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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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bin. Weißt Du, Leni, ich habe in letzter Zeit in den vielen Stunden, die ich ganz allein bin und nur das weite Meer sehe, sehr oft über uns beide und über unser Leben nach gedacht. Und ich bin immer wieder zu der letzten Erkenntnis gekom men, daß ich, wenn ich in diesem Einsatz oder im jetzigen Krieg fal len sollte, ein unerfülltes Leben gehabt habe ...Du weißt ja, daß ich den Tod nicht fürchte - aber seit ich Dich habe, habe ich auch einen fanatischen Willen zum Leben. Es muß ja alles gut werden. Ich möchte Dir einmal sagen können, wie sehr ich Dich liebhabe. Aber dazu reichen alle Sprachen der Welt nicht aus. Ich weiß ja, daß Du alles fühlst, und ich kann Dir nur immer wieder sagen, ich bin ganz Dein Peter.

    Kein Wort über die Zerwürfnisse, die unser Zusammensein verdüstert hatten, nur Liebe sprach aus seinen Zeilen, und an der Echtheit seiner Gefühle hatte ich nie gezweifelt. So las ich einen Brief nach dem anderen. Er schrieb mir von dem Vormarsch auf der Eismeerstraße, von den schweren Schneeverwehungen und Stürmen und daß schon seit Tagen keine Post mehr nach vorne kam.
      In einem späteren Brief berichtete er über die Einsätze an der Front, von Kämpfen mit den Russen, die alle planmäßig verlaufen wären, und daß die Stimmung seiner Leute trotz der enormen körperlichen Beanspruchung ausgezeichnet sei. «Ab und zu», schrieb er, «dringen spärliche Nachrichten von der übrigen Front durch, auf die wir natürlich lauern - nicht ganz so sehr, wie auf die Feldpost, die mich zur Zeit stiefmütterlich behandelt...»
      Einige Tage danach: «Heute habe ich einen Ruhetag. Ich sitze in einem sogenannten Erdbunker, das ist, einfach ausgedrückt, ein größeres Loch im Boden, das mit Birkenstämmen abgedeckt ist und mit einer Oberschicht von Erde. Leider habe ich noch keine Post von Dir bekommen, ich hoffe nur, daß Dir nichts passiert ist. Ich bin jetzt Tag und Nacht unterwegs und weiß manchmal nicht, wo ich die paar Stunden zum Schlafen hernehmen soll...»
      Zwei Tage später: «... das Schlimmste ist, daß ich nichts mehr von Dir höre, wenn ich doch nur wieder etwas Post von Dir habe, daß ich weiß, wo Du bist. Voraussichtlich werde ich ab Morgen einige schwere Tage haben und vielleicht nicht schreiben können. Bist Du noch als mein Schutzengel bei mir?...»
      Ein weiterer Brief: «.. .Jetzt habe ich Dir fünf Tage nicht schreiben können. Zur Zeit bin ich die ganzen Nächte unterwegs und komme dann am Morgen zerschunden und erfroren in meinen Erdbunker, der mir wie ein Luxushotel erscheint. Dann verfalle ich in einen totenähnlichen Schlaf. Morgen gehe ich wieder nach vorn, vielleicht kannst Du vorher noch mal schreiben...»
      Nach zwei Tagen erhielt ich einen weiteren Brief, der mich sehr berührte: «.. .Mein lieber, kleiner Schutzengel, vorgestern warst Du wieder in dieser Eigenschaft bei mir...»
      Beim Lesen dieser Zeilen fiel mir ein seltsames Erlebnis ein, das ich in meinem Kalender eingetragen hatte. Es war der 29. Oktober,
der Tag, an dem mich Peter seinen Schutzengel nannte. Während ich an ihn schrieb, überfielen mich plötzlich Unruhe und große Angst. Wie im Traum sah ich zwei Russen, die sich über den auf dem Erdboden liegenden Peter beugten und versuchten, ihn mit Gewehrkolben zu erschlagen. Während dieser Schreckvision hörte ich ein Geräusch - eine große Kakteenblüte war abgebrochen und zu Boden gefallen. Als ich dies Monate später Peter erzählte, ergab sich, daß in der gleichen Stunde, in der ich diese Schreckvision hatte und die Blüte zu Boden fiel, Peter sich in tödlicher Gefahr befand. Er mußte sein Leben gegen zwei Russen, die ihn angegriffen haben, verteidigen.

    Udets letzter Anruf

    E ines Morgens wurde ich durch einen Anruf im tiefsten Schlaf geweckt.
      «Du schläfst ja noch», hörte ich wie aus weiter Ferne eine mir bekannte Stimme.
      «Wer spricht?» fragte ich verschlafen.
      «Ich bin’s - Erni, kennst du meine Stimme nicht?»
      «Udet», rief ich jetzt munter werdend, «was ist los, warum rufst du mich in aller Herrgottsfrühe an? Was gibt es?»
      «Nichts Besonderes, ich wollte nur noch einmal deine Stimme hören.»
      «Wie meinst du das!» fragte ich ihn beunruhigt.
      «Tschau - Leni, schlaf noch ein bißchen», sagte er sehr leise, und damit war dieses Gespräch zu Ende.
      Nur wenige Stunden später hörte ich aus dem Rundfunk die Meldung, Generaloberst Ernst Udet habe bei der Erprobung einer neuen

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