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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Leberfleck direkt über dem Mund, eine irritierend hauchige, doch zugleich ernste Stimme, blonde Locken, die immer ein bisschen verwuschelt wirkten, und den Körper eines Pin-ups, das seine Kurven nicht Silikon, sondern der soliden Zufuhr von Burgern und Milkshakes verdankte.
    Diesmal jedoch hing Bellingers Blick nicht an ihr.
    Wieder zoomte die Kamera an das Phänomen heran, und ein hörbares Schaudern ging durch die Menge.
    «Nicht zu fassen, Mann», entfuhr es Jabba. «Man traut sich gar nicht, wegzugucken.»
    Bellinger wurde nicht schlau daraus. «Erlaubt sich da jemand einen Scherz?»
    «Angeblich nicht.»
    «Wo genau ist das?»
    «Westantarktis. Sie sind auf irgendeinem Forschungsschiff vor der Schelfeisküste. Zuerst hab ich es für einen Trailer gehalten, für einen neuen Film von Cameron oder Emmerich oder vielleicht auch Shyamalan, aber keiner von denen hat so ein Ding am Laufen.»
    Das hätte Jabba als King aller Kinofreaks gewusst.
    «Wie lange ist das jetzt schon da oben?», fragte Bellinger.
    «Seit zehn Minuten etwa. Es tauchte aus dem Nichts auf, als die Logan gerade was über das Bersten des Eises erzählte. Zuerst sah man einen Lichtball wie jetzt, dann verwandelte es sich in eine dunkle Kugel – wie diese schwarze Sonne in
Das fünfte Element
, weißt du? Hat mir eine Heidenangst eingejagt.»
    «Und dann hat es sich in das hier verwandelt?»
    «Jepp.» Es knusperte in der Leitung, und Bellinger sah seinen Freund genau vor sich: Er lümmelte auf dem Sofa, mit einer Flasche Samuel Adams in der einen Hand – nicht das erste Bier vermutlich, denn sie hatten vor über einer Stunde Feierabend gemacht – und einer halbleeren Tüte extrascharfer Chips in der anderen. Er telefonierte eigentlich immer mit Freisprechfunktion.
    Bellinger runzelte die Stirn und rieb sich die Glatze. So etwas hatte er noch nie gesehen. Immer mehr Leute strömten hinzu und drängten sich vor dem Fenster.
    Jabba zerkaute geräuschvoll einen weiteren Chip. «Also, was hältst du davon?»
    «Keine Ahnung.» Er war wie benommen. Die Menge machte oh und ah, als eine fliegende Kamera Nahaufnahmen von der unerklärlichen Erscheinung lieferte. «Wie machen die das?», fragte er und schirmte den Mikrophonbereich des Handys mit der Hand ab. Als Technologieforscher und Wissenschaftler begegnete er grundsätzlich allem mit Skepsis und versuchte sofort herauszufinden, wie sich so etwas bewerkstelligen ließ.
    Jabba ging es offenbar ähnlich. «Muss irgendeine Art Lasereffekt sein. Weißt du noch, die schwebenden Lichtperlen, an denen sie drüben an der Keio gearbeitet haben?»
    «Laserinduzierte Plasmaemissionen?» Sie hatten beide die Presseberichte über die jüngste Neuentwicklung der japanischen Universität gelesen, bei der gebündelte Laserstrahlen die Luft an bestimmten Stellen erhitzten, bis sich Plasma bildete und kleine dreidimensionale Umrisse aus weißem Licht in die Luft «malte».
    «Ja, weißt du noch? Der Typ mit der schrägen Brille und den weißen Handschuhen   …»
    «Auf gar keinen Fall. Um etwas so Riesiges hinzukriegen, bräuchte man direkt darunter einen Generator von der Größe eines Flugzeugträgers. Außerdem würde das weder die konstante Leuchtkraft noch die scharfen Umrisse erklären.»
    «Na schön, vergessen wir das. Was ist mit anderen Projektionsarten? Mit irgendeinem Beamer?»
    Bellinger sah sich das Bild genau an. «Ist mir irgendwas entgangen? Denn abgesehen von diesem Star-Wars-Roboter, der wie ein Mülleimer aussieht – wie heißt der nochmal?»
    «R2-D2.» Aus Jabbas Stimme war das Augenverdrehen so deutlich herauszuhören, dass sich eine Webcam erübrigte.
    «Von R2-D2 einmal abgesehen gibt es meines Wissens keine 3- D-Projektoren .»
    Was stimmte. Selbst die klügsten Köpfe der Branche hatten keine Vorstellung davon, wie man ein frei in der Luft schwebendes, dreidimensional bewegtes Bild hinbekommen sollte, das auch nur annähernd an Prinzessin Leias berühmten Hilferuf an Obi-Wan heranreichte.
    «Außerdem ist dir ein klitzekleines Detail entgangen», fügte Bellinger hinzu.
    «Ich weiß, Mann. Es ist helllichter Tag dort.»
    «Nicht gerade günstig für einen Projektor, hm?»
    «Nee.»
    Es war Bellinger unangenehm, dieses Gespräch zwischen lauter Menschen zu führen, die jeden Moment über seine Sporttasche und seine Wäsche zu stolpern drohten. Aber er konnte jetzt nicht aufhören.
    «Also können wir Laser und Projektoren abhaken», sagte er zu Jabba. «Ich meine, schau es dir doch an. Es

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