Memoiren 1945 - 1987
großen Team und einer enormen Ausrüstung gearbeitet hätte.
Was für törichte Lügen! Anspruchsloser wie Horst und ich die Tage in Kau verbracht hatten, ging es nicht mehr. Damals ahnte ich allerdings noch nicht, daß dieser Student später in Zeitungen und sogar in einem Taschenbuch die unglaublichsten Geschichten über mich verbreitete und mich überall zu diffamieren versuchte.
Zurück in den Sudan
E s war Anfang Dezember 1974, als ich, wie vor jeder Expedition, erschöpft und wie ausgelaugt nach Khartum flog. Horst sollte in einer Woche mit dem gesamten Expeditionsgepäck nachkommen. Dieses Mal wollte ich die private Gastfreundschaft meiner Freunde nicht in Anspruch nehmen und hatte mir im «Sudan-Hotel» ein Zimmer reservieren lassen. Kaum in Khartum angekommen, wurde ich krank. Ich bekam heftige Magenschmerzen und eine Hautallergie, Körper und Gesicht waren mit roten Flecken bedeckt. Eine deutsche Ärztin half mir mit starken Calciuminjektionen. Als Horst ankam, durfte ich schon wieder aufstehen und zum Flughafen fahren.
Am nächsten Morgen kam eine Hiobsbotschaft, unsere Luftfracht war nicht mitgekommen. Unser Freund Norbert Koebke, Leiter der Deutschen Lufthansa in Khartum, bemühte sich angestrengt, unser Gepäck aufzufinden. Trotz aller Telexe nach München, Frankfurt und Kairo — kein Erfolg. Auch mit der nächsten Maschine kam das Gepäck nicht. Wir mußten wohl oder übel in dem einfachen, aber teuren Hotel bleiben und warten. Einen Tag vor Heiligabend trafen die Gepäckstücke ein. Wir atmeten auf, kamen aber an unser Gepäck nicht heran. Alle Behörden und Büros, einschließlich der Zollabfertigung, waren geschlossen, und zwar für die ganze Woche. In die Zeit vom 23. Dezember bis Jahresende fallen die hohen Feiertage der Mohammedaner und der Christen, anschließend beginnen im Sudan mit Jahresanfang die Unabhängigkeitsfeiern. Eine katastrophale Situation. Wir waren in Khartum gefangen.
In dieser verzweifelten Situation wurde Norbert Koebke unser rettender Engel. Wie er es geschafft hatte, weiß ich nicht mehr, aber er bekam während der Weihnachtstage unser Gepäck aus dem Zoll heraus. Ein neuer Schrecken. Unser Seesack mit unentbehrlichen Geräten wie Lichtkabel, Kamerafolien, Filmstativ und anderen wichtigen Teilen war nicht dabei und, wie es sich herausstellen sollte, auch nicht mehr zu finden. Wir mußten uns das alles aus Deutschland besorgen lassen und verloren so eine weitere Woche. Spätestens Anfang Dezember wollte ich in Kau sein, und nun war es Weihnachten. Um die Katastrophe zu vervollständigen, gelang es uns trotz meiner guten Beziehungen zu den sudanesischen Behörden und trotz hilfsbereiter Freunde nicht, in Khartum einen LKW zu mieten. Präsident Nimeiri und einige seiner Minister verbrachten die Tage in Mekka, auch Abu Bakr war nicht in Khartum. Welche Mühen hatten die Vorbereitungen der Expedition gekostet, und nun saßen wir hier schon seit drei Wochen.
Ein Glück, daß der sudanesische Außenminister, der mir in New York jede Hilfe versprochen hatte, sich in Khartum aufhielt. Immerhin gelang es ihm, uns wenigstens ab El Obeid Fahrzeuge zu verschaffen und mir ein Flugticket dorthin, für Horst eine Eisenbahn
fahrkarte.
Wahrend ich mich in El Obeid um die Fahrzeuge bemühte, blieb Horst noch in Khartum, bis die aus München kommenden Ersatzstücke einträfen. Mit seinen 35 Kisten sollte er per Bahn nach El Obeid nachkommen.
Seit Tagen wartete ich ungeduldig auf ihn. Er hätte längst eintreffen müssen. Der Zug kam und kam nicht. Ich war schon am frühen Morgen am Bahnhof, der Zug war angesagt, aber er kam nicht, er sollte dann am Abend kommen und schließlich um Mitternacht. Niemand konnte mir Auskunft geben, warum der Zug nicht eintraf. Tief beunruhigt ging ich ins Rasthaus.
Morgens um sechs Uhr fand ich mich wieder auf dem Bahnsteig ein. Stundenlang stand ich da, voller Angst und Ungewißheit. Es wurde Nachmittag und noch kein Zug zu sehen. Über 50 Stunden war er schon unterwegs. Aber endlich rollte er ein. Zitternd hielt ich Ausschau nach Horst — er war da und, gottlob, mit ihm die unzähligen Kisten. Das Anstrengendste dieser Fahrt für ihn war, daß er die ganze Zeit kaum hatte schlafen können, um nicht bestohlen zu werden. Sooft der Zug hielt, und er hielt andauernd, lief er zum Gepäckwagen und zählte die Kisten.
Noch vor Sonnenaufgang verließen wir El Obeid. General Abdullahi Mohamed Osman hatte mir zwei Fahrzeuge
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