Memoiren 1902 - 1945
wir die größte Chance für die Aufnahmen mit den Kampfstieren. Hier gab es die meisten Stierfincas. Günther Rahn, mein Jugendfreund, der nun schon seit fast zehn Jahren in Madrid lebte, machte mich mit den berühmten Toreros wie Belmonte, Biennevenida und dem für die Spanier unsterblichen Manolete bekannt, die meist auch Besitzer großer Stierfincas waren.
Doch leider konnten die geplanten Aufnahmen mit den Stieren hier nicht gemacht werden, da für unsere Szenen nicht die geeigneten Landschaftsmotive zu finden waren.
Eine letzte Möglichkeit schien Kastilien zu bieten. In der Nähe von Salamanca, auf der größten Stierfinca Spaniens, weideten über tausend Kampfstiere.
Anfangs sah es hoffnungslos aus, den Besitzer zu bewegen, uns seine wertvollen Tiere zur Verfügung zu stellen. Wenn es nach endlosen Besprechungen trotzdem gelang, ihn umzustimmen, dann nur deshalb, weil er etwas für die Deutschen übrig hatte. Allerdings mußten wir uns verpflichten, die «Torros» - das sind die großen Kampfstiere, die nur für die besten Stierkämpfe gezüchtet werden - hoch zu versichern. Ein teurer Spaß: Denn wir wollten 600 Kampfstiere haben. Aber auch dieses Problem verstand Günther zu lösen.
Das Schwierigste stand uns noch bevor. Wir waren ahnungslos, wie kompliziert die Aufnahmen verlaufen würden. Die Stiere mußten, von mehreren Hirten geführt, täglich viele Stunden zu den Aufnahmeplätzen getrieben werden, dann wurden sie einen Tag geschont.
Endlich aber war es soweit. Vor «Las Pedrizas», einem kleinen Gebirge, fünfzig Kilometer von Madrid entfernt, war mit Hilfe berittener Spezialisten für die «Torros» alles vorbereitet. Bei einer Temperatur von über 60 Grad in der Sonne kamen unsere ersten Aufnahmen zustande. Ein unglaubliches Bild, als Hunderte schwarzer Tierkörper gegen den Hintergrund der gelben Grasflächen auf uns zugaloppierten, wo sie vor der Kamera von Reitern aufgehalten und wieder zurückgetrieben wurden. Zum Glück verlief alles ohne Zwischenfälle.
Nun traf auch Bernhard Minetti ein. Da Gründgens ihn nicht freigab, hatten wir seinetwegen fast ein Jahr die Aufnahmen unterbrechen müssen. Im Gegensatz zu seinem Verhalten im Atelier war er hier viel gelöster, und es war leicht und angenehm, mit ihm zu arbeiten.
Nachdem beinahe alle Szenen abgedreht waren, erwartete mich eine Riesenüberraschung: Plötzlich stand Peter vor mir, den ich an der Eismeerfront vermutete. Ich glaubte zu träumen. Mit keinem Wort hatte er in seinen Briefen diesen Urlaub erwähnt. Wir waren sprachlos. Wie war es möglich, daß ein deutscher Offizier mitten im härtesten Krieg nach Spanien reisen konnte? Aber Peter schaffte es. In gefährlichen Fronteinsätzen hatte er sich diesen kurzen Urlaub verdient. Er wollte damit meine Zweifel an ihm beseitigen und mich fest an sich binden. Das ist ihm auch gelungen.
Haus Seebichl
D as Wiedersehen mit Berlin war trostlos: Nichts als Trümmer und zerbombte Häuser, was für ein Gegensatz zu Spanien. Das «Promi» hatte inzwischen viele Firmen aufgefordert zu evakuieren. Auch wir entschlossen uns, mit einigen Mitarbeitern von Berlin wegzugehen. In der Nähe von Kitzbühel hatten wir ein Haus gefunden. Wir hatten es nur bekommen, weil es ohne Heizanlage unbewohnbar war. Wir mußten sie erst einbauen.
Um das Filmmaterial vor den Bombenangriffen zu retten, nahmen wir mit, was wir nur konnten: Negative, Positive, Lavendelkopien, Dupnegative, nicht nur von «Tiefland», sondern auch von den fremd sprachigen Versionen der Olympia- und Parteitagfilme, vom «Blauen Licht» und vielen Kurz- und Sportfilmen. Die Hälfte lagerten wir in zwei Bunkern in Berlin-Johannisthal ein.
In diesen bedrückenden Tagen besuchte mich manchmal nach Bombenangriffen Albert Speer. Er war nach Todts überraschendem Tod zum Rüstungsminister ernannt worden. Bei starkem Kaffee, den Helene kochte, versuchte er sich zu entspannen. Immer war er einer der ersten, der bei den Luftangriffen draußen war und mit Ruhe und Besonnenheit die Löscharbeiten leitete. Ich bewunderte seine Furchtlosigkeit und seine Anspruchslosigkeit. Als ich ihn einmal bat, mir Baumaterial für einen Luftschutzkeller zu bewilligen, in dem ich wertvolle Kopien vor Luftangriffen schützen wollte, lehnte er es mit der Begründung ab, er könne kein Material bewilligen, ehe nicht alle Menschen sichere Luftschutzkeller besäßen. Das galt auch für seine eigenen Modellaufnahmen des künftigen
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