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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Fenster lag die amerikanische Ausgabe meines Nuba-Buches «The Last of the Nuba». Aber nicht darüber war ich so überrascht, denn ich wußte, daß der Bildband demnächst in Amerika herauskommen würde, sondern daß das Schaufenster ausschließlich und über und über nur mit den Nuba-Büchern dekoriert war. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Es war die große Buchhandlung Rizzoli, schräg gegenüber Tiffany. Harper & Row bestätigte mir, daß der Bildband einen sensationellen Erfolg habe, auch bei der Presse. Als ich am späten Nachmittag noch einmal zu Rizzoli ging, sagte man mir, in wenigen Stunden seien alle Bücher, auch die aus dem Schaufenster, verkauft worden. Wir feierten diesen Erfolg zu Rizzolis Ehren bei dem Italiener «Nanni», einem der vielen guten Restaurants, die es hier in Fülle gibt.
      Schnell wurde bekannt, daß ich in New York war, und von diesem Augenblick an hatte ich keine ruhige Stunde mehr. Nicht nur Journalisten und Fotografen stürzten sich auf mich, auch Künstler und Freunde erschienen, darunter auch Bianca Jagger, die im «Plaza» wohnte und mich zum Tee einlud. Eine große Freude. Was ich schon beim ersten Mal vermutet hatte, fand ich bestätigt. Bianca war keine Modepuppe, für die sie von vielen Leuten gehalten wird, eher das Gegenteil. Sie hatte viel über Film gelesen, war besonders an Regiearbeit interessiert und über meine Arbeit überraschenderweise genau informiert. Auch mit Mick war ich zusammen, der extra von Long Island herüberkam. Der Abend mit ihm ist mir in allen Einzelheiten unvergeßlich geblieben. Mick hatte die schöne Faye Dunaway und den Rockmusiker Peter Wolf, beide gerade erst verheiratet, sowie Anni Ivil, eine junge Frau, mit der er geschäftlich zusammenarbeitete, Horst und mich zu einem Abendessen eingeladen. Anni hatte mir gesagt, Horst müßte eine Krawatte tragen, ich ein Abendkleid, was bei «La Côte Basque», einem französischen Luxusrestaurant, unerläßlich war. Für uns etwas problematisch, da Horst Krawatten haßt und meine Abendgarderobe ziemlich bescheiden war.
      Als wir abgeholt wurden, konnte ich Faye Dunaway und Anni Ivil bewundern, sie waren phantastisch angezogen. Beim Betreten des Restaurants musterte uns eine ältere französische Empfangsdame streng von Kopf bis Fuß. Sie ließ uns passieren, verwehrte aber Faye Dunaway und Anni Ivil den Eintritt mit der grotesken Begründung, Damen in Hosen seien hier nicht zugelassen. Zuerst dachten wir, dies wäre nur ein Scherz, denn Fayes und Annis Kleider hatten knöchellange, weitschwingende Chiffonröcke. Aber die Türhüterin verwies mit energischer Geste auf den Ausgang. Das war zuviel für Mick. Wütend beschimpfte er sie, trat an den Tisch, der für uns reserviert war, nahm ein Weinglas und schmiß es auf den Boden. Ich versuchte, ihn zu besänftigen. Inzwischen war der Geschäftsführer erschienen, hatte die überstrenge Empfangsdame weggeschickt und beschwörend versucht, sich bei Mick zu entschuldigen. Der schwankte eine Weile und entschloß sich mit verfinstertem Gesicht zu bleiben. Faye und Anni, deren Kleiderröcke, wenn man sie auseinanderfaltete, tatsächlich als Hosenkleider gelten konnten, was dem scharfäugigen Cerberus nicht entgangen war, verschwanden tatsächlich, um sich umzuziehen. Natürlich war der Abend verdorben, und trotz Kaviar, Hummer und Champagner kam keine Stimmung mehr auf.
      Am kommenden Tag kam ich mit mehreren amerikanischen Filmleuten und Künstlern zusammen. Wir hatten herrliches Herbstwetter. Fast konnte man in Sommerkleidung gehen. Diese Stadt ist toll und zieht einen an wie ein Moloch. Turbulent und faszinierend, was ich in den wenigen Tagen in New York erlebte. Die unvorstellbaren Gegensätze von Armut und gigantischem Reichtum, von atemberaubender Architektur und der Trostlosigkeit der Bronx, die unzähligen Luxus-Restaurants und Schaufenster voll von Kostbarkeiten jeder Art, das alles erzeugte eine erregende Spannung.
      Fast jede Stunde hatte ich eine neue Verabredung, die mir wichtig erschien. Vor allem waren es die Unterredungen mit Richard Meran Barsam, Professor an der «New York University», der über meine Filme ein Buch schrieb, oder die Bekanntschaft mit Sidney Geffen, Besitzer eines der großen Lichtspielhäuser, das Carnegie Hall Cinema, der mich in ein tschechisches Lokal führte zum besten Entenbraten, den ich je gegessen habe. Nicht weniger interessant war das Zusammentreffen mit Peter Beard, dem bekannten

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