Menetekel
denke, durch welche Hölle die ihn haben gehen lassen …»
Matt nickte. «Ihm stehen harte Zeiten bevor. Sobald das Ganze herauskommt.»
«Es wird ihn in seinem Glauben erschüttern.»
«Man sollte sich wohl nicht nur um seinen Glauben Sorgen machen. Er wird Schutzhaft brauchen. Die reißen ihn in Stücke.»
Gracie sah ihn entsetzt an. «Also sitzen wir in der Zwickmühle, ganz egal, was wir tun.»
«Wir haben im Grunde keine Wahl. Wir müssen das durchziehen.»
«Sie haben recht.» Aber ihrer gequälten Miene war anzusehen, wie sehr es sie bedrückte.
Matt ließ einen Moment verstreichen, dann sagte er: «Ich möchte Ihnen danken. Dafür, dass Sie mich heute Nacht unterstützt haben. Und mich das nicht alleine machen lassen.»
Sie winkte ab. «Nach allem, was Sie durchgemacht haben? Ich verdanke Ihnen mein Leben.»
«Trotzdem war das keine leichte Entscheidung. Einen Knüller, wie man ihn im Leben nur einmal kriegt, in die Warteschleife zu geben. Sie könnten doch jederzeit in ein beliebiges Nachrichtenstudio spazieren und erzählen, wasSie wissen, und wären die bekannteste Fernsehreporterin der Welt.»
«Für wie oberflächlich halten Sie mich eigentlich?» Sie schmunzelte.
«Für oberflächlich gar nicht … nur für ehrgeizig.»
«Mein Watergate-Moment.» Sie lachte wehmütig in sich hinein. «Da warten Sie Ihr ganzes Leben lang auf einen Moment wie diesen. Sie hoffen und arbeiten hart, um ihn überhaupt möglich zu machen. Sie malen sich aus, wie es wäre, im Ruhm zu baden … und dann, wenn es wirklich passiert …»
«Sobald es bekannt wird, wird das alles für Sie ändern. Und nicht zwangsläufig zum Besseren.»
«Ich weiß.» Ihre Augen hatten das entwaffnende Funkeln verloren. Für den Traum eines jeden Reporters nahm das Ganze doch ziemlich albtraumhafte Züge an.
Matt nickte. Er wollte nicht in düstere Grübeleien verfallen. Stattdessen setzte er ein beruhigendes Lächeln auf. «Kopf hoch. Schauen wir erst mal, was der Tag uns bringt. Und dann sehen wir weiter.»
KAPITEL 74
Die Straßen waren schon am frühen Morgen verstopft. Aus allen Richtungen wälzte sich eine Blechlawine auf das Stadion am Reliant Park zu. So etwas hatte diese Stadt noch nicht erlebt. So etwas hatte keine Stadt je erlebt: In wenigen Stunden würde es in einem Umkreis von mehreren Meilen keinen Quadratzentimeter freien Asphalt rund um das größte Sport-, Unterhaltungs- und Kongressareal des Landes mehr geben.
Es war ein klarer, perfekter Tag, gegen Mittag waren es über zwanzig Grad, und sämtliche Parkmöglichkeiten waren besetzt. Mehr als ein halbes Dutzend Parkplätze, die um das Stadion, den Astrodome, die Arena und das Messegelände verteilt lagen, mit über sechsundzwanzigtausend Stellplätzen. Und noch immer hielt die vierrädrige Invasion an. Sie verteilte sich auf dem großen, leeren Gelände, auf dem die Six Flags Astroworld gestanden hatte, bevor der Vergnügungspark 2006 abgerissen worden war. Dreihunderttausend Quadratmeter glatter, nackter Erdboden, die einst Attraktionen wie das Greezed Lightnin’ und den Ultra Twister beherbergthatten, erbebten nun unter dem Ansturm einer unaufhaltsamen Flut von PKWs, LKWs und Transportern.
Die Menschen kamen per Auto, zu Fuß, mit allen Verkehrsmitteln. MetroRail setzte zusätzliche Züge ein, die ebenfalls aus allen Nähten platzten. Helikopter flogen Nachrichtenteams und Reporter ein, die um die besten Plätze wetteiferten und hektisch ihre Satellitenschüsseln aufstellten. Polizeihubschrauber kreisten am Himmel, beobachteten das wimmelnde Chaos. Kurz nach zwölf wurden die Tore des Stadions geschlossen. Bis dahin waren dreiundsiebzigtausend Zuschauer hineingeströmt, die stundenlang angestanden hatten und einer nach dem anderen nach Waffen durchsucht worden waren. Die Letzten unter ihnen hatten sich verzweifelt mit hineingedrängt. Einige wütende, hysterische Gläubige wollten sich nicht abweisen lassen und sorgten draußen für Unruhe. Auch auf den Parkplätzen kam es vereinzelt zu Schlägereien unter Autofahrern. Aber die meisten Pilger wussten sich zu benehmen und verhielten sich ruhig. Die Polizei leistete hervorragende Arbeit und sorgte durch geschicktes Lenken der Menschenströme für eine Entspannung der Lage. Auch Darbys Leute hatten ein kleines Heer von Freiwilligen bereitgestellt, die draußen als Einweiser arbeiteten und drinnen den Leuten halfen, ihre Plätze zu finden. Sie verteilten kostenlose Wasserflaschen und Broschüren, die
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