Memoiren 1945 - 1987
Afrika-Schriftsteller und Fotografen, ein Freund von Mick und Bianca, der uns auf seine Farm nach Nairobi einlud. Dann wollte mich mein Verleger sehen und von «Camera Three» Stephan Chodorov und John Musilli, die den Fernsehfilm über mich gemacht hatten. Dann die Stunden mit Jonas Mekas, dem «Papst» des künstlerischen Films, der in seinem Kunstfilmtheater Filme in technisch maximaler Qualität zeigt und auch meine Filme vorführen wollte. All das war ungeheuer aufregend und verheißungsvoll, aber wir hatten schon Oktober, und im November wollte ich schon bei den Nuba von Kau sein.
Ich hatte großes Glück, ausgerechnet hier in New York den sudanesischen Außenminister Dr. Mansour Khalid zu treffen. Wir trafen uns in der «Factory» von Andy Warhol, mit dem ich verabredet
war. Der Minister versprach mir für meine wahrscheinlich letzte Expedition jede nur erdenkliche Hilfe, vor allem für die Beschaffung der Fahrzeuge.
Die Atmosphäre in Andy Warhols «Factory» war im Gegensatz zu seinen Filmen und Bildern sehr nüchtern. Es waren leere Fabrikräume mit ein paar Stühlen und Tischen darin, an viel mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich mußte lange warten, bis Andy erschien. Er wirkte fast zierlich. Seine Hautfarbe war bleich, was durch die weißen Haare und den dunklen Anzug, den er trug, verstärkt wurde. An der Leine führte er einen kleinen Hund. Unser Gespräch, das er mit einem Tonbandgerät aufnahm, war sehr sachlich. Andy sprach langsam, fast monoton. In seinem Gesicht waren keine Emotionen zu sehen. Er wirkte etwas scheu. Wahrscheinlich war dies Schutz gegen Fremde, da er schon für zu viele eine Kultfigur geworden war. Über Paul Morrissey, Regisseur seiner Filme und ein Fan von mir, der oftmals lange Gespräche aus New York mit mir führte, hatte ich noch über eine längere Zeit Kontakt mit ihm.
Ein Telefongespräch
I n München ging es drunter und drüber. In wenigen Wochen mußte alles für die Expedition vorbereitet sein, und deren Vorbereitung war noch schwieriger als die unserer bisherigen. Von den NubaBergen aus war Kadugli in zwei bis drei Autostunden erreichbar, und dort gab es manches zu kaufen. In der Umgebung von Kau gab es nichts, nicht einmal Märkte für Eingeborene. Wir mußten alles, was wir benötigten, mitnehmen.
Während dieser Arbeiten riefen uns plötzlich einige uns unbekannte Leute an. Sie wollten sich über die Südost-Nuba erkundigen, darunter ein Reiseunternehmer, der die Absicht äußerte, demnächst nach Kau zu fahren. Wir waren bestürzt. Horst, der mit dem Mann gesprochen hatte, versuchte sofort, ihm dieses Vorhaben auszureden. Er sagte, daß nach seinen Informationen dieser Stamm längst seine Bräuche und Sitten abgelegt habe, es solle dort sogar schon eine Schule geben. Als Horst den Anrufer fragte, wie er auf diese Eingeborenen gekommen sei, erzählte der ihm, er habe vor kurzem über diesen Stamm in der «Neuen Zürcher Zeitung» einen interessanten Bildbericht gesehen, in dem der Verfasser auch
über die großen Veränderungen und den baldigen Untergang der Südost-Nuba berichte, aber auf vielen Fotos sei ersichtlich, daß die Eingeborenen noch nackt sind, sicherlich noch ein lohnendes Reiseziel. Das klang nicht gut.
Schließlich hatte ich Horst beruhigt, der sich in Kau schon von Touristen umringt sah. Ich ließ mir den Artikel aus der Schweiz kommen, er war mit «Künstler und Kämpfer» betitelt und stammte von einem Oswald Iten. Ich wollte mich mit dem Autor gerne über die Südost-Nuba unterhalten und erhielt von der Redaktion dessen Adresse und Telefonnummer.
Herrn Iten konnte ich nicht erreichen, aber seine Wirtin, der ich meinen Paßnamen genannt hatte. Bevor ich ihr noch den Grund meines Anrufes erklären konnte, fing sie sogleich von ihrem Mieter zu schwärmen an. Er hätte herrliche Aufnahmen aus dem Sudan mitgebracht, die er aber kaum verkaufen könne, weil «die Riefenstahl» ihm das Geschäft verderbe. Er könnte auch, sagte sie, für seine Fotos keinen Verleger finden, weil sie alle wegen des NubaBuches «der Riefenstahl» daran nicht mehr interessiert wären.
«Ist Herr Iten Fotograf oder Wissenschaftler?» fragte ich.
«Er studiert, er ist doch noch sehr jung», sagte seine Wirtin und erzählte mir, worüber ich nur staunen konnte. Ihr Mieter hätte, als er in diesem Jahr von seiner Sudanreise zurückkam, ihr erzählt, daß «die Riefenstahl» kurz vor ihm bei den Südost-Nuba gewesen wäre und dort mit einem
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