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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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sich stumm.
    Seinen Freunden fiel auf, wie blass er geworden war, aber er ignorierte ihre Fragen und eilte ohne ein Wort der Erklärung, ohne einen Abschiedsgruß hinaus. Er stieg in seinen treuen alten Toyota Previa und startete den Motor. Der Van wirbelte eine Staubwolke auf, als er schlingernd auf die staubige, unbeleuchtete Straße setzte und in die Nacht hinausraste.Yusuf trat das Gaspedal durch und fuhr, so schnell er konnte, zum Kloster zurück. Dabei murmelte er immer wieder denselben Satz vor sich hin.
    Das kann doch nicht sein.

KAPITEL 5
    CAMBRIDGE, MASSACHUSETTS
    Vince Bellinger durchquerte gerade das Einkaufszentrum, als ihm die Menschentraube vor dem Best Buy ins Auge stach. Offensichtlich gab es in dem riesigen Schaufenster etwas zu sehen, worüber sich die Leute aufgeregt unterhielten. Bellinger hatte selbst oft davorgestanden – dort waren die neuesten Plasma- und LC D-Fernseher ausgestellt, darunter auch der gigantische 6 5-Zoll -Schirm, den er sich dieses Jahr gerne zu Weihnachten schenken würde. Verlockend, keine Frage, aber nichts, was einen solchen Aufruhr rechtfertigte. Vielleicht ging es also gar nicht um die Fernseher, sondern um das, was in ihnen zu sehen war.
    Inmitten der Weihnachtsgirlanden und der passenden musikalischen Berieselung aus den Lautsprechern telefonierten die Leute aufgeregt mit ihren Handys, winkten Bekannte heran. Bellinger hatte schwer an einem Stapel Wäsche aus der Reinigung und an seiner Sporttasche zu tragen, wollte es jetzt aber wissen. Er ging hinüber. Er verzog unwillkürlich das Gesicht, als ihm einfiel, dass dies ein neuer Schreckenstag sein könnte, ein neuer elfter September. Wiederschossen ihm die furchtbaren Bilder durch den Kopf – dann bemerkte er, dass die Leute sich anders verhielten als damals. Sie waren nicht entsetzt. Sie waren verzaubert.
    Er trat so dicht wie möglich heran und spähte über die Köpfe und Schultern hinweg. Wie üblich waren sämtliche Fernsehgeräte auf denselben Sender eingestellt, auf einen Nachrichtenkanal in diesem Fall. Das Bild, das sie zeigten, zog sofort seine Aufmerksamkeit auf sich, auch wenn er nicht wusste, was das dort sein sollte – eine Art Lichtball, der augenscheinlich über einer der Polregionen schwebte. Die Texteinblendung bestätigte das. Fasziniert betrachtete er die Bilder, schnappte Satzfetzen aus der aufgeregten Menge auf, als sein Handy klingelte. Ächzend bugsierte er seine Tasche und seine Wäsche herum, sodass er es aus der Hosentasche ziehen konnte. Er ächzte ein zweites Mal, als er sah, wer da anrief.
    «Mann, wo steckst du denn? Ich hab grad schon Festnetz probiert.» Csaba –
Tschaba
ausgesprochen, auch
Jabba
genannt, so wie die Figur aus Star Wars; denn er ähnelte tatsächlich einem fettleibigen Reptil – klang ziemlich überdreht. Neu war das nicht. Der Mann schüttete einfach alles in sich hinein – egal, was für Zeug.
    «Im Center.» Bellinger reckte den Hals.
    «Geh nach Hause und schalt die Nachrichten ein, schnell. Du wirst es nicht fassen.»
    Jabba war wegen einer Fernsehsendung aus dem Häuschen. Nicht gerade eine Sensation. Sein brillanter Kollege aus dem Chemielabor von Rowland Materials sah leidenschaftlich gern fern, am liebsten irgendwelchen Agentenschrott.Gerade hatte er das Reality-TV für sich entdeckt, woran er Bellinger nur zu gerne teilhaben ließ. «Seit wann guckst du Nachrichten?»
    «Hör auf zu quatschen und sieh zu, dass du deinen Arsch vor die Kiste bewegst.»
    «Mehr Kisten gehen gar nicht. Ich stehe vor dem Schaufenster von Best Buy.» Vor ihm verschoben sich ein paar Köpfe, und das Bild fesselte erneut seine Aufmerksamkeit. Er erhaschte einen Blick auf die Textzeile am unteren Bildschirmrand:
Unerklärliches Phänomen über der Antarktis
. In der oberen rechten Ecke war außerdem ein kleiner
Live
-Kas ten eingeblendet. Bellinger verfolgte gebannt die Bilder. Er kannte die Reporterin aus einigen Sondersendungen der letzten Jahre. Er erinnerte sich noch gut an ihre Berichte aus Thailand nach dem Tsunami, in denen er sie das erste Mal gesehen hatte. So oberflächlich es auch war, das Verhältnis zwischen dem Sexappeal einer Fernsehreporterin und der Aufmerksamkeit, mit der Männer sich die Nachrichten ansahen, war direkt proportional – vor allem, wenn es nicht um Krieg, Sport oder den Sündenfall prominenter Männer ging. Für die meisten Männer bestand am Sexappeal von Grace Logan kein Zweifel – sie hatte kühle grüne Augen, einen winzigen kecken

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