion, die «Tobis» den Verleih übernehmen.
      Ich wollte diesen Stoff nicht als Oper verfilmen, meine Vorstellung war eine epische Dichtung, die ich ins Optische umsetzen wollte, eine Bildballade. Ich war deshalb glücklich, Richard Billinger, den seit seiner «Rauhnacht» so erfolgreichen Bühnen- und Filmautor, für das Drehbuch zu gewinnen.
      Vom Optischen her reizte mich das Milieu, das mich an die spanischen Maler Goya und El Greco erinnerte. Das Thema ist einfach:
      Oben im Gebirge lebt Pedro, der Hirt und Leibeigene des Marques Don Sebastian, eines Despoten, der in «Tiefland» erbarmungslos gegen seine Untergebenen und insbesondere gegen seine Bauern herrscht. Pedro ist eine Art Parsifalfigur. Er kommt nur selten ins Tiefland, das, wie der alte Hirte Nando sagt, «schlecht» ist. Martha ist die schöne Ziehtochter eines armen Zigeuners und wird von beiden Männern geliebt. Die hieraus entstehenden Konflikte ergeben die dramatische Handlung. Zwischen den Rivalen kommt es zu einem Messerkampf. Pedro tötet Don Sebastian, er erwürgt ihn wie den Wolf, der in seine Herde einbrach. Nach dem Tod Sebastians kommt der erlösende Regen - die monatelang anhaltende Dürre ist beendet -, die Bauern haben ihr Wasser, und Pedro und Martha verlassen das «Tiefland» - sie gehen hinauf in die Berge.
      Als ich Billingers ersten Entwurf las, dem der Stoff auf den Leib geschrieben sein mußte, wie ich glaubte, war ich enttäuscht. Auch der zweite und dritte mißlang. Selbst Billinger war mit seiner Arbeit unzufrieden. Schade, wenn es ihm nicht gelang, wem dann? Ich versuchte es mit Frank Wisbar, dem Regisseur so guter Filme wie «Fährmann Maria» und «Die Unbekannte». Es war wie verhext, auch sein Manuskript war eine Enttäuschung.
      Alle anderen guten Drehbuchautoren waren «ausgebucht», wie man heute sagen würde. Mir blieb nichts übrig, als es selbst zu versuchen. Ich mietete mir in Kitzbühel auf dem Hahnenkamm eine kleine Berghütte und zog mich zurück. Unmittelbar am Anfang der berühmten ‹Streif›-Abfahrt gelegen, war es eine starke Versuchung, mich wieder auf die Bretter zu stellen. Täglich zog ich die rotkarierten Gardinen vor die Fenster, um die Winterlandschaft nicht zu sehen.
      Die Arbeit fiel mir nicht leicht, und ich hätte sie kaum geschafft, wenn mir der Zufall nicht geholfen hätte. Auf dem Hahnenkamm traf ich Harald Reinl. Er war als einer der besten Skiläufer in vielen Fanck-Filmen dabei gewesen und hatte auch schon in meiner eigenen Firma als Guzzi Lantschners Assistent gearbeitet. Unsere Begegnung wurde für ihn zur Schicksalsstunde. Reinl hatte an der Innsbrucker Universität seinen Doktor jur. gemacht und bereitete sich auf eine Beamtenlaufbahn vor. Da entschlüpfte ihm die Bemerkung, viel lieber würde er beim Film arbeiten. Er gab mir eines seiner Manuskripte zu lesen. Schon nach wenigen Seiten war ich mir über seine filmische Begabung nicht im Zweifel.
      Impulsiv fragte ich: «Würdest du deine Ministerialratskarriere sausenlassen, wenn ich dich als Regieassistenten für ‹Tiefland› engagiere?»
      Er schaute mich ungläubig an und erwiderte: «Ich hab doch keine praktischen Erfahrungen.»
      «Macht nichts», sagte ich, «du bist begabt, und das ist wichtiger.» So kam Harald Reinl zum Film. Bald begannen wir auf der Berghütte mit der gemeinsamen Arbeit, und sie lief gut. Ich hatte einen Gesprächspartner, und bei den Dialogen war er eine große Hilfe. Schon nach sechs Wochen war das Drehbuch fertig. Wir hatten, abweichend von der Oper, ein soziales Thema, den Aufstand der leibeigenen Bauern gegen ihren Herrn, eingebaut.
      Auf ungewöhnliche Weise entdeckte ich unseren «Pedro». Sepp Rist, 1934 für diese Rolle vorgesehen, war inzwischen für den «Pedro» zu alt. Er hatte nach seinem großen Erfolg in «SOS Eisberg» als Partner von Brigitte Horney in dem Fanckfilm «Der ewige Traum» die Rolle des «Balmat» gespielt, der als erster im vorigen Jahrhundert den Montblanc bestieg. Reinl und ich sahen uns in St. Anton am Arlberg das Kandahar-Skirennen an. In einer Schlange der Skiläufer, die vor einer geschlossenen Eisenbahnschranke wartete, entdeckte ich einen jungen Mann. Ich wußte gleich, das ist Pedro. In diesem Augenblick gingen die Schranken hoch, die Skiläufer strömten zur Seilbahn, meinen Pedro hatte ich verloren. Auf dem Galzig, am Start zum KandaharRennen, sah ich ihn wieder, und nun setzte ich Reinl auf ihn an. Das Ergebnis des

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