Memoiren 1945 - 1987
Eröffnung der Spiele wurde ich um eine Menge Interviews gebeten, und auch der Regisseur Jean-Claude Labrecque, der den offiziellen Olympiafilm machte, nahm mich in Beschlag und zeigte mir voller Stolz die modernsten Aufnahmegeräte. Er sprühte vor Temperament.
Vor Beginn der Spiele verdunkelten noch politische Differenzen den Olympischen Himmel. Zahlreiche schwarzafrikanische Staaten boykottierten die Spiele. Es war ein Protest gegen die Teilnahme Neuseelands, dessen Rugby-Team kurz zuvor eine Südafrika-Tournee unternommen hatte. Von 120 gemeldeten Nationen marschierten nur 94 ins Stadion ein. Die Eröffnungsfeier war glänzend arrangiert. Bei strahlendem Sonnenwetter eröffnete Königin Elisabeth, ganz in Rosa gekleidet, die Spiele. Ich hatte einen idealen Platz, von dem aus ich mit meinen Teleoptiken gute Aufnahmen machen konnte.
Wenn ich an diesen Tag zurückdenke, erinnere ich mich einer hübschen Episode. Neben dem Block, in dem ich meinen Sitzplatz hatte, saßen die Vertreter der «Prominenz», die Staatsgäste der Regierung. Unter ihnen fiel mir ein gutaussehender Mann auf, den ich für Pierre E. Trudeau, den kanadischen Ministerpräsidenten, hielt. Von ihm und einer neben ihm sitzenden attraktiven Dame machte ich einige Aufnahmen. Als er den Platz verließ, fragte ich die Dame, die mich lächelnd beobachtet hatte, auf englisch, an welche Adresse ich die Fotos senden könnte. Ihre Antwort: «Please, send the pictures to our city.» Sie hat mich wohl für eine englische oder amerikanische Fotoreporterin gehalten. Am Abend sah ich mir mit Horst die entwickelten Filme an und sagte, ich hätte mir Trudeau nicht so jung vorgestellt. Horst sagte lachend: «Das ist doch nicht Trudeau, das ist doch unser Münchner Oberbürgermeister, der Kronawitter.» Tatsächlich hatte ich geglaubt, es sei Trudeau gewesen. Die Fotos habe ich nicht abgesandt, aber ich besitze sie noch.
Nach einigen Tagen, während ich die Wettkämpfe verfolgte, kam es wieder einmal zu einem Skandal um meine Person. Mitglieder einer bedeutenden Organisation protestierten in schärfster Form beim Canadischen Olympischen Komitee und bei dem Minister für
Arbeit und Einwanderung gegen meine Anwesenheit. Sie behaupteten, wie in den canadischen Zeitungen zu lesen stand, meine Anwesenheit beleidige alle Canadier. Ich sollte sofort aus Canada deportiert werden, da, wie es wörtlich hieß, «ihre Philosophien einen schändlichen Affront gegen den olympischen Geist bedeuten». Auch machten sie mich für die Verbrechen des Dritten Reiches mitverantwortlich. Aber wie 1972 anläßlich der Olympischen Spiele in München, bei denen die «Sunday Times» die Proteste der jüdischen Gemeinde zurückwies, wirkten sich diese massiven Vorwürfe auch in Canada nicht nachteilig für mich aus. Wenige Tage danach erhielt ich mit anderen Ehrengästen eine ehrenvolle Einladung der canadischen Regierung. Mit einer Sondermaschine sollten wir zur James Bay im Norden Canadas fliegen, wo wir neben der arktischen Landschaft auch moderne Industrieanlagen und Entwicklungsprojekte besichtigen konnten. Leider wurde dieser vielversprechende Flug im letzten Augenblick wegen zu schlechten Wetters abgesagt.
Bevor ich Montreal verließ, war ich Gast einer Talkshow, die die berühmteste canadische Talkmeisterin moderierte. Meine Partner waren die kleine Rumänin Nadia Comaneci, Superturnerin und Goldmedaillengewinnerin, und Jean-Claude Labrecque, der Regisseur des canadischen Olympiafilms. Hinterher wurde im Kreise vieler neuer Freunde ein langer Abschied gefeiert.
Die neue Kamera
M it 300 Kilo Gepäck landeten wir auf den «Virgin Islands» in St. Thomas, einer der schönsten Inseln in der südlichen Karibik. In New York hatte ich das «Oceanic»-Gehäuse abgeholt, mir eine Spiegelreflex mit verschiedenen Optiken, ein neues Blitzgerät und weitere Tauchutensilien gekauft. Ich konnte es kaum erwarten, die neue Kamera auszuprobieren. Noch hatten wir keine feste Reiseroute, aber ich wollte unbedingt noch einmal an der «Rhone» tauchen. Dort konnte man schon in geringer Tiefe fotografieren. Deshalb entschlossen wir uns, zuerst nach der englischen Insel Tortola zu fliegen, um dort mit George Marier möglichst oft zu dem Wrack zu fahren.
Besser hätten wir es nicht treffen können. George konnte sich
freimachen und täglich mit uns an der «Rhone» oder anderen schönen Plätzen tauchen. Die ersten Aufnahmen machte ich von Papageifischen, die sich in einem am Wrack
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