Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
Vom Netzwerk:
der Serie so nachdrücklich eingesetzt, wie sie selbst und besonders Bill Garrett, daß der Widerstand einiger Vorstandsmitglieder gebrochen schien. Dem allmächtigen Board des Magazins, der die letzte Entscheidung traf, gehörten ungefähr 20 superreiche, alte und extrem konservative Amerikaner an, die gleichzeitig auch Sponsoren waren und den Spitznamen «Halbgötter» trugen. Unter ihnen war noch einmal eine heftige Debatte über die Serie entbrannt, in der die Mehrzahl der Mitglieder sich gegen die Veröffentlichung des Berichts entschied. Diesem Beschluß konnte sich auch Gilbert W. Grosvenor, der Präsident, nicht widersetzen. Mitentscheidend war die Befürchtung, viele Abonnenten, die Mitglieder religiöser Sekten sind, könnten an der Nacktheit der Nuba Anstoß nehmen. Auf meine Frage, wieso diese Entscheidung so spät erfolgt sei, sagte Mary Smith, dieses Unheil habe sich erst nach Bekanntwerden von Susan Sontags vieldiskutiertem Bericht zusammengebraut. Dieser auch von Journalisten sehr umstrittene Artikel, in dem ich als fanatische Nationalsozialistin analysiert wurde, soll die Leute aufgescheucht und ängstlich gemacht haben. Ein anderer mißlicher Umstand: Der alte Grosvenor, von dem das Magazin Jahrzehnte geleitet worden war, hatte aus Altersgründen das Amt seinem Sohn übergeben. Und dieser war, so sagte man, wohl ebenfalls sehr intelligent, aber, anders als sein Vater, noch etwas unsicher und ängstlich. Er fürchtete um seine Position, wenn er sich gegen den Willen des Vorstandes stellte.
      So gut es ging, versuchte ich über diesen neuen Schlag hinwegzukommen, aber leicht war es nicht. Wie ein Film lief in solchen Augenblicken mein Leben nach Kriegsende vor mir ab, und ich wünschte, wie schon früher sooft, mich irgendwohin zurückziehen und vergessen zu können.
      Ich erhielt das vereinbarte Honorar und ebenso alle meine Auslagen, aber trösten konnte mich dies nicht. Der Schock und die Enttäuschung waren zu groß. Mary Smith und Bill Garrett trennten sich von mir als Freunde.
      Die «Library of Congress» entschädigte mich etwas für diesen Verlust. Hier fand ich für die Eintragung meiner neuen «Copyrights» jede Unterstützung. Die fünf neuen Kopien, die ich anfertigen ließ, waren eingetroffen, und so hatte ich nur noch die diversen Anträge auszufüllen und die fälligen Gebühren zu entrichten. Auf dem Flug nach New York hatte ich die Urkunden-Dokumente schon in Händen. Nun hoffte ich den illegalen Handel mit meinen Filmen auf dem Schwarzen Markt in den USA stoppen zu können.
      Wie immer wohnte ich wieder im «Westbury», in dem ich mich schon heimisch fühlte. Meine erste Verabredung war ein Lunch mit Frances Lindley. Es war immer ein Vergnügen, mit dieser geschäftlich klugen Lady, die meinen amerikanischen Verleger Harper & Row vertrat, zusammenzutreffen. Ich bewunderte ihre Tüchtigkeit und schätzte ihre Ratschläge. Da wir auf künstlerischem Gebiet einen ähnlichen Geschmack hatten, gab es zwischen uns auch keine Probleme. Nun brauchte ich nur noch für den neuen Bildband die Zustimmung meines englischen Verlegers Sir William Collins. Nach dem Abschied von meinen amerikanischen und deutschen Freunden flog ich nach London.
      Hier erwartete mich etwas Besonderes. Mr. Buxton, Chef der «Survival Anglia-Film», einer der bemerkenswertesten Männer der englischen Filmindustrie, hatte mich eingeladen, um mit mir über das Nuba-Filmmaterial, das ihn sehr interessierte, zu sprechen. Seine aristokratische Erscheinung hatte eher den Anschein eines Rennstallbesitzers als den eines Filmproduzenten. Das täuschte. Mr. Buxton war ein gründlicher Kenner der gesamten Filmbranche, und die Dokumentarfilme, die in seiner Firma hergestellt wurden, gehörten zu den besten in der Welt. Ich erhielt Gelegenheit, einige zu sehen, und lernte Alan Root, einen seiner Regisseure, der hauptsächlich in Afrika arbeitete und gerade aus Kenia kam, kennen. Seine Filme über die Tierwelt und über die Eingeborenen waren
hervorragend. Sofort hatten wir eine Unmenge von Gesprächsthemen, und am liebsten wäre ich länger in London geblieben. Aber ich mußte, nachdem ich mit Collins alles im besten Einvernehmen besprochen hatte, zur Fertigstellung meiner Bildbände dringend nach München zurück.
      Hier hatte sich in der Zwischenzeit soviel Arbeit angestaut, daß ich bis Ende des Jahres alles absagte. Inge und Horst arbeiteten mit mir die halben Nächte hindurch, ein Privatleben gab es nicht

Weitere Kostenlose Bücher